Das Arrangement
erpresst. Ziemlich blöd, aber Butch war ja nicht unbedingt für seine Intelligenz bekannt gewesen. Wahrscheinlicher noch war jedoch, dass er sich an Alison rangemacht und sie sich gegen ihn gewehrt hatte.
Tony grübelte, stellte sich vor, wie Alison und Butch kämpften. Und dann kam es ihm – das Einzige, was einen Sinn ergab. Sein Bruder hatte Alison verfolgt, aber nicht, weil er Sex von ihr wollte. Aus Rache. Er hatte ein paar Jahre auf diese Gelegenheit warten müssen, aber egal wie lange es gedauert hatte, das wäre es wert gewesen. Die Bogart-Männer waren stolze Mistkerle. Butch wollte den Familiennamen und Tonys Ehre verteidigen.
Tony konnte sich gut vorstellen, wie Butch Alison zu einer abgelegenen Gegend wie dem Tidebecken brachte, um ihr Angst einzujagen. Aber Butch hatte Alisons Fähigkeiten, sich selbst zu verteidigen, unterschätzt. Sie hatte die Heugabel genommen und sie ihm in den Bauch gerammt – und Marnie war ungewollt Zeugin des Blutbads geworden. Vielleicht hatte sie Alison sogar geholfen. Sie musste Butch genug gehasst haben, um seinen Tod zu wünschen.
Tony war überzeugt, sich auf der richtigen Fährte zu befinden. Und er verspürte ein Gefühl von Triumph. Würde die Theorie vor Gericht standhalten? Tony musste eben dafür sorgen. Es passte außerdem perfekt zu Butchs Profil. Er war genau der Typ, der auf seinen älteren Bruder losging und ihn dann hinter dessen Rücken rächte. Wäre das nicht ein Ding, wenn Butch bei dem Versuch gestorben wäre, den guten Namen der Bogarts zu verteidigen?
Julia fummelte gerade an dem Verschluss ihres neuen Tiffanydiamantarmreifs, als sie in der Küche auf ihren Jüngsten stieß. Er befand sich in einer äußerst merkwürdigen Position, vornübergebeugt mit dem Kopf im geöffneten Kühlschrank. Als er sich wieder aufrichtete, hatte er eine Flasche Bier in der Hand.
Es war noch nicht mal zehn Uhr morgens.
Julia ließ das Armband und ihre strassbesetzte Strohtragetasche auf den Küchentresen fallen. “Bret, stell die Flasche wieder zurück. Es ist zu früh zum Trinken.”
Er stöhnte auf, als könne er ihre Stimme nicht ertragen. In dem Moment, wo er sich umdrehte und sie sein Gesicht sehen konnte, wusste Julia, warum. Ein Auge war zugeschwollen und an seiner Stirn prangte eine böse aussehende Beule.
Er presste die eiskalte, tropfende Flasche gegen sein Auge. “Ich trinke nicht. Ich benutze das als Eisbeutel und bete zu Gott, dass es die Schmerzen lindert.”
“Was ist mit deinem Kopf passiert?”
“Frag doch deine teure Assistentin.”
“Rebecca?”
Er hielt die Bierflasche gegen die Beule und schloss die Augen. “Sie wird es vielleicht abstreiten, aber sie hat mir eine Hantel auf den Kopf geworfen.”
“Rebecca?”
“Haben wir hier einen Papagei in der Küche? Ja, Rebecca.”
“Was hast
du
denn mit
ihr
gemacht, Bret?”
“Was
ich
gemacht habe? Das ist wieder typisch für dich, das Opfer anzuklagen. Dein Sohn könnte jetzt genauso gut im Koma liegen, und du zweifelst seinen Charakter an?”
“Bret, willst du behaupten, Rebecca hätte dich angegriffen, ohne dass du sie provoziert hast?”
Er stellte die Bierflasche ab. “Ich habe sie vielleicht verärgert, aber hast du versucht, die letzte Person, über die du dich geärgert hast, umzubringen? Sie kann sich glücklich schätzen, dass ich nicht die Polizei angerufen habe.”
Julia wühlte bereits in ihrer Tasche nach dem Handy, aber nicht, um die Polizei anzurufen. Bret lag zwar nicht im Koma, aber besonders gut sah er trotzdem nicht aus. Von selbst würde er jedoch bestimmt niemals zum Arzt gehen.
“Du wirst dich jetzt untersuchen lassen”, sagte sie und drückte die Taste, unter der die Nummer ihres Schönheitschirurgen gespeichert war. Sie hatte dem Mann ein Vermögen in den Rachen geworfen, und das Mindeste, was er tun konnte, war, sich in einem Notfall ihren Sohn anzusehen.
“Du willst mich zum Arzt schicken?”, sagte Bret. “Kümmert es dich gar nicht, was diese kleine Schlampe mir angetan hat?”
“Ich würde Rebecca keine
kleine
Schlampe nennen.” Julia musste grinsen, als amüsiere sie sich über ihren eigenen Witz, und das schien ihn ein wenig zu besänftigen. “Natürlich kümmert es mich. Würde ich sonst darauf bestehen, dass du dich untersuchen lässt?”
Wenn Julia ehrlich zu sich war, dann war sie im Grunde mehr daran interessiert, dass er ihnen nicht noch weiteren Ärger bereitete, als er es ohnehin schon getan hatte. Vor allem sollte er sich nicht
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