Das andere Ende der Leine: Was unseren Umgang mit Hunden bestimmt (German Edition)
um das wir uns sorgen, ist überwältigend stark. Versuchen Sie einmal einem jungen Mädchen oder jeder beliebigen Vierjährigen zu sagen, sie solle ihren geliebten Hund nicht umarmen. Viel Glück.
Aber Hunde umarmen sich nicht. Stellen Sie sich einmal zwei Hunde vor, die auf den Hinterpfoten stehen, sich gegenseitig die Vorderläufe umgeschlungen haben und Wangen und Fang aneinander drücken. Vermutlich haben Sie das draußen noch nicht sehr oft gesehen. Hunde sind genauso gesellig wie wir, echte Gesellschaftstiger, die ohne viel soziale Interaktion kein normales Leben führen können. Aber sie umarmen sich nicht. Sie »betatzen« vielleicht einen anderen Hund mit der Pfote, um ihn zum Spielen aufzufordern oder sie legen einem anderen Hund als Zeichen des sozialen Status eine Pfote über die Schulter, aber sie umarmen sich nicht. Und oft reagieren sie nicht freundlich auf Menschen, die es tun. Ihr eigener Hund mag es vielleicht gutwillig hinnehmen, aber ich habe Hunderte von Hunden gesehen, die knurrten oder bissen, wenn jemand sie umarmte.
Der Grund dafür, dass ich all diese knurrenden Hunde gesehen habe, ist, dass ich Tierverhaltenstherapeutin bin und dass ich Menschen bei ernsten Verhaltensproblemen ihrer Haustiere berate. 5 Sowohl meine wissenschaftliche Ausbildung als auch meine praktischen Erfahrungen mit Menschen und ihren Hunden haben zu der Ansicht geführt, die ich in diesem Buch vertrete. Für meine Doktorarbeit hatte ich die Laute aufgezeichnet und untersucht, mit denen Menschen aus verschiedensten Kultur- und Sprachkreisen mit ihren Haustieren kommunizieren. In dieser Hinsicht studierte ich unsere eigene Spezies wie Sie jede andere Tierart studieren würden. Ich machte objektive Tonaufnahmen und Analysen der Laute der Tiertrainer, genauso wie andere Wissenschaftler den Gesang von Vögeln aufzeichnen. Diese Perspektive hat mich zusammen mit umfangreichem Training im präzisen Beobachten und Beschreiben von Verhalten dazu gebracht, unserem eigenen Verhalten genauso viel Aufmerksamkeit zu widmen wie dem unserer Hunde. Meine Vorlesung »Biologie und Philosophie der Mensch-Tier-Beziehungen« an der Universität von Wisconsin-Madison und meine Mitarbeit an der Tierverhaltens- und Beratungssendung »Calling All Pets« erinnern mich ständig daran, wie wichtig unsere Beziehungen zu anderen Tieren sind und gleichzeitig, wie oft unsere primatenähnlichen Neigungen uns dabei Probleme bereiten.
Genauso wichtig ist, dass mich meine Erfahrungen als Hundetrainerin 6 , Züchterin und Ausbilderin an Schafen arbeitender Border Collies, als Teilnehmerin an Hütehundwettbewerben und als Hundebesitzern (die unverblümt zugibt, verrückt vor Liebe zu ihren Hunden zu sein) ständig daran erinnern, wie leicht es für uns Menschen ist, unseren Hunden das Falsche mitzuteilen.
Manche der Geschichten in diesem Buch handeln von meinen eigenen vier Hunden und unserem gemeinsamen Leben auf einer kleinen Farm in Wisconsin, andere stammen aus Beratungsgesprächen mit besorgten Hundehaltern. Ich war nicht überrascht, als Hundebesitzer mit ernsteren Problemen, darunter häufig Aggression bei Hunden, mich um Rat zu fragen begannen. Wenn Sie geprüfte Tierverhaltensforscherin sind und sich auf das Thema Aggression spezialisiert haben, sind Sie oft die »letzte Hoffnung«, hören einige ziemlich dramatische Geschichten und sehen einige bereits ziemlich geschädigte Hunde.
Ich habe es aufgegeben, die Hunde zu zählen, die grollend, knurrend und ihre Zähne zeigend in mein Büro stürzten. Jahrelang habe ich in einer Umgebung gearbeitet, in der schon der kleinste Fehler zu einer schlimmen Verletzung führen kann. Auch wenn ich niemals behaupten werde, ich hätte mich daran gewöhnt (manchmal denke ich, was zum Teufel mich bewegt, auf diese Weise mein Geld zu verdienen), so war ich doch darauf vorbereitet. Wir können nicht mit Tieren zusammenleben, die das Äquivalent von Teppichmessern im Maul haben, ohne gelegentlich Probleme zu bekommen.
Und obwohl ich darauf vorbereitet war, mit Hunden zu arbeiten, die wegen ihrer Zähne in Schwierigkeiten geraten waren, so hatte ich doch nicht erwartet, so viel gefühlsmäßiges Leiden zu sehen. Fast jede Woche sehe ich ein oder zwei »Muss-ich-meinen-Hund-einschläfern-lassen?« Fälle, bei denen am Boden zerstörte Besitzer im Büro weinen, während wir darüber sprechen, ob ihr bester Freund euthanasiert werden muss. Es stimmt, dass eine ganze Anzahl von Problemhunden rehabilitiert werden und
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