Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition)
dann versucht es selbst. Ich wünsche Euch alles Glück der Erde und lasse mich gerne überraschen.«
Als es im Frühling wärmer wurde, hielt es Elisabeth auf dem Zabelstein nicht mehr aus. Ihr Bruder Georg hatte ihr geschrieben, er sei wieder in Würzburg, habe aber nicht auf dem Marienberg Quartier genommen, da er nicht wisse, ob er bei dem Wertheimer so recht willkommen sei, nachdem der sich nun doch wieder distanziere und sich der Streit zwischen den beiden Parteien wohl hinziehen werde. So habe er sich entschieden, ein Haus in der Franziskanergasse anzumieten, um seine Waren sicher zu lagern und für sich eine angemessene Wohnstatt zu haben. Meister Thomas habe ebenfalls bei ihm Quartier bezogen und brüte in seiner Küche über neuen Rezepten, schrieb er.
Wenn es Dir auf dem Zabelstein also zu langweilig wird, dann bist Du herzlich willkommen. Ich würde Dir allerdings raten, Deine Mägde zu Deiner eigenen Bequemlichkeit mitzubringen, denn wir verfügen hier vorläufig nur über eine alte Wirtschafterin, die das Nötigste im Haushalt versieht, sich allerdings weigert, für uns zu kochen, solange Thomas dort seine Teufelskünste betreibt.
»Wir fahren nach Würzburg!«, rief Elisabeth aus. »Sobald die Landstraße trocken genug ist, dass wir nicht fürchten müssen, im Schlamm stecken zu bleiben!«
Jeanne sah von ihrer Näharbeit auf. »Oh, dann wird der Bischof also doch noch zum Marienberg zurückkehren?«
»Ich habe nichts dergleichen gehört«, widersprach Gret, die gerade ins Zimmer trat. Sie hatte in der Küche ausgeholfen und die Süßspeise für den Abend zubereitet. Nun sah sie sehr mit sich zufrieden aus.
Es war zu Weihnachten gewesen, als der Koch sich beim Herrn der Burg beschwert hatte, mit so wenigen Händen könne er auf keinen Fall ein angemessenes Festmahl bereiten. Sofort hatte Elisabeth Gret gefragt, ob sie aushelfen wolle. Die Magd hatte Gefallen daran gefunden, wieder in der Küche zu arbeiten.
»Es war mir eh schon langweilig«, sagte sie zu Jeanne. »Du hast mit den Gemächern und Elisabeths Gewändern genug zu tun, aber ich? Und mit Nadel und Faden werde ich nie umzugehen lernen!«
Nun trat sie also ins Zimmer und reichte Elisabeth wie jeden Tag ein besonderes Stück Konfekt, das sie sich ausgedacht hatte. Jeanne steckte sie auch eines zu, und Elisabeth tat wie immer, als würde sie das nicht bemerken.
»Also, wie ist es? Was haben wir nicht mitbekommen?« Die beiden Mägde sahen Elisabeth an. Diese schüttelte den Kopf.
»Nein, es ist noch immer so wie zu Weihnachten. Vielleicht sogar schlimmer. Die Fronten der Parteien verhärten sich. Albrecht und seine Anhänger beschließen Dinge und geben Anweisungen, und der Bischof und seine Parteigänger widersprechen und befehlen Gegenteiliges. Das Volk ist verwirrt und spaltet sich auf. Keiner weiß, wie es weitergehen wird. Solange sie sich nicht einig werden, kann der Bischof nicht zum Marienberg zurückkehren.«
Gret runzelte die Stirn. »Aber hat Jeanne nicht gerade gesagt …«
»Ja, wir reisen nach Würzburg!« Elisabeth strahlte. »Du, Jeanne und ich, zu meinem Bruder Georg, der nun ein Haus in der Stadt hat.«
Über Grets Gesicht breitete sich ein Strahlen aus. »Soll ich beim Packen helfen?«
Jeanne lächelte zurück. »Auf keinen Fall. Du zerknüllst Elisabeths schöne Gewänder so, dass sie danach ruiniert sind oder ich Stunden brauche, sie wieder glatt zu bekommen. Also fass nichts an, das von Wert ist!«
Gret grinste. »Zu Befehl. Dann gehe ich in die Küche und sehe zu, dass wir einen Korb mit ordentlichem Reiseproviant in der Kutsche haben werden.«
»Halt, halt, so schnell geht es nicht. Die Wege sind noch zu schlammig, und wir brauchen ein paar Männer meines Vaters als Eskorte zu unserem Schutz. Die Straßen in Franken sind über den Winter nicht sicherer geworden. Ganz im Gegenteil!«
Die beiden Freundinnen zogen lange Gesichter. »Na, dann werden wir uns wohl in Geduld üben müssen.«
Es gingen tatsächlich noch fast zwei Wochen ins Land, bis der Ritter von Schwarzenberg Elisabeth den gewünschten Zustand der Landstraße melden konnte. Doch auch der Bischof machte es ihr nicht leicht. Er hielt ganz und gar nichts davon, dass Elisabeth in die abtrünnige Stadt reisen wollte. Nein, so
etwas konnte er nicht unterstützen und ihr auch noch seine Männer für dieses Vorhaben zur Verfügung stellen.
Elisabeth glaubte nicht die Hälfte von dem, was er alles über die Bürger der Stadt sagte. Heimtückisch
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