Das Amulett von Gan (German Edition)
wieder.
Chika, die alles Schöne aufrichtig bewunderte, rief entzückt: »Das ist ja der Wahnsinn! So etwas habe ich noch nie gesehen.«
»Jetzt versteht ihr vielleicht, warum ihr Stillschweigen bewahren sollt«, sagte Alfrigg stolz. »Allerdings handelt es sich hier nur um einen der Zufahrtswege nach Chaschmal, der Hauptstadt von Untererde. Dort werden wir zuerst hingehen.«
»Hat es einen bestimmten Grund, dass wir zuerst dort hingehen, oder führt unser Weg ohnehin an Chaschmal vorbei?«, wollte Finn wissen.
»Beides«, antwortete Alfrigg. »Chaschmal liegt östlich von hier, also genau in der Richtung, die wir einschlagen wollen. Doch zudem befindet sich dort auch der Palast Auberons. Er ist der König von Untererde, und ich möchte ihn um Hilfe bitten, denn die Wege zu Schloss Birah sind auch unter der Erde nicht ungefährlich – und vor allem nicht leicht zu finden.
»Was wird er dazu sagen, wenn er uns Menschen in seinem Reich sieht?«, fragte Chika besorgt, »wo doch nie zuvor welche hier waren?«
»Aber ihr seid ja keine gewöhnlichen Menschen, ihr seid die Träger der Amulette«, sagte Alfrigg entrüstet. »König Auberon wird euch in Ehren aufnehmen, zumal wir alle in größter Not sind, nicht nur die Menschen auf der Erdoberfläche. Jetzt lasst uns gehen.«
Es war zwar ein viel schönerer Weg, und die Luft war so frisch wie oben auf der Erde, aber der weite Fußmarsch strengte sie dennoch sehr an. Eine Pause gönnte das Bergmännchen ihnen nur selten. Aus ihren Taschen holten sie manchmal einen Wasserschlauch hervor, damit sie wenigstens ihren Durst löschen konnten.
Die Bergmännchen, denen sie unterwegs begegneten, schauten sie überrascht an, denn Menschen hatten sie in Untererde noch keine zu Gesicht bekommen. Da die Jungen und Mädchen aber von Alfrigg geführt wurden, stellten sie keine Fragen – meistens zumindest. Ein altes Bergmännchen wollte ihnen unbedingt vorgestellt werden, weil es von ihrer Größe so beeindruckt war. »Ich hatte ganz vergessen, wie riesig ihr Menschen seid«, meinte es staunend.
»Aber sind Sie denn nicht regelmäßig über der Erde im Reich der Menschen?«, fragte Chika.
»Nein, warum sollte ich? Hier unten habe ich doch alles, wasich brauche. Das ist mein Zuhause«, sagte es überrascht von der Frage.
Die Gefährten verabschiedeten sich höflich und gingen mit Alfrigg weiter.
»Viele von uns waren noch nie oben auf der Erde«, erklärte er ihnen. »Für uns ist das Sonnenlicht so unangenehm und beängstigend wie für manche von euch die Dunkelheit und die Enge unter der Erde. Den meisten Bergmännchen genügt es, wenn Abgesandte von uns sich oben auf der Erde regelmäßig sehen lassen, damit die Menschen merken, dass wir immer noch treu zu ihrem Land gehören, auch wenn wir ein ganz eigenes Reich unter der Erde haben. Einzelne von uns reisen natürlich öfter an die Oberfläche, um mit den Menschen Handel zu treiben, um Lebensmittel, Stoffe und vieles mehr zu beschaffen. Aber gerne ist keiner von uns in der Sonne.«
Je näher sie an Chaschmal herankamen, desto eindrucksvoller wurde der Weg durch den goldenen Tunnel, denn immer verschwenderischer war er mit riesigen Edelsteinen geschmückt. Schließlich gelangten sie in eine Halle mit gigantischen Ausmaßen. Finn, Pendo, Chika und Joe blieben staunend stehen. Einen unterirdischen Raum dieser Größe hätten sie nicht für möglich gehalten. Es fiel gar nicht auf, dass es hier unten kein Sonnenlicht gab, denn das Edelmetall an den Wänden und die prächtigen Edelsteine spendeten ein warmes und freundliches Licht. Mitten durch die Höhle plätscherte ein Bach mit frischem Quellwasser. An seinem Ufer wuchsen Blumen, deren Blüten aus Rubinen, Amethysten, Türkisen und vielen anderen kostbaren Steinen zu bestehen schienen. Auf der gegenüberliegenden Seite lag die Stadt Chaschmal. Alfrigg erklärte, dass ihr Name die Goldsilberne bedeute, und dieser Name beschrieb am ehesten, was sich ihren Blicken darbot.
Pendo sagte nachdenklich zu Alfrigg: »Von diesen Schätzen darf wirklich nie ein Mensch erfahren. Es käme zu furchtbaren Kriegen, wie sie die Welt noch nie gesehen hat. Meine Elternarbeiten in den Diamantenminen Südafrikas. Sie haben davon erzählt, wie viele Menschen wegen dieser Edelsteine schon getötet haben – und diese Pracht ist noch unvergleichlich viel größer. Nein, es ist gar nicht auszudenken, was passieren würde, wenn die Menschen davon erfahren würden.«
Die vier bestaunten die
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