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Das Amulett

Das Amulett

Titel: Das Amulett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan R. Bellem
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noch etwas, das uns nützlich sein könnte«, fuhr er fort und verschwand im Dunkel der Nacht.
    Kordal blickte ihm noch einige Zeit stumm hinterher, auch wenn er ihn schon bald nicht mehr ausmachen konnte. Der Krieg hatte Lantuk so sehr verändert. Kordal fragte sich von Tag zu Tag häufiger, ob er den Freund überhaupt noch kannte. »Was ist nur los mit dir, alter Freund?«, flüsterte Kordal in die Nacht.
    »Er zerbricht an seinen Erinnerungen«, sagte Daavir mitfühlend.
    »Aber wieso?«, fragte Kordal verständnislos. »Er lebt! Er sollte glücklich darüber sein. So viele sind bei der Schlacht getötet worden.«
    Gluryk lächelte flüchtig, was keinem der beiden Krieger verborgen blieb.
    Plötzlich tauchte Lantuk hinter dem Goblin auf und trat ihn hart in den Rücken. Der kleine Goblin jaulte auf vor Schmerz und wand sich am Boden, doch der Krieger war bereits über ihm. Eisernen Schellen gleich legten sich Lantuks Hände um Gluryks Kehle und pressten die Luft aus dem schwachen Monster, bis es blau anlief.
    »Ihr habt Frauen und Kinder getötet, du Ungeheuer!«, brüllte der Krieger seinem Opfer entgegen und begann, den erschlaffenden Körper zu schütteln. Wieder und wieder hämmerte er den Schädel des Goblins auf den kalten Boden, wo sich die Kreatur an einem Stein einen Schneidezahn ausschlug. »Sie hatten euch nichts getan!«
    »Genug!«, ertönte ein scharfer Ruf. Niemand sonst hätte Lantuk in seiner Wut bremsen können, doch die Vertrautheit der Stimme ließ ihn innehalten. Kordal stand hinter ihm und blickte dem Freund mitfühlend in die Augen – nein, direkt ins Herz. »Lass ab von ihm«, bat er.
    Lantuks Griff löste sich, und Gluryk sog gierig die Luft ein. Der Goblin wimmerte vor Schmerz und Furcht und kroch auf allen vieren davon, wollte so viel Abstand wie möglich zwischen sich und den Menschen bringen. Der Schmerz des ausgeschlagenen Zahns war vergessen; er hatte dem Tod ins Auge geblickt, eine Erfahrung, die alle anderen Empfindungen in ihm überschattete.
    Lantuk sank auf die Knie, schlang die Arme um den Bauch und begann zu weinen. Die Tränen flossen unweigerlich aus seinen Augen, er konnte sie nicht aufhalten. »Es waren so viele«, schluchzte er immer wieder.
    Kordal setzte sich neben ihn und legte ihm den Arm um die Schultern. »Daavir hat Recht«, begann er, »wir dürfen den Mut nicht sinken lassen. Wir dürfen uns nicht in unserer Trauer und Wut verlieren. Gluryks Tod wäre genauso sinnlos, wie es der all unserer Freunde war. Blinde Rache wird uns nicht helfen – im Gegenteil, sie ist unser größter Feind.«
    Lantuks Blick blieb leer. Kordal wusste nicht, ob seine Worte den Freund erreicht hatten.
    »Hast du deinen Zorn besiegt, Kordal?«, fragte Lantuk schließlich.
    »Nein«, antwortete der Krieger ehrlich. »Aber ich will versuchen, ihn mir für Crezik aufzusparen.«
    »Ja, spar dir deine Wut für den Kampf, der vielleicht noch bevorsteht – möge sie dich im rechten Augenblick stark machen«, sagte Daavir ruhig. »Deine Ehre zu verlieren, indem du dich an einem Gefangenen vergreifst, macht keinen der Gefallenen wieder lebendig.«
    »Hör auf ihn«, bat Kordal. »Es wird nicht besser; du musst mit dieser Vergangenheit leben lernen, alter Freund, sonst verlierst du dich in deinem Zorn und wirst nie mehr der Alte sein.«
    Lantuk sah ihn schweigend an. Schließlich nickte er zustimmend. »Ihr solltet schlafen, ich halte Wache.«
    Gluryk packte sich mit den gefesselten Händen an die Kehle. Er konnte noch immer die Hände des Kriegers auf sich spüren. Er fühlte genau, wie die Finger sich in seinen Hals gruben und ihm langsam die Luft raubten; wie sich das Blut in seinem Kopf staute, bis er seine Herzschläge nicht mehr spüren konnte. Der Tod kam nicht plötzlich, nein, die Wahrheit war viel grausamer. Er hatte ganz langsam das Bewusstsein verloren und war hinabgeglitten in ein schwarzes Meer aus Stille und Einsamkeit.
    Hatten die Menschen, die er getötet hatte, ebenso empfunden?
    Töten lag seinem Volk im Blut. Goblins lebten nicht für Haus und Hof, nicht für die Familie, nur für das Töten. Einzeln waren sie schwach, jeder wusste das, doch in der Masse bildeten sie eine unaufhaltsame Welle aus Mord und Blutvergießen. Gluryk war kein Teil dieser Welle mehr, sondern ein Gefangener. Sein Leben hing davon ab, wie nützlich er seinen Peinigern sein konnte. Doch was würden sie mit ihm tun, wenn er sie erst zu Crezik geführt hätte?
    Gluryk kauerte sich zusammen und versuchte,

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