Das Amulett von Gan (German Edition)
noch sichtlich erregt. Morgen früh musste er gleich mit Großvater sprechen. Finn hob vorsichtig den Stein wieder auf und legte ihn auf seinenNachttisch. Dann versuchte er erneut, einzuschlafen. Das Licht ließ er aber lieber angeschaltet.
Am nächsten Morgen stand Finn in aller Frühe auf und ging in die Küche. Seine Eltern schliefen zum Glück noch, und die Großeltern saßen am Küchentisch und schlürften ihren Morgenkaffee.
»Opa, hättest du nachher mal kurz Zeit für mich? Ich muss dich unbedingt etwas fragen, unter vier Augen.«
Die Großmutter machte ein besorgtes Gesicht, blieb aber still. Als der Großvater seinen Kaffee zu Ende getrunken hatte, sagte er: »Na, dann komm mal, mein Junge. Lass uns draußen ein paar Schritte gehen.«
Sobald sie den Bauernhof hinter sich gelassen hatten, sprudelte es auch schon aus Finn heraus: »Du sollst mir zwar nichts sagen, meint Papa, aber ein paar Sachen muss ich einfach wissen.«
Mit hochgezogenen Augenbrauen schaute der Großvater Finn an. »Woher weißt du, dass ich dir nichts sagen soll?«, fragte er streng.
»Ich, ich …«, stammelte Finn. Er spürte, wie er rot anlief. Was sollte Großvater nur von ihm denken? »Nun ja, ich war so furchtbar neugierig und …«
»… und dann hast du gestern Abend unser Gespräch belauscht«, ergänzte der Großvater.
»Ja. Das tut mir leid, Opa. Wirklich!«
»Du weißt jetzt schon mehr, als deinem Vater lieb ist«, sagte der Großvater, dem die ganze Situation auch sehr unangenehm zu sein schien. Er machte eine kleine Pause und holte tief Luft. »Ich darf dir nichts erzählen, wenn dein Vater das nicht erlaubt. Er ist für dich verantwortlich, und er hat mir ausdrücklich verboten, dir irgendetwas über das Amulett zu sagen.«
»Aber Opa«, sagte Finn mit aufgeregter Stimme. »Der Stein, ich meine das Amulett, hat heute Nacht geleuchtet, und dann warda diese Frau in meinem Zimmer und die hat gesagt: ›Kommt zu uns. Wir brauchen eure Hilfe.‹«
Abrupt blieb der Großvater stehen. Er schwieg und schien mit Bedacht seine Worte zu wählen, dann sagte er mit stockender Stimme: »Du bist wirklich der neue Träger des Amuletts.« Tränen rannen seine Wangen herunter und gleichzeitig lächelte er Finn glücklich an: »Finn, wenn du wieder diese Stimme hörst und das Amulett zu leuchten beginnt, lege das Band um deinen Hals und den Stein direkt auf dein Herz. Das ist das Tor zu einer neuen Welt. Du brauchst dich nicht zu fürchten, denn du wirst Glück und Frieden finden. Du wirst Dinge sehen, die du dir im Entferntesten nicht vorstellen kannst.«
»Aber Opa, du musst mir einfach noch mehr erklären. Du hast Papa gesagt, es habe bei dir angefangen, als du so alt warst wie ich jetzt. Was heißt das? Was hast du mit dem Amulett erlebt?«
»Ich habe dir schon viel zu viel erzählt«, sagte der Großvater eilig. Scheinbar hatte er sich wieder gefasst.. »Dein Vater wäre damit überhaupt nicht einverstanden.«
»Opa!«, sagte Finn empört zu seinem Großvater, als der sich Richtung Bauernhof bewegte. »Ich bin kein kleines Kind mehr. Ich bin zwölf Jahre alt. Du musst mir einfach mehr erzählen.«
Der Alte wandte sich erneut seinem Enkel zu. Zwei starr dreinschauende grüne Augenpaare begegneten sich: »Denk an all die schönen Geschichten, die ich dir in den letzten Jahren erzählt habe.«
»Aber das waren doch nur irgendwelche ausgedachten Abenteuergeschichten. Die waren doch erfunden!«
»So? Wirklich?«, fragte der Großvater nun mit leicht verschmitztem Gesicht. »Lass uns jetzt zurückgehen. Die anderen wundern sich bestimmt schon, wo wir so lange bleiben. Ach ja – deinem Vater würde ich von dieser Unterhaltung nichts erzählen. Behalte es erst mal für dich.«
Kapitel 2
Die Träger der Amulette
Je länger der Tag wurde, desto aufgeregter wurde Finn. Seine Eltern wollten unbedingt mit ihm zusammen an den Strand gehen. Finn liebte das Meer über alles, doch diesmal hätte er sich natürlich viel lieber alleine mit dem Amulett beschäftigt. Da er aber nicht das Misstrauen seines Vaters erregen wollte, stopfte er es sich in die Hosentasche und ging mit an den Strand. Sie sammelten Muscheln und wateten mit den Füßen durch die Gischt, spritzten sich gegenseitig nass und hatten viel Spaß miteinander.
Sein Vater erwähnte das Amulett tatsächlich nicht mehr. Vielleicht hoffte er, es würde bei Finn in Vergessenheit geraten. Aber da täuschte er sich. Jede Minute dachte Finn an seinen kostbaren Schatz und
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