Das Amulett
Tharador zu und ergänzte: »Nein.« Scharfe Zähne blitzten zwischen seinen Lippen auf, als er sie zu einem breiten Lächeln öffnete.
»Dann komm«, sagte Tharador und lachte ob des orkischen Humors.
Kordal stockte beinah der Atem, als sie sich der Stadtmauer näherten und der mächtige Steinwall gut dreißig Fuß über sie aufragte. Die Zinnensteine waren so dick wie ein ausgewachsener Mann hoch, und kleine Schießscharten deuteten darauf hin, dass die Mauer auch einen Innenraum aufwies. Vor dem geistigen Auge des erfahrenen Kriegers formte sich das Bild einer angreifenden Armee, die bereits vor dem ersten Versuch, die Mauer zu erklimmen, von versteckten Schützen geschwächt wurde.
»Diese Stadt gleicht einer einzigen, gewaltigen Festung«, stellte er fest. »Mit der richtigen Verteidigung müsste sie uneinnehmbar sein.«
»Jede Festung ist einnehmbar«, entgegnete Tharador.
Der Stadtwall erstreckte sich sogar über die Stadttore, die nur die Hälfte der Mauerhöhe erreichten. Als sie näher an die eisenbeschlagenen Tore traten, vernahmen sie bereits aufgeregte Stimmen aus dem Inneren. Bald darauf wurden unzählige Rufe laut.
»Scheint, als kündigten sie uns gerade an«, stellte Khalldeg nüchtern fest.
Drei schwere Riegel wurden polternd beiseitegeschoben, und schließlich schwang das schwere Holztor unter lautem Knarren langsam auf. Ul‘goths Miene entspannte sich augenblicklich, als er Gallak erkannte, der in Begleitung der übrigen Häuptlinge und Gordans durch das Tor trat.
»Ich grüße dich, Gallak, König der Orks!«, rief Ul‘goth mit donnergleicher Stimme.
»Auch ich grüße dich, Ul‘goth!«, antwortete der alte Freund.
Ul‘goths Augen wanderten suchend über die übrigen Häuptlinge, als die beiden Gruppen aufeinander zugingen. »Er ist nicht dabei«, flüsterte der Ork aus dem Mundwinkel Tharador zu. Natürlich meinte er Wurlagh, den er nirgends entdecken konnte.
»Glaubst du, es ist eine Falle?«, fragte der Paladin.
»Das würde Gallak nicht zulassen«, versicherte der Ork. »Wurlaghs Abwesenheit muss einen anderen Grund haben.« Ul‘goth reckte den rechten Arm vor und ergriff Gallaks Unterarm, der die Geste erwiderte. Die beiden Orks zogen sich enger aneinander und klopften sich mit der freien Hand freundschaftlich auf die Schulter. »Es tut gut, dich zu sehen, alter Freund«, flüsterte Ul‘goth.
»Vieles ist geschehen«, erwiderte Gallak ernst.
»Erzähl mir davon.«
»Später«, wehrte Gallak ab. Dann wandte er sich an beide Gruppen. »Lasst uns in die Versammlungshalle an den wärmenden Kamin gehen!«
»Versammlungshalle?«, murmelte Lantuk.
»Recht zivilisiert, nicht wahr?«, meinte Faeron leise, der Lantuks Äußerung gehört hatte.
Gordan empfing seinen alten Weggefährten mit einem spitzbübischen Lächeln: »Hast du dir neue Freunde gemacht, trübseliger Elf?«
»Mehr als das«, erwiderte Faeron, zog einen der geschrumpften Pfeile aus der Gürteltasche und ließ das Stück Holz in seiner Hand durch drei einfache Worte zu einem winzigen Abbild eines Baumes werden. »Mehr als das«, wiederholte er. »Und dein neuer Schüler? Ist er die Arbeit wert?«, erkundigte er sich neugierig.
»Mehr als das«, antwortete Gordan.
Die Luft in der Versammlungshalle war wohlig warm, wenngleich ein wenig stickig. Ul‘goth hatte zuvor erklärt, dass er als Erstes den versammelten Häuptlingen seinen Anspruch auf die Königswürde vortragen musste.
Die Häuptlinge setzten sich in einem Halbkreis vor Ul‘goth und musterten ihren einstigen König. Gallak saß in ihrer Mitte und wurde von zwei alten Orks flankiert, die sich stark von den anderen Häuptlingen unterschieden. Sie waren weder muskulös, noch zeigten sie äußere Anzeichen ihrer Stellung wie die übrigen Häuptlinge, die ihre Narben trophäengleich präsentierten. Außerdem trugen sie keine Waffen, nur einen langen knorrigen Holzstab, den sie quer über den Schoß gelegt hatten.
»Ich grüße euch, Häuptlinge«, begann Ul‘goth. »Und ich grüße die ältesten Schamanen«, fuhr der Ork fort. »Dieser Rat hat von mir den Beweis meines Herrschaftsanspruchs verlangt. Heute kehre ich zu euch zurück, um mich eurem Urteil zu stellen.«
»So teile diesem Rat mit, was dich dazu berechtigt, unser König zu sein«, antwortete Gallak förmlich.
»Ich habe Crezik getötet und die Schmach getilgt, die sein Ungehorsam mir beschert hat!«, rief Ul‘goth laut und deutlich, sodass alle ihn verstehen konnten.
Nach einer Zeit, die
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