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Das Amulett

Das Amulett

Titel: Das Amulett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan R. Bellem
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tatsächlich in seine Gemächer zurückzog.
    Dergeron hatte sich gerade wieder seinen Berichten gewidmet, als es an der Tür klopfte. Was ist denn nun schon wieder , dachte er und spürte bereits Ärger ob der häufigen Unterbrechungen in sich aufkeimen. Mit grimmiger Miene stand er auf und öffnete die schwere, messingbeschlagene Holztür mit einem so kräftigen Ruck, dass der dahinter wartende Soldat beinahe zu Boden geworfen wurde.
    »Mein Kommandant«, stammelte der junge Mann, »ich wollte Euch ... nein, ich sollte Euch ...« Der Schreck hatte all seine Gedanken durcheinander geworfen.
    »Ich hoffe, deine Nachricht ist dieses Schauspiel wert, Soldat«, sagte Dergeron mit raubtierhafter Stimme.
    »Nun«, der Soldat streckte das Kreuz durch und holte mehrmals tief Luft, »Ihr wolltet über alle ungewöhnlichen Vorgänge benachrichtigt werden, Kommandant«, begann er erneut und schien mit jedem Wort mehr und mehr seine Fassung wiederzuerlangen.
    »Ich kenne die Befehle, die ich gebe. Sprich weiter und sag mir erst deinen Namen!«, entgegnete Dergeron barsch. Der junge Soldat schien unter seinem drohenden Blick zu schrumpfen.
    »Bengram Hagstad, Kommandant«, stammelte der Soldat nun wieder.
    »Woher kommst du?«, wollte Dergeron wissen.
    »Meine Eltern stammen aus den Ländern des Barons Malher Grimbar, wobei damals noch dessen Vater Brambarian Grimbar regierte. Ich selbst wurde aber in Totenfels geboren«, erzählte der Soldat und gewann wieder an Selbstsicherheit.
    »Grimbar, also«, sagte Dergeron nachdenklich. Grimbar war eine kleine Baronie östlich von Totenfels und ein perfektes Beispiel für die politische Struktur des Landes nördlich der Todfelsen. Das Gebiet war in mehrere Feudalstaaten aufgeteilt und wurde von Familien regiert, die diesen Herrschaftsanspruch von Generation zu Generation weitergaben. Diese Ländereien waren meist politisch isoliert und führen nicht selten Krieg gegen ihre Nachbarn. Die Gegebenheiten schienen perfekt für Dergerons eigene Pläne. Der Stolz und die Zwietracht der einzelnen Monarchen würden sie davon abhalten, sich zu verbünden, wenn Dergeron die Hand nach ihren Ländereien ausstreckte.
    Das Räuspern des jungen Soldaten Bengram Hagstad holte Dergeron in die Wirklichkeit zurück. »Gut. Ich höre?«, forderte Dergeron den Bericht des jungen Bengram.
    »Es sind Fremde in die Stadt gekommen, Kommandant«, begann Bengram. Als er bemerkte, dass die bloße Erwähnung von Neuankömmlingen seinen Kommandanten alles andere als neugierig stimmte, fügte er hinzu: »Gaukler, Kommandant. Sie scheinen weit gereist zu sein.«
    Nunmehr doch ein wenig neugierig, ließ Dergeron sich von dem jungen Soldaten zu den Neuankömmlingen führen.
    Misstrauische Blicke klebten an ihm, als er sich durch die Straßen von Totenfels bewegte. Die Menschen machten keinen Hehl aus ihrer Argwohn dem neuen Kommandanten gegenüber. Dergeron wusste, dass sie ihn fürchteten. Sie fürchteten, er könnte ihren geliebten Grafen umbringen, so wie er Salvas, den letzten Kommandanten, getötet hatte. Dergeron wusste, dass dies Selbstmord gleichkäme, solange er sich nicht der uneingeschränkten Unterstützung der Soldaten sicher sein konnte. Doch wie kann ich sie mir sichern? Dieser Gedanke beschäftigte ihn oft stundenlang. Ich muss ihre Bewunderung, ihren Respekt erringen. Wenn ich sie siegreich in die Schlacht führe, werden sie mich mehr lieben als ihren feigen Herrscher.
    Bengram Hagstad ging schnellen Schrittes voran und geleitete seinen Kommandanten zielsicher durch die belebten Straßen. Die Gaukler zogen alle Stadtbewohner magisch an, weshalb das Gedränge immer stärker wurde, je näher sie ihrem Ziel kamen. Dergerons herrisches Auftreten teilte die Menge vor ihnen wie ein Pflug den Ackerboden.
    »Macht Platz für den Kommandanten!«, riefen die Menschen schon von Weitem, und so bot sich Dergeron trotz des Andrangs ein ungehinderter Blick auf die seltsamen Fremden.
    Die Gaukler waren in mehreren Pferdewagen angereist, die sie nun zu einer kleinen Wagenburg aufbauten. In der Mitte errichteten gerade vier grobschlächtige Kerle eine kleine Holzbühne. Ein großer Mann stand neben der entstehenden Konstruktion und erteilte den Arbeitern hin und wieder neue Anweisungen.
    Der Aufseher trug einen schweren, aus verschiedenen Fellen kleiner Tiere zusammengenähten Mantel, um sich gegen die frühwinterliche Kälte zu schützen. Dergeron schätzte ihn sofort als einen Mann des Krieges ein. Die Schärfe seines

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