Das Amulett
plötzlich nervös um. »Wird man Euch nicht unter den Gästen suchen?«
»Möglicherweise«, nickte Dergeron. »Aber wenn dem so ist, dann möchte ich noch viel dringender wissen, was diese Leute planen. Komm, die Vorstellung beginnt.« Er klopfte dem jungen Soldaten kurz auf die Schulter und ging dann in Richtung der Zelte der Gaukler, wobei er darauf achtete, dass ihn niemand bemerkte.
Durch das Lager der Gaukler zu schleichen, erwies sich als Kinderspiel. Dergeron musste mehrmals den Kopf schütteln über ein solches Maß an Nachlässigkeit. Selbst die Schausteller, die gerade nicht auf der Bühne ihre Kunststücke vorführten, standen im Halbkreis um die Zuschauer und bewunderten das Spektakel. Schließlich erreichten sie ein Zelt, von dem Dergeron annahm, es müsse sich um das von Shango Tizir handeln, da es das prunkvollste darstellte. »Du passt auf, dass mich niemand überrascht, Bengram«, befahl er der Rechten Hand, dann huschte er auch schon in das Zelt.
Dergeron hatte den schweren Vorhang, der den Eingang versperrte, gerade wieder vorgezogen, als ihn eine helle Frauenstimme begrüßte: »Ich denke, Ihr habt Euch verirrt, Kommandant Dergeron Karolus.«
Dergeron wirbelte in einer fließenden Bewegung zur Seite und zog gleichzeitig das Schwert. Als der Krieger zum Stehen kam, deutete die Schwertspitze direkt auf den Hals einer jungen Frau.
»Nur zu«, forderte sie den Krieger auf und warf den Kopf in den Nacken, sodass ihr langes blondes Haar bis auf ihr Gesäß zurückfiel. Sie saß auf einem großen Kissen – Dergeron konnte nur vermuten, dass es sich bei dem Bezug um Pferdehaar handelte – und hatte die Beine zu ihrer linken Seite ausgestreckt. »Dieses Zelt ist magisch versiegelt. Kein Laut dringt nach draußen. Niemand wird mich schreien hören, wenn Ihr mich jetzt tötet.«
»Diese Offenheit könntet Ihr teuer bezahlen«, warnte Dergeron und drückte die Schwertspitze gegen ihre Kehle.
Ein feiner Tropfen Blut bildete sich dort, wo die Spitze die Haut leicht durchdrang. Er rann die Kehle der jungen Frau hinab und verschwand zwischen ihren üppigen Brüsten, die von einer Korsage in Form gehalten wurden.
»Ihr solltet mich vorher anhören«, meinte sie ungerührt. »Ich habe Eure Unterhaltung mit Eurem Untergebenen belauscht. Ihr plant, den Grafen zu stürzen, nicht wahr?«
Dergeron legte die Stirn in Falten und schüttelte ungläubig den Kopf: »Eure Lage hat sich gerade nicht verbessert. Vielleicht solltet Ihr lieber schweigen und nur auf meine Fragen antworten. Wie ist Euer Name?«
»Alynéa«, sagte sie tonlos.
»Und was tut Ihr hier?«
»Ich bin Tizirs Schülerin«, log sie.
»Ich hasse Magier«, bemerkte Dergeron knapp. Er zog das Schwert ein kleines Stück von ihrer Kehle zurück. »Eine falsche Bewegung oder ein Wort zu viel, und ich stoße zu«, drohte er.
Sie fasste sich augenblicklich an den Hals und drückte auf die leichte Verletzung. Ein paar Herzschläge sahen die beiden einander an, dann ergriff Dergeron wieder das Wort: »Eure Offenheit muss einen Grund haben. Niemand bringt sich selbst so freimütig in Gefahr.«
»Was macht Euch so sicher, dass mein Leben jemals in Gefahr war?«, fragte sie mit einem entwaffnenden Lächeln.
»Kalter Stahl auf nackter Haut, das macht mich sicher. Und der Tropfen Blut, den Ihr vergossen habt.«
»Und es wundert Euch nicht im geringsten, dass es nur ein einziger Tropfen war?«
Dergerons Augen zogen sich zu Schlitzen zusammen.
»Nur zu«, neckte sie ihn, »erstecht mich!«
»Was für ein Spiel treibt Ihr?«
»Eines, bei dem wir beide gewinnen können«, offenbarte sie ihm. »Ihr wollt den Grafen, und ich möchte aus Tizirs Gefängnis entkommen. Ich denke, wir können uns gegenseitig helfen.«
»Und weshalb sollte ich Euch nicht einfach töten?«, fragte Dergeron skeptisch.
Alynéa trat näher an ihn heran und strich mit den Händen über seine Arme. »Es muss Gründe dafür geben, warum Ihr Euch des Grafen noch nicht entledigt habt ... möglicherweise Dinge, bei denen ich Euch behilflich sein kann. Außerdem würde es sich auf vielerlei andere Arten für Euch lohnen«, versicherte sie ihm viel sagend.
Der Krieger genoss ihre sanfte Berührung und vergaß einen Lidschlag lang, wo er sich befand. Schließlich schüttelte er energisch den Kopf: »Ich habe kein Interesse an Tizirs Tod.«
»Er aber wohl an Eurem, Dergeron Karolus«, bemerkte sie. »Ihr habt dieselben Ziele und seid Tizir im Weg.«
»Dann sollte er sich besser einen
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