Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition)
durch. Schließlich ließ er ihn sinken und sah den jungen Pfleger so intensiv an, dass der dem Blick schließlich auswich.
»Ich werde Euch helfen.«
»Was?« Albrecht glaubte sich verhört zu haben.
»Ja, das hört sich verrückt an, und dennoch sage ich Euch meine Unterstützung zu, eine Mehrheit im Kapitel für diesen Vertrag zu bekommen.«
Albrecht wusste nicht, was er sagen sollte. »Danke«, presste er hervor.
Der von Grumbach winkte ab. »Ihr müsst mir nicht danken.
Wisst Ihr nicht, dass ich grundsätzlich nur etwas tue, von dem ich mir einen eigenen Vorteil verspreche?«
Albrecht nickte. »Doch, das weiß ich. Und nun lasst uns hinuntergehen. Ich denke, die anderen Domherren dürften inzwischen eingetroffen sein.«
Während er Dompropst von Grumbach die Treppe hinunterbegleitete, fragte er sich ein wenig bang, welche Hintergedanken der Propst bei dem ganzen Spiel hegte.
Nein, so leicht wie die Domherren und die Kapitularen von Neumünster waren die Bürger der Frankenstädte nicht zu überzeugen – oder sollte man besser übertölpeln sagen, wie Gret es bezeichnete? Jeanne murmelte etwas davon, dass sich das Volk nicht bestechen lassen würde, doch Gret wies sie darauf hin, dass es ja keiner versucht habe. Die Mühe würde sich der von Brunn nur bei den Männern der Kirche und des Adels machen.
»Merke dir eines: Das Volk ist durchaus bereit, bestechlich zu sein, aber dafür hat der Bischof kein Geld. Ganz im Gegenteil, das Volk ist die Quelle der Münzen, die er für die Bestechung anderer braucht, und er wird den einfachen Mann wieder gnadenlos bis zum letzten Blutstropfen auspressen, wenn er die Gelegenheit dazu erhält. Das wissen die Bürger genau. Nicht umsonst weigern sie sich so hartnäckig, ihn zurückzunehmen.«
Nein, das Volk wollte seinen alten Bischof nicht zurück. Er sollte – machtlos und still – sein Leben auf dem Zabelstein beenden, während der junge Pfleger das Land aus der Finsternis führen würde.
Ob Grets offener Rede warf Jeanne Elisabeth einen Blick zu, doch sie widersprach nicht. Sie hatte erst am vergangenen Tag ein ähnliches Gespräch mit Friedlein geführt.
Der Tag der Heiligen Drei Könige war bereits vergangen. Der Winter zog sich auf Burg Zabelstein hin. Georg blieb
noch einige Wochen, bis es zu tauen begann, und reiste dann zu Elisabeths Bedauern zusammen mit Meister Thomas ab.
Elisabeth hatte sich recht gut auf der abgelegenen Festung am Rand des Steigerwaldes eingelebt, aber nun erfasste sie eine Unruhe, die sie immer öfter nach draußen trieb. Sie ergriff jede Gelegenheit, ihre Gemächer zu verlassen, ihre Fuchsstute oder den Schimmel zu satteln und in Begleitung von Ritter Heinrich Baiserdorfer oder dem jungen Junker von Hain ein wenig durch den Wald zu reiten. Dass außer Jeanne niemand etwas dagegen sagte, zeigte ihr, wie weit ihr Vater gedanklich weg war. Genauer gesagt auf dem Marienberg und in den Städten Würzburg und Ochsenfurt, die sich als die hartnäckigsten unter den fränkischen Städten zeigten. Nein, sie würden dem Bischof nicht huldigen!
Dass es auch im Kapitel letzte Nester von Widerstand gab, berichtete ihr Friedlein. Der Domdechant Reichard von Masbach war nicht nur ein erbitterter Gegner des Bischofs, er ließ auch keine Gelegenheit aus, gegen ihn vorzugehen und dafür andere auf seine Seite zu ziehen.
»Er hat keinen guten Einfluss auf unseren Pfleger von Wertheim. Ja, ich würde ihn gar als gefährlich bezeichnen. Der Wertheimer scheint den Versuch zu unternehmen, sich still und heimlich wieder von den Abmachungen zu entfernen, die er mit seiner Exzellenz getroffen hat. Er will unseren Herrn kleinhalten und selbst die wichtigen Entscheidungen treffen. Doch wie das manches Mal so ist, er selbst hat den Damm beschädigt und dem Wasser einen Weg gewiesen. Nun bricht es sich seine Bahn und ist nicht so leicht wieder einzufangen. Jetzt steht er also da, mit dem Dechanten von Masbach und ein paar wenigen anderen Domherren, während der größere Teil unter der Führung des Propstes von Grumbach sich wieder auf Bischof von Brunn eingeschworen hat.«
»Und wie wird das nun weitergehen?«, fragte Elisabeth bang. »Ich habe gehört, die Lage im Land sei nach wie vor
finster. Ritter Hans von Hirschhorn hat einige Geistliche gefangen genommen und sie mit einem hohen Lösegeld geschätzt.«
Friedlein nickte und wies auf ein Schreiben, das am Rand des Sekretärs lag. »Ja, man bestürmt den Bischof, er möge dafür aufkommen,
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