Das Amulett von Gan (German Edition)
sie aussehen und was wir dort zu erwarten haben. König Auberon hat mich in den Zauber eingeweiht, mit dessen Hilfe wir durch diese Wand kommen, und mir die Wege durch die alten Stollen beschrieben. Fassen wir uns also an den Händen.«
Zögernd stellten die vier Freunde sich im Kreis auf. Sie wagten es kaum, Alfriggs Forderung nachzukommen, denn sie ahnten, wie gefährlich die Wege hinter der Felswand sein würden. Dochihr tapferer kleiner Führer wartete nicht lange: Er ergriff ihre Hände, lächelte ihnen ermutigend zu und im Nu waren sie auf der anderen Seite der goldenen Wand.
Dort war es stockdunkel. Sie zündeten die Grubenlampen an und betraten mit behutsamen Schritten einen schmalen Pfad. Alles um sie herum war schwarz. Kein goldener Stein oder funkelnder Juwel war zu sehen. Die Luft war stickig und feucht.
»Das ist ja ein schrecklicher Ort«, hauchte Pendo. »Haben hier wirklich auch mal Bergmännchen gelebt?«
»Das ist schon viele tausend Jahre her«, erklärte Alfrigg, »und natürlich wurden alle Kostbarkeiten von hier wegtransportiert.«
Das Laufen im Stollen war sehr mühsam. Der Boden war uneben und manchmal auch gefährlich glatt. Einmal stießen sie auf einen verschütteten Durchgang, den sie mit ihren Spitzhacken und Schaufeln freilegen mussten. Alfrigg gab ihnen genaue Anweisungen, wie sie diese Arbeit durchzuführen hatten, damit nicht weiteres Geröll aus den Wänden herausbrach. Ein anderes Mal mussten sie sich fast auf den Boden legen, da sonst kaum ein Durchkommen war.
Die Stollen waren oft sehr niedrig und eng und in einem üblen Zustand. Je weiter sie vorankamen, desto mehr schien die Luft in den alten Höhlenwegen stillzustehen und modrig zu riechen.
Alfrigg beruhigte die Gefährten immer wieder, denn selbst der abenteuerlustige Joe bekam zwischendurch ein mulmiges Gefühl und musste mit Übelkeit kämpfen. Die Dunkelheit und Enge wirkten äußerst bedrohlich.
»Wie sollen wir uns hier bloß zurechtfinden?«, jammerte Chika und fragte bei jeder Abzweigung besorgt: »Sind wir noch auf dem richtigen Weg? Bist du dir auch sicher, Alfrigg?«
»Ja, ich bin mir ganz sicher. Vertrau mir!«, bat das Bergmännchen eindringlich und legte seine Hand ermutigend auf ihren Arm. Immer tiefer krochen die fünf in die Finsternis.
»Lampen aus!«, flüsterte Alfrigg plötzlich. Sie sahen noch, wie das Bergmännchen seinen Zeigefinger auf den Mund legte, dannwar es stockdunkel. Sie wagten kaum zu atmen. Ganz dicht rückten sie zusammen. Zunächst konnten sie nichts hören und sehen, aber dann nahmen sie ein immer heller werdendes blaues Licht wahr. Es war ein kaltes Licht, und sie spürten Angst in sich aufsteigen. Wäre es nicht genau das Falsche gewesen, hätten sie am liebsten laut losgeschrien und wären weggelaufen. Chika biss sich vor Angst so fest auf die Lippen, dass sie fast bluteten. Tränen liefen ihre Wangen herunter. Auch Pendo, Finn und Joe wurden stocksteif und hielten den Atem an.
Es war ihnen sofort klar, was da im kalten Licht an ihnen vorüberzog: Nur Schwarzalben lösten diese Art von Angst aus, das hatten sie mittlerweile gelernt. Es war das gleiche schlimme Gefühl wie zwei Tage zuvor im Wald, als sie das Ungeheuer am Himmel beobachteten.
In der Ferne sahen sie nun eine dunkle Gestalt mit einer Lampe aus einem Eingang herauskommen und in einen anderen wieder verschwinden. Fünf weitere Minuten blieben sie reglos stehen, bis Alfrigg Entwarnung gab.
»Eklige Biester sind das. Schrecklich!« Er schüttelte sich, als hätte er sich kalt geduscht. »Wir können weitergehen, sollten aber vorsichtshalber nur noch eine Lampe anzünden«, sagte er angespannt. »König Auberon wird entsetzt sein, wenn er erfährt, wie nahe die Schwarzalben an sein Reich herangekommen sind.«
Schritt für Schritt gingen sie vorwärts. Am Ende eines langen Ganges sahen sie wieder ein Licht und löschten schnell die eigene Lampe.
»Bleibt hier und wartet auf mich. Da vorne, wo das Licht leuchtet, müssen wir durch. Ich will nachschauen, was in der Höhle los ist«, raunte Alfrigg. Finn, Joe, Pendo und Chika hätten gerne die Zeit genutzt, um über die weitere Vorgehensweise zu beraten. Sie wagten aber nicht zu reden. Stattdessen blieben sie dicht beieinandergedrängt hocken und lauschten in die Finsternis hinein. Nach zehn Minuten kam Alfrigg zurück und berichtete:
»In einem der Stollen wird Gold abgebaut. Schwarzalben haltenWache und lassen Bergmännchen für sich arbeiten. Es sind aber keine
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