Das Amulett von Gan (German Edition)

nur die vier Gefährten waren überwältigt: Mit ihnen bestaunten auch alle Bewohner Gans das Wunder vor ihren Augen. Immerfort entdeckte jemand etwas Neues, auf das er die um ihn Herumstehenden aufmerksam machte. Selbst für die Bewohner des Zauberwalds war dieses Sprießen und Blühen ein außergewöhnliches Schauspiel.
    Auf einmal aber verstummte die Menge und es wurde still. Die Gefährten schauten sich verwirrt um. Da bildete sich an einer Stelle in der Menge eine Gasse, die von der Quelle direkt zum Waldrand führte. Und dort, am äußersten Rand des Platzes, stand eine alte Frau – Nebijah, die Hüterin der vier Lebensströme.
    Als sie den Weg entlangschritt, verneigten sich alle in scheuer Ehrfurcht vor ihr wie vor einer Königin. Finn, Pendo, Chika und Joe stellten sich am Ende des Weges unterhalb der goldenen Statue nebeneinander auf. Während ihrer abenteuerlichen Begegnungen mit den Schwarzalben und zuletzt mit Harah hatten sie kaum zu hoffen gewagt, das gütige Gesicht Nebijahs jemals wiederzusehen. Aber nun kam sie ihnen entgegen und lächelte die vier voller Stolz und Anerkennung an. Jedem von ihnen reichte sie mit einer anmutigen Geste beide Hände und stellte sich schließlich auf eine der Stufen, die zum Denkmal hinaufführten. Als die Kinder zu ihr und der goldenen Frauenstatue aufschauten, entdeckten sie eine erstaunliche Ähnlichkeit zwischen beiden. Es war, als ob die Figur eine Abbildung Nebijahs aus früheren Zeiten wäre.
    Mit einer Handbewegung bat Nebijah um Ruhe. Ihre Augen ruhten liebevoll auf der Menge. Mit warmer, wohltuender Stimme begann sie zu sprechen:
    »Volk von Gan. Es liegen wohl die schwersten Wochen hinter uns, die unser Land seit jeher erlebt hat.« Die Anwesenden blickten beschämt vor sich. Sie hatten mittlerweile verstanden, wie es zu dieser bedrohlichen Lage gekommen war. Jeder von ihnen war mit daran schuld.
    »Ihr habt die Quelle missachtet«, sprach Nebijah weiter. »Ihr meintet, auf ihre Kraft verzichten zu können. Die Geschichten, die die Alten euch erzählt haben, hieltet ihr für Märchen. Selbst die Lichtalben, die die Traditionen unseres Landes so treu bewahren und pflegen, haben ihre tiefere Bedeutung vergessen. Nun aber seid ihr mit großer Sehnsucht zu ihr gekommen, habt mit all euren Kräften und in großer Eintracht für die Quelle gekämpft. Sogar die sprechenden Tiere und die Baumgeister aus dem Zauberwald, die seit langer Zeit im Verborgenen leben, sind herbeigeeilt. Heute habt ihr der Quelle der vier Lebensströme ganz neu die Treue versprochen. So hat sie sich euch wieder zugewandt und fließt nun prächtiger, als ihr und zahlreiche Generationen vor euch es jemals gesehen haben.
    Ohne Hilfe von außen wäre dies aber niemals gelungen. Die Kluft zwischen euch und der Quelle war zu groß geworden. Die Träger der Amulette, vier Kinder, wie sie seit ewigen Zeiten immer wieder in unser Land kommen, um von den vier Lebensströmen zu trinken, eilten herbei und erklärten sich mutig bereit, uns zu helfen.« Die Anwesenden stimmten ein Jubelgeschrei an und ließen Chika, Pendo, Joe und Finn hochleben. Nachdem es wieder leiser geworden war, sprach Nebijah weiter.
    »Ihr lieben Kinder, wir sind Euch zu größtem Dank verpflichtet. Es ist nicht vorstellbar, was ohne Euren heldenhaften Mut geschehen wäre. Vielleicht hätte es das Ende dieser Erde bedeutet, so wie wir sie kennen. Jeder von Euch hat auf seine Weise zur Rettung beigetragen: Chika vom östlichen Ende der Erde, Ihr habt Ängste und Sorgen überwunden. Weise habt Ihr alle Entscheidungen durchdacht und damit das Böse bekämpft. Chochuschuvio vom westlichen Ende der Erde, Ihr seid ein wirklich mutiger Junge. Eure Entschlossenheit hat Eure Gruppe vorangebracht.« Berührt schaute Joe nach unten. Er wusste, wie lästig sein Drängeln den Gefährten immer wieder gewesen war. Er freute sich umso mehr über das Lob Nebijahs.
    »Finn vom nördlichen Ende der Erde, Euer Wissensdrang hat Euch alle wesentliche Schritte vorangebracht. Eine alte Prophezeiung wurde Euch gezeigt, und Fähigkeiten der Menschen, die seit langer Zeit niemand mehr für möglich hielt, habt Ihr wiederentdeckt.«
    »Was für eine Prophezeiung?«, murmelten die anderen Finn zu.
    »Ähm – das erkläre ich euch später«, flüsterte Finn zögerlich. Es war ihm peinlich, dass die Gefährten durch Nebijah von der Prophezeiung erfahren hatten.
    »Und nicht zuletzt Pendo vom südlichen Ende der Erde. Eure Sorge um die Gefährten hat Euch