Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition)
der Bischof schwankte, ob er ihm eine Ohrfeige verpassen oder ihm für diese dreiste Bemerkung Respekt zollen sollte. Schließlich seufzte er und ließ sich mit einem Stöhnen in seinen gepolsterten Scherenstuhl fallen.
»Friedlein, Friedlein, irgendwann werde ich dich mit meinen eigenen Händen erwürgen.«
Der Narr nickte und zeigte sein schiefes Lächeln. »Ja, Exzellenz, aber zuvor gibt es noch einen Kriegszug zu planen. An wen wollt Ihr Euch wenden?«
Die Wahl fiel auf Ritter Erkinger von Schwarzenberg, der eine Schar böhmisches Kriegsvolk gen Würzburg führen sollte. Es lungerten genug ausgediente Kämpfer herum, die bereit waren, sich um ein paar Pfennige für jeden Herrn zu verdingen.
»Was ist? Du scheinst nicht überzeugt«, polterte Johann von Brunn.
Friedlein schnitt eine Grimasse. »Nichts gegen den Ritter von Schwarzenberg, doch glaubt Ihr, er ist dieser Aufgabe gewachsen?«
»Er wird nicht alleine sein. Kraft von Hohenlohe und Graf von Henneberg werden mit ihren Männern auf meiner Seite stehen. Und der neue Bischof zu Bamberg hat mir ebenfalls seine Unterstützung zugesagt.«
»Anthoni von Rotenhan, der frühere Domherr von Würzburg? Ah, das hört sich doch gar nicht schlecht an.«
Der Bischof nickte. »Ja, sie werden in wenigen Tagen marschbereit sein.«
»Und die so kleine, aber nicht weniger wichtige Frage nach dem Sold?« Friedlein ließ nicht locker, konnte den Bischof damit aber nicht aus dem Konzept bringen.
»Das regelt sich von alleine. Sie sollen die Stadt erst einmal einnehmen, dann können sie sich ihren Sold selbst besorgen.«
Friedlein riss die Augen auf. »Aha, Ihr habt vor, die Stadt zum Plündern freizugeben. Dass mir dieser Einfall nicht selbst
gekommen ist! So einfach lassen sich manchmal große Probleme lösen.« Der Narr schnitt einige Grimassen, um keine Betroffenheit zu zeigen. »Zu strafen wisst Ihr, das muss man Euch lassen.«
»Ja, dir fehlt es manches Mal eben an Fantasie«, konterte Johann von Brunn den kaum zu überhörenden Spott des Narren.
»Äh, da wäre noch eines, auf das ich Eure geschätzte Aufmerksamkeit lenken möchte.«
Der Bischof, der bereits auf dem Weg zur Tür war, hielt inne und drehte sich noch einmal zu seinem Narren um. Seine Stirn war umwölkt, und in seiner Stimme schwang Ungeduld. »Was noch?«
»Vielleicht ist es Euch entfallen, dass Euer hochgeschätztes Fräulein Tochter noch in Würzburg weilt. Gehe ich recht in der Annahme, dass Ihr sie bei der Ausführung Eures Planes lieber nicht in der Stadt wisst?«
Johann von Brunn starrte ihn an. »Was hat sie dort auch so lange verloren? Schreib ihr, dass sie sich sofort hier einzufinden hat! Das ist ein Befehl, und ich dulde keine Widerrede!«
»Natürlich, mein Herr und Meister. Wer hätte je gewagt, Euch zu widersprechen oder gar ernsthaften Widerstand zu leisten? – Außer vielleicht Eure widerspenstigen Bürger zu Würzburg«, fügte Friedlein so leise hinzu, dass es der Bischof nicht hören konnte.
»Was ist los?«, drängte Elisabeth, als ihr Bruder und Gret endlich zurückkehrten. Es wurde eben erst hell, doch überall kamen die Leute aus ihren Häusern gestürzt und schlossen sich auf den Straßen und Plätzen zu kleinen Gruppen zusammen, manche ratlos oder ängstlich, andere mit Waffen in den Händen und angetan mit Kettenhemden oder lederbeschlagenen Wämsern.
»Willst du uns nicht endlich sagen, was hier vor sich geht?
Ich kann kein Signal für ein Feuer sehen. Dann bedeuten die Sturmglocken, wir sind im Krieg?«
Georg nickte. »Ja, so könnte man sagen. Da draußen ist eine Menge Kriegsvolk, das die Stadt zu gern einnehmen würde.«
»Wie schlimm ist es? Hat schon jemand herausbekommen, wer sie sind und wie viele? Haben sie schweres Gerät bei sich? Wollen sie sich auf eine Belagerung einlassen?«
Georg lächelte und legte seiner Schwester den Arm um die Schulter. »Liebes, nun beruhige dich doch. Es ist sicher alles halb so schlimm.«
Elisabeth befreite sich aus der brüderlichen Umarmung. »Willst du mir nun antworten oder nicht?«
Nun mischte sich auch Meister Thomas ein. »Ihre Fragen sind durchaus berechtigt, und ich staune, wie klar deine Schwester die Situation einschätzt und die entscheidenden Fragen stellt.«
Georg machte ein mürrisches Gesicht. »Mag ja sein, aber ich kann sie dennoch nicht beantworten. Es war noch zu dunkel, um irgendwelche Fahnen zu erkennen, und jeder verbreitet ein anderes Gerücht, sodass man gar nichts glauben kann. Sicher
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