Das Amulett
nicht irrt. Er spielt mit dem Feuer , dachte er.
»Einige Eurer Männer mögen hinter Euch stehen, aber was wäre mit der Bevölkerung?«, warf Bengram ein.
»Was soll mit ihr sein?«, erwiderte Dergeron gelassen, fast gleichgültig. »Für den gemeinen Bauern würde sich nichts ändern. Er würde weiterhin seine Abgaben entrichten und seine Felder bestellen. Menschen gewöhnen sich sehr schnell an Veränderungen.«
»Manche aber nicht«, beharrte Bengram. »Nach allem, was ich gehört habe, lieben die Leute den Grafen sehr. Und bei allem geschuldeten Respekt – niemand liebt Euch.«
»Nun ...« Dergeron machte eine lange Pause und wählte jedes seiner Worte mit Bedacht. »Manche Opfer müssen einfach erbracht werden. Und wenn sie mich nicht lieben wollen, sollen sie mich fürchten.«
»Ich verstehe«, nickte Bengram. »Aber Ihr habt natürlich nichts dergleichen vor, richtig?«
Dergerons Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. »Du solltest besser auf deine Zunge achten, Bengram, sonst könnte sie dir abhandenkommen. Und du musst dich entscheiden, hinter wem du stehst, es könnte eines Tages von Bedeutung sein.«
Bengram nickte, doch innerlich versuchte er, diese Botschaft zu verdauen. Der Kommandant hatte ihn soeben in eine Verschwörung eingeweiht!
Auf dem Korridor vor dem Amtszimmer stand eine sehr neugierige junge Magierin, die eigentlich gerade an die Tür klopfen wollte, doch stattdessen die Unterhaltung belauscht hatte.
Alynéa boten sich häufig Gelegenheiten, die sie zu ihrem Vorteil nutzen konnte, und diese schien eine ganz besondere. Sie sollte für Tizir den Kommandanten und Totenfels bespitzeln, doch nun hatte sie eine viel bessere Idee. Eine, die sie womöglich aus ihrem Gefängnis befreien könnte.
Sie entfernte sich leise von der Tür und verließ das Schloss. Die Wachen am Eingang standen noch immer unter ihrem Liebeszauber und boten sich ihr als Begleitschutz an, doch Alynéa wollte sich alleine an einen ruhigen Ort zurückziehen. Diese neuen Erkenntnisse musste sie tief in ihrem Geist verstecken, um zu verhindern, dass Tizir sie finden und zu seinem eigenen Vorteil nutzen konnte. Das würde die junge Magierin nicht zulassen.
Verschwörer
Dergeron schloss den obersten Knopf seines Seidenhemds und fühlte sich augenblicklich unwohl. Der Graf bestand darauf, dass er ihn zur Aufführung der Gaukler begleitete, doch er hatte ihm untersagt, dabei seine schwere Lederkleidung zu tragen. Über das Hemd mit den Puffärmeln musste er noch eine grüne Samtweste streifen. Sein Bastardschwert hatte er gegen ein feines Langschwert mit verziertem Griffkorb getauscht. Der Gürtel wurde von einer Schärpe im selben Grünton der Weste verdeckt. Eine braune Hose aus schwerem Stoff »rundete die Zusammenstellung ab«, wie ihm der Kammerdiener des Grafen versichert hatte.
Dergeron hasste diese weibischen Kleider. Wie sollte er den Grafen beschützen, wenn er selbst ohne Schutz auf die Straße trat?
Graf Totenfels war als Ehrengast eingeladen worden, das gebot die Etikette. Cantas Verren hatte die Einladung persönlich überreicht. Verren hatte Dergeron mit einem abschätzigen Blick begrüßt, doch der Kommandant der Garde hatte keine Miene verzogen.
Dergeron hatte die Männer selbst ausgewählt, die sie begleiten würden, darunter auch Bengram Hagstad. Seit seinem wundersamen Traum fühlte der Krieger sich wohler, wenn er seine Rechte Hand um sich wusste.
Der Graf nahm direkt vor der Bühne Platz und wurde von zwei der Soldaten flankiert. Hagstad wollte sich gerade ebenfalls setzen, als Dergeron ihn am Arm packte und zurückhielt.
»Wir haben wichtigere Dinge zu erledigen«, flüsterte er Hagstad zu.
Die beiden entfernten sich unauffällig von der Bühne und verschmolzen mit den Schatten. Kein ungeübtes Auge vermochte sie noch zu erkennen, sie hingegen konnten alles überblicken.
»Was habt Ihr vor, Kommandant?«, wagte Hagstad zu fragen.
»Diese Einladung verfolgt ein weiteres Ziel«, erklärte Dergeron ruhig. »Noch kennen wir es nicht, doch bis wir dem Rätsel auf den Grund gegangen sind, ist es besser, wenn wir uns im Hintergrund halten.«
»Aber wenn Ihr einen solchen Verdacht hegt, ist es dann nicht unsere Pflicht, den Grafen darüber in Kenntnis zu setzen?«
»Ich habe es ihm bereits gesagt«, log Dergeron. »Der Graf will von solchen Dingen nichts wissen, Bengram. Er will sich in der Menge zur Schau stellen, und die möglichen Folgen lässt er dabei außer Acht.«
Bengram sah sich
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