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Das Amulett

Das Amulett

Titel: Das Amulett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan R. Bellem
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unternahmen also erneut einen Versuch.
    Er wartete, bis die Fremden außer Sicht gerieten, dann schaufelte er sich aus seinem Versteck frei. Die Gnome hatte einige geheime Eingänge in die Feste Baldrokk gegraben, die es den Gebirgsläufern ermöglichten, an etlichen hoch gelegenen Punkten aus dem Berg zu steigen und den Pass oder das Umland zu beobachten, ohne selbst entdeckt zu werden. Skadrim machte sich auf den Weg zu einem solchen Einstieg, denn der König musste gewarnt werden.
    Schnaufend kam Skadrim vor seinem König zum Stehen und sank untertänig auf ein Knie. »Verzeiht, Majestät, aber die Berichte der letzten Nacht haben sich als wahr erwiesen. Es ist jemand auf dem Weg hierher.«
    Baldrokk zog neugierig eine Braue hoch. »Und weiter?«
    »Fünf Fremde, Majestät. Ein Elf, ein Ork und zwei Menschen.«
    Baldrokk runzelte die Stirn. »Und der fünfte?«
    »Ein Berserkerzwerg, Majestät.«
    »Eine überaus seltsame Gruppe. Und keiner war ein Gefangener der anderen?«
    »Nein, Majestät. Sie tragen auch keine Abzeichen einer Söldnertruppe oder dergleichen.«
    Ein wissendes Lächeln legte sich über Baldrokks Lippen. »So schickt mein Neffe also seinen Zweitgeborenen, um mich zu töten.« Baldrokk erhob sich von seinem Thron und lief zu einem Waffenständer drei Schritte links davon. Dort ruhte seine schwere, doppelköpfige Streitaxt. Die Waffe war ein Meisterwerk zwergischer Handwerkskunst. Sein Vater hatte sie selbst für ihn geschmiedet. Den Griff verstärkten feine Eisenbänder, und zwergische Druiden hatten feinsten Diamantenstaub in die Klingenblätter eingearbeitet. Zwei Runen hatte Baldrokk selbst eingraviert, seit er die Axt besaß, die Initialen Gulmars und Khulldraks. Einst hatte er mit der Axt seinen Bruder und viele Jahre später auch seinen Neffen getötet. Baldrokk bedauerte den Verlust der beiden Familienmitglieder. Ebenso bedauerte er, dass sie seine Vision, die Vision der Gnome, nicht geteilt hatten. Er hatte beiden angeboten, sich ihm anzuschließen – ohne Erfolg.
    Nach Gulmars Tod hatten die Umstehenden Beobachter die Axt Königstöter getauft. Über die Jahre, in denen Baldrokk Zwerg um Zwerg mit ihr fällte, war die Waffe zu einer Legende geworden.
    Baldrokk schüttelte traurig den Kopf ob der Tragik der Geschichte. Durch Gulmars sinnlosen Eid war ein Nachkomme nach dem anderen in einen noch sinnloseren Tod gegangen. Und mit ihnen wuchs die Legende um Königstöter . Manchmal ließ Baldrokk sich selbst davon täuschen und wagte zu glauben, dass er mit der Axt unbesiegbar sei.
    Fast zärtlich strich er über Königstöters Schneiden. Als ihm einfiel, dass er nicht alleine war, räusperte er sich und blickte Skadrim mit leuchtenden Augen an. »Wann werden sie hier sein?«
    »Irgendwann zwischen der Mittagssonne und dem Sonnenuntergang«, schätzte Skadrim.
    »Dann sollten wir ihnen einen würdigen Empfang ...« Baldrokk wurde unterbrochen, als ein Druide durch die schwere Flügeltür gestolpert kam.
    »Majestät!«, rief er eindringlich. »Es befinden sich Eindringlinge in unseren Hallen!«
    Baldrokk schleuderte Skadrim einen zornigen Blick zu.
    »Es können unmöglich die Fremden sein, die ich sah!«, verteidigte sich Skadrim, der nicht an seiner Einschätzung zweifelte.
    Der Druide schaute verwirrt von dem Gebirgsläufer zum König. »Jemand ist in Xandors Gemächer eingedrungen. Auf magische Weise«, fügte der Druide hinzu.
    Baldrokk brummte verärgert. Ein weiterer Berserkerzwerg, der sich eine Abreibung holen wollte – damit wusste der Zwerg umzugehen; Magier hingegen waren etwas völlig anderes. Er hatte Xandor nie gemocht, hatte ihn bestmöglich gemieden. Lediglich die Wächter, die Xandor für seine Gemächer gefordert hatte, und die Druiden hatten in Verbindung zu dem selbstverliebten Magier gestanden. »Schlag Alarm, Skadrim, dann folg uns.« Baldrokk ergriff Königstöter und eilte gemeinsam mit dem Druiden zum Aufgang in die nächste Ebene.
    Zu Baldrokks Überraschung fanden sie die Eindringlinge friedlich vor. Vier Menschen tummelten sich in Xandors früherem Arbeitszimmer. Mit geübter Schnelligkeit erfasste sein Blick die wichtigsten Merkmale der Fremden. Einer wirkte drahtig und trug eine sehr schmale Klinge an seinem Waffengurt. Rapiere waren in diesen Ländern nicht verbreitet, der Mann musste also ein Fremder sein. Ein weiterer steckte in einem Wappenrock der Garde von Totenfels. Die einzige Frau der Gruppe trug eine grasgrüne Robe und keine sichtbaren Waffen.

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