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Das Amulett

Das Amulett

Titel: Das Amulett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan R. Bellem
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nicht sehr willkommen. Der Lehre des Alghor zufolge standen sie mit den bösen Mächten der Elementarprinzen in Verbindung. Gordan konnte nicht bestreiten, dass er die Kräfte der Elemente für seine Zwecke nutzte, doch er war niemals so töricht gewesen, sich dem Tetrament, dem Meister der Elementarprinzen, zu öffnen.
    Gordan gebrauchte seine Macht stets sorgsam und nur, wenn es keinen anderen Ausweg mehr gab. Die letzten Tage hindurch hatte er sie häufiger eingesetzt, aber Dezlots Ausbildung musste voranschreiten. Der Junge erwies sich als gelehriger Schüler und besaß gute Anlagen. Aus Dezlot könnte ein würdiger Nachfolger werden , dachte der alte Magier mit einem Lächeln.
    »Du meinst, so viel Schande, wie du und Grunduul mit eurem geplanten Verrat?«, fragte Gallak nach einer langen Pause, die alle anderen im Raum verstummen ließ. Gallak war ein besonnener Mann und nutzte jedes Mittel, um die Orks weiter als Einheit zu führen, bis Ul‘goth zurückkehren würde. Er zweifelte keinen Augenblick daran, dass der Hüne einen Herrschaftsbeweis erbringen würde, den niemand anzweifeln könnte.
    »Du wagst es, mich einen Verräter zu nennen?«, entgegnete der hitzköpfige Wurlagh.
    Wie alle anderen Anwesenden spürte Gordan, dass diese Häuptlingsversammlung kurz davor stand, eine katastrophale Wendung zu nehmen. Wurlagh hatte den Statthalter Ul‘goths in die Enge getrieben.
    »Stimmt es denn nicht?«, fragte Gallak, nach wie vor ungerührt. »Sag, spreche ich nicht die Wahrheit?« Erst jetzt begegnete Gallak Wurlaghs finsterem Blick, doch der Statthalter ließ sich nicht verunsichern. »Und wag nicht, im Kreis der Häuptlinge zu lügen.«
    Gordan zog den rechten Mundwinkel zu einem kurzen Lächeln nach oben. Gallak hatte die Situation perfekt gelöst. Wurlagh würde es nicht wagen, die anderen Häuptlinge zu belügen. Es galt als eine der ältesten Traditionen der Orks, dass die Häuptlinge einander mit Respekt und Ehrlichkeit begegneten. Wurlaghs heimliche Machenschaften mit Grunduul hatten den jungen Häuptling in tiefe Schande gestürzt.
    Auch die übrigen Häuptlinge schienen Gallaks Meinung zu teilen, denn sie alle straften Wurlagh mit verächtlichen Blicken. Der junge Häuptling schien etwas ratlos und stand mit vor Wut zitternden Armen auf.
    »Setz dich hin!«, brüllte Gallak plötzlich. »Wir werden ein andermal über deine Taten Gericht halten. Bis dahin hast du Zeit, über deine Schande nachzudenken und sie zu bereuen.«
    »Das kann nicht dein Ernst sein«, protestierte Wurlagh, doch Gallak schnitt ihm das Wort ab.
    »Ul‘goth war zu nachlässig mit dir, weil ihn die Schuld am Tod deines Vaters plagt. Mich plagt nichts dergleichen. Ich kann zum Wohle aller Orks entscheiden und halte dich für einen Verräter. Wir halten demnächst Gericht, dann kannst du dich verteidigen. Bis dahin bist du von allen Entscheidungen der Häuptlingsversammlung ausgeschlossen.«
    Wurlagh hätte den Grabenkampf als Urteilsfindung verlangen können. Das wusste neben den Häuptlingen auch Gordan. Doch Wurlagh war nicht Wantoi. Er war kein Kämpfer und viel zu unerfahren. Zwar hatte er schon einige Herausforderer bezwungen, doch keiner von ihnen hatte nur annähernd die Kampferfahrung eines echten Häuptlings oder Gallaks besessen. Wurlagh wusste, dass er zu weit gegangen und nun hilflos war. Der junge Häuptling verließ unter lautem Schnauben die Versammlungshalle.
    »Und das alles wegen uns, Meister?«, flüsterte Dezlot in Gordans Ohr. Wurlagh hatte den Streit ursprünglich vom Zaun gebrochen, weil Gordan und sein Schüler bei der Häuptlingsversammlung anwesend waren. Gallak vertraute dem alten Magier, weil Ul‘goth ihm vertraut hatte. Gordan schätzte den Statthalter sehr. Sie schmiedeten gemeinsam Friedenspläne und arbeiteten an einem Pakt, der Orks und Menschen für lange Zeit miteinander verbinden sollte.
    Wurlagh hatte diese Entwicklung zutiefst missfallen. Schon mehrmals hatte er seine Missbilligung zum Ausdruck gebracht, doch heute war er Gallaks List zum Opfer gefallen.
    »Politik«, sagte Gordan knapp. Dann richteten sie das Augenmerk wieder auf die Häuptlingsversammlung, die nun wieder ihren geordneten Lauf nahm.
    * * *
    »Dieser verfluchte Gluryk!«, schrie Lantuk. »Wir kommen niemals aus diesem Wald heraus!«
    »Leise!«, zischte Kordal und packte den Freund am Arm. »Wir wissen nicht, ob wir nicht gerade beobachtet werden.«
    Seit Gluryk sich befreit hatte, waren sie ziellos durch den Wald gestolpert.

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