Das Amulett
zur Magie wohnte nicht jeder Seele inne«, meinte Tharador.
Der Ewige nickte zustimmend: »Das ist richtig, aber Gordan vergisst, dass es neben der Magie der Elemente auch die Magie der Kanduri gibt. Und die göttliche Macht entsteht aus dem Glauben der Menschen. Jede Seele hat die Kraft, einen Gott zu stärken oder zu schwächen. Und Karandras quälte die Seelen der Verstorbenen mit dem Buch Karand so lange und so erbarmungslos, bis sie ihn als Gott verehrten. Hast du dich niemals gefragt, welchen Ursprungs deine eigenen Kräfte sind, Tharador?«
Tharador blickte ihn fragend an, doch Faeron nickte unbemerkt.
Der Elf verstand die Worte des Gottes. Die Magie der Elfen war ebenfalls nicht elementar. Die Elfen erbaten Magras Hilfe im Umgang mit lebenden Dingen, und die Göttin gewährte sie. Es glich eher einem inbrünstigen Gebet als einer Beeinflussung magischer Kräfte. Tharadors Macht war die göttliche Energie, die er von seinem Vater geerbt hatte.
»Ihr müsst das Buch zerstören und die darin gefangenen Seelen befreien«, fuhr der Ewige fort. »Aurelion darf nie wieder über eine solche Macht gebieten. Schon gar nicht jetzt, da meine Brüder und Schwestern schlafen und schwach sind.«
Sie beschlossen, die Nacht an den Ufern der Quelle zu verbringen, um Ul‘goth Ruhe für seine Genesung zu gönnen. Am nächsten Tag würden sie entscheiden, ob man die Heimreise bereits wagen könnte.
Später am Abend saßen sie alle gemeinsam um ein wärmendes Feuer. Sie hatten keine Angriffe mehr durch die Goblins zu befürchten, und der Ewige hatte ihnen versichert, dass sie keines der Wildtiere gefährden würde, zumal sie unter ihrem Schutz standen.
Sie hatten den ganzen Nachmittag geredet. Tharador hatte den Männern aus dem Süden erzählt, wie es zum Krieg in Surdan gekommen war und wie Xandor die Orks benutzt hatte. Er beantwortete geduldig ihre Fragen über ihn selbst und später über Dergeron. Kordal berichtete ihm im Gegenzug von der Belagerung und dem heldenhaften Kampf der Krieger Ma‘vols.
Kordal blickte nachdenklich in die Flammen, während der hünenhafte Daavir, der sich als Reiter aus Zunam vorgestellt hatte, die Quelle der Reinheit bewunderte.
Nach einem kurzen Moment der Stille fand Lantuk als Erster die Stimme wieder. »Also wissen nur wir, Gordan und Dergeron von dem Buch?«, fragte er stirnrunzelnd.
»Ganz recht, Mensch«, brummte Khalldeg.
»Und wenn er es vor uns findet?«, fragte Kordal leise.
»Falls Xandor ihm überhaupt von der Existenz des Buches erzählt hat«, überlegte Faeron, »so konnte er ihm nicht sagen, wo es ist. Wir sind die Einzigen, die das Versteck des Buchs kennen.«
»Es spielt auch keine Rolle«, meinte Khalldeg. Alle Blicke richteten sich auf ihn. »Dergeron kennt keinen Eingang in die Minen meiner Vorfahren. Und der Winter hat die Todfelsen fest im Griff. Er hat keine Möglichkeit, auf den Gipfel zu gelangen, ohne sich durch ein Meer von Gnomen oder die ewigen Schneemassen zu kämpfen. Und beides schafft er alleine nicht.«
»Du meinst das Meer von Gnomen, das sich auch uns in den Weg stellen wird?«, fragte Tharador mit unverhohlenem Sarkasmus.
Khalldeg grinste ihm zur Antwort breit entgegen. »Wir haben mich«, erwiderte er augenzwinkernd. »Es gibt Geheimgänge, die nicht einmal diese kleinen Monster kennen dürften. Wenn wir sie finden, können wir ihnen größtenteils aus dem Weg gehen.«
» Wenn wir sie finden?«, hakte Tharador nach.
»Vergiss nicht, dass ich noch sehr jung war, als wir fliehen mussten«, erwiderte der Zwerg mit gespielter Entrüstung und fügte dann lachend hinzu: »Wenn man sie leicht entdecken könnte, wären wie wohl kaum geheim, oder?«
Tharador schien mit der Antwort nicht gänzlich zufrieden, was Khalldeg mit einem weiteren Lachen überspielte.
»Trotzdem frage ich mich«, sagte der Paladin nach einem Moment der Stille, »wo Dergeron gerade ist.«
* * *
Heute hast du dir einen mächtigen Verbündeten geschaffen! Pharg‘inyons Stimme klang höchst erfreut. Ein Umstand, der dem Krieger nicht behagte. Dergeron zog es aus unerfindlichen Gründen vor, wenn der Dämon schlechte Laune hatte.
Dergeron fühlte sich wie damals, als er Xandors Sklave gewesen war. Doch diesmal war sein Meister ein viel mächtigeres Wesen. Diesmal stand er unter Aurelions Herrschaft.
Tizir wird unserer Sache sehr nützlich sein!
»Du meinst, meiner Sache!«, unterbrach Dergeron den im Amulett gefangenen Dämon barsch.
Gewiss. Pharg‘inyon bemühte sich
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