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Das Amulett

Das Amulett

Titel: Das Amulett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan R. Bellem
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Gluryk hatte zwar behauptet, dass der Wald sich verändert hätte, doch Lantuk hatte ihm nicht glauben wollen. Nun musste der Krieger zugeben, dass der Goblin die Wahrheit gesagt hatte. Nicht selten erwachten sie am Morgen und mussten feststellen, dass der Weg, dem sie am Abend zuvor noch gefolgt waren, heillos überwuchert war.
    Daavir sprach wenig in dieser Zeit. Der stoische Steppenreiter erduldete ihr Schicksal schweigend und folgte dem Weg, den der Wald ihnen anbot.
    Kordal befürchtete tatsächlich, dass der Wald sie in eine ganz bestimmte Richtung lenkte, beinah so, als besäße der Wald ein eigenes Bewusstsein, das sie als Eindringlinge erkannt hatte und nun womöglich ewig im Kreis marschieren ließ.
    Mit einem resignierenden Seufzen setzte er den Weg fort. Die anderen folgten ihm.
    * * *
    Ul‘goth spürte nicht, wie die Schlange langsam begann, ihn zu verschlucken. Ihre Kiefer legten sich bereits um seinen Hals. Dann erregte etwas seine Aufmerksamkeit, belebte seinen ohnmächtigen Geist. Seine Finger hatten sich um einen kalten, harten Gegenstand geschlossen. Plötzlich war Ul‘goth hellwach. Ein Funke Hoffnung flackerte in seinem Gehirn auf und zwang ihn, seine letzten Reserven freizusetzen. Ul‘goth schöpfte Kraft aus sich selbst, aus seiner Verzweiflung. Er packte die Schwertklinge mit beiden Händen und ignorierte die Schnittwunden, die er seinen Händen zufügte.
    Ohne zu zögern, stach er zu. Wieder und wieder trieb er die Schwertspitze in den Körper der Bestie. Die Schlange wand sich vor Schmerz und gab seinen Kopf wieder frei. Das Tier erkannte die Gefahr, die nun von Ul‘goths Armen ausging, doch sie wollte ihre Beute nicht kampflos aufgeben. Die Wandelboa versuchte, den Ork erneut und samt seinen Armen zu umschlingen.
    Sie würde dieses Festmahl bekommen.
    Ul‘goth nutzte die Gelegenheit für einen tiefen Atemzug, der in seinen Lungen brannte. Der Ork hatte kaum mehr Kontrolle über seine Handlungen, nur sein Überlebensinstinkt trieb ihn noch an.
    Die Dunkelheit wich aus seinem Blick und gab ihm einen Teil seines Gegners preis. Die Schlange blutete aus mehreren kleinen Stichwunden, doch Ul‘goth erkannte sofort, dass sie dieses Tier nicht aufhalten würden. Mit jedem Atemzug pumpte sein Herz mehr und mehr heißes Blut durch seine Adern und belebte seine tauben Glieder. Der Ork packte das Schwert am Griff und schlug wild um sich. Er rammte die Klinge in den Körper der Bestie, hackte ganze Fleischbrocken aus ihr.
    Die Wandelboa zog sich mehr und mehr von ihm zurück, doch Ul‘goth verfiel in wilde Raserei und ließ nicht von ihr ab. Nun war er die Bestie, sie das Opfer. Unablässig hieb der Ork auf das Tier ein, und schließlich sackte ihr Körper leblos zusammen.
    Ul‘goth lag keuchend auf der toten Schlange und kämpfte gegen die wieder aufkeimende Ohnmacht an. Der verbannte Orkkönig rappelte sich auf alle viere und zwang seinen Geist, die Herrschaft über den Körper zu übernehmen.
    Mit tiefen Luftzügen beruhigte er seine Atmung; seine Brust schmerzte dabei. Sein Geist und Blick wurden klarer, und schließlich wagte er den Versuch, aufzustehen.
    Ul‘goth erinnerte sich an die Goblins und drehte sich um. Fünf lagen tot am Boden, von ihrem Anführer fehlte jede Spur. Er muss den Kampf gewonnen haben , dachte Ul‘goth. Nach genauerer Beobachtung vermutete er allerdings eher, dass der Fellträger geflohen war. Zwei Goblins hatten sich gegenseitig erstochen und lagen verschlungen auf dem Boden.
    Möglicherweise hatten die beiden sich im Verlauf des Kampfes gegen ihren Anführer zusammengerottet und ihn in die Flucht geschlagen. Danach waren sie wohl wieder übereinander hergefallen.
    Das Feuer brannte noch, und Ul‘goth war überaus hungrig. Der Braten der Goblins war zwar so verdreckt, dass er ungenießbar war, doch auf der Lichtung lag noch ein acht Schritt langer, kräftiger Muskelstrang. Ul‘goth war sicher, dass ihm das Fleisch der Würgeschlange vorzüglich schmecken würde.

Die Quelle der Reinheit
    Der Anblick des Waldes ließ Tharador völlig vergessen, dass nur wenige Wegstunden entfernt eine ganze Armee von Goblins die Waffen wetzte. Seit der Geist des Waldes mit Faeron gesprochen hatte und sie auf ihrem Weg leitete, waren ihnen keine wilden Tiere mehr begegnet.
    Es schien, als würden sie durch eine andere Wirklichkeit wandern, eine Wirklichkeit, in der es keine Monster gab, keinen Tod, kein Verderben. Nicht einmal die kalte Jahreszeit konnte ihnen etwas anhaben. Zwar

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