Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Amulett

Das Amulett

Titel: Das Amulett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan R. Bellem
Vom Netzwerk:
die Augen geblickt und mit beinahe freundlicher Stimme gesagt: »Bengram Hagstad, mit sofortiger Wirkung ernenne ich dich zu meiner Rechten Hand.« Bengram hatte bis dahin nicht einmal gewusst, dass es einen solchen Posten gab! Jedenfalls schien der Kommandant große Stücke auf ihn zu halten, und er wollte dieses Vertrauen nicht enttäuschen. Also blieb er stumm und aufmerksam neben der Tür stehen und wartete, bis Dergeron ihn endlich mit einem längeren Blick bedachte.
    »Was hast du zu berichten, Bengram?«, fragte der Kommandant schließlich, woraufhin der Graf sich erschrocken und verwundert umdrehte.
    »Hat er uns etwa belauscht?«, stieß der Adelige aufgebracht hervor.
    »Er dient mir als Rechte Hand, als Stellvertreter«, erklärte Dergeron. »Ich habe keine Geheimnisse vor ihm.«
    »Nun, ich aber sehr wohl!«, wetterte der Graf.
    »Dann habt Ihr sie von nun an auch vor mir, Herr«, beendete Dergeron das Gespräch.
    Diesmal war es an Totenfels, die Spitze zu schlucken. Wortlos verließ er das kleine Zimmer.
    »Die Gaukler werden heute Abend eine erste Vorstellung geben, Kommandant«, begann Bengram augenblicklich seinen Bericht.
    Dergeron schwieg und senkte den Blick auf die Tischplatte. Die Bilder des Traums flackerten ständig vor seinem inneren Auge auf. Er hatte in der Nacht keinen Schlaf mehr gefunden und war am Morgen kurzerhand zu Bengram Hagstad marschiert, um den Jungen zu befördern. Dergeron war fest davon überzeugt, dass mehr hinter diesem Traum steckte, und er wollte es herausfinden. Die letzten Worte der seltsamen Stimme gingen ihm nicht mehr aus dem Kopf: Nicht was, sondern wann!
    Dem jungen Hagstad entging nicht, dass seinen Kommandanten weitaus mehr beschäftigte als die erste Aufführung der Gaukler. »Der Graf scheint Euch nicht sehr zu mögen, Kommandant«, wagte er anzumerken. Noch vor einem Tag hätte er sich eher die Zunge abgebissen, als Dergeron Karolus mit einer solchen Bemerkung möglicherweise zu verärgern. Doch seine überraschende Beförderung verlieh ihm Selbstvertrauen.
    »Ja, er hasst mich sogar«, antwortete Dergeron, ohne aufzuschauen. »Allerdings weiß er auch um meine Fähigkeiten.«
    »Aber haltet Ihr es für klug, ihn dann noch zusätzlich zu reizen?«
    »Du meinst, weil er der Graf ist? Und ihm alle Männer, Frauen und Kinder, ja jeder Grashalm in Totenfels gehören?«, erwiderte Dergeron.
    »Nun ...«, stutzte der junge Soldat. »Ja! Er kann Euch durch ein einziges Wort töten lassen.«
    »Kann er das wirklich?«, fragte der Kommandant.
    Bengram sah ihn verwirrt an, doch Dergeron machte nur eine wegwischende Handbewegung und fügte hinzu: »Ich mag neu in Totenfels sein, aber ich kenne die Art Mensch, die der Graf verkörpert. Er und ich sind gar nicht so verschieden. Er benutzt seine gewandte Zunge, um seine Ziele zu erreichen, ich mein Schwert. Die Menschen lieben ihn für die Sicherheit, die er ihnen gibt. Allerdings bin in Wahrheit ich es, der für diese Sicherheit sorgt.« Dergeron war aufgestanden und klopfte Hagstad kräftig auf die Schulter. »Es sind Männer, wie wir – wie du und ich –, die den Staat regieren. Wir stellen uns mit dem Schwert in der Hand Angreifern entgegen! Wir vollstrecken die Gesetze! Wir erobern neue Ländereien! Glaub mir, Bengram, der Adel tut nichts für dich, sofern er überhaupt etwas tut. Ich werde nicht tatenlos herumsitzen und warten, bis Telphar, Berenth oder Grimbar uns angreifen. Es gibt Orte auf dieser Welt, an denen ein Mann genau soviel wert ist wie das, wogegen er sich behaupten kann. Dort steht man mit dem Schwert in der Hand und verteidigt seine Rechte oder geht unter. Was glaubst du, wie lange der Graf dort überleben würde?« Bevor Bengram zu einer Antwort ansetzen konnte, fügte er hinzu: »Geschichte wird von den Männern geschrieben, die das Schwert ergreifen und nicht gegen feine Roben und Geschmeide eintauschen, vergiss das niemals.«
    »Ihr spielt ein gefährliches Spiel ... man könnte Eure Worte als Verrat auffassen«, warnte der junge Mann den Kommandanten.
    »Man könnte «, spann Dergeron den Gedanken weiter. »Doch nehmen wir es für einen kurzen Moment an«, fuhr Dergeron fort und packte Bengrams Schultern fest mit beiden Händen. »Für wen wäre das Spiel gefährlicher? Für mich oder denjenigen, der mich des Verrats bezichtigte?«
    Das gab Bengram zu denken. Der Kommandant wählt die Soldaten aus, doch sie werden auf den Schutz des Grafen vereidigt. Ich bin mir nicht sicher, ob Dergeron sich

Weitere Kostenlose Bücher