Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Arrangement

Das Arrangement

Titel: Das Arrangement Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Forster
Vom Netzwerk:
versuchte sich auf die ungeheure Menge von Kleidung zu konzentrieren. Alles war nach Farben geordnet, nach Stil und Jahreszeit, aber sie war einfach zu durcheinander.
    “Das ist zu viel für dich, was?”
    Sie blickte erstaunt hoch und sah Andrew hinter sich stehen. Er wirkte wie ein riesiger Schatten auf ihrem Spiegel, fast geisterhaft, nicht wie ein Mensch. Was sie verblüffte, war sein Tonfall. Sie hätte nicht erwartet, einen Anflug von Besorgnis herauszuhören. Allerdings musste sie zugeben, dass er alles getan hatte, um ihr diese Reise zu erleichtern. Er hatte sogar einen Privatjet gechartert, damit sie nicht die Unannehmlichkeiten eines Linienfluges mit all den Sicherheitsvorkehrungen auf sich nehmen mussten.
    Trotzdem vermied sie es, ihn direkt anzusehen. Sie wusste nicht, was sie in seinem Blick erwarten würde. Verachtung hätte sie nicht ertragen, aber Mitleid wäre noch schlimmer. Ihre Ehe war nie perfekt gewesen, und vor dem Unfall hatten sie sich sogar scheiden lassen wollen. Man hätte annehmen können, dies sei ein neuer Start für sie beide, doch nichts schien ferner zu liegen. Sie hatten ein Arrangement, und zwar ein ziemlich kaltblütiges.
    “Ich kann nicht … es gelingt mir einfach nicht zu packen.” Sie hätte fast gelacht, das war eine so lächerliche Untertreibung. Sie hatte das Gefühl, nicht mal atmen zu können.
    “Lass mich dir helfen”, bot er an. “Kannst du dich fertig anziehen?”
    “Ja, natürlich.”
    “Gut. Dann mach das, während ich deine Koffer packe.”
    “Du weißt, was ich mitnehmen muss?”
    Er grinste ironisch. “Ich habe eine ziemlich gute Vorstellung davon. Außerdem ist es in Mirage Bay Hochsommer.”
    Als sie sich nicht bewegte, legte er ihr die Hände auf die Schultern und drückte sie leicht, offensichtlich, um sie zu beruhigen. Aber sie fühlte sich zu entblößt, und er berührte sie so selten, dass ihr eine Gänsehaut über den Rücken lief. Angst. Es war ein Gefühl, das ihr inzwischen nur zu vertraut war, genau wie ein Tier einen gefährlichen Geruch kannte. Doch sie würde nicht zulassen, dass es – oder er – die Kontrolle über sie gewann.
    Sie blickte zu ihm hoch. “Dem Tod ins Auge zu sehen war hart. Das hier ist noch härter.”
    “Familienzusammenkünfte? Es wird schon nichts schiefgehen.”
    “Ich weiß nicht, was sie erwarten”, entgegnete sie frustriert. Er behandelte sie wieder so gönnerhaft, als wäre sie einer seiner Klienten. Die ganze Zeit hatte er sie so intensiv vorbereitet, dass sie sich noch gut an seine aufmunternden Worte erinnerte.
Du hast eine vorübergehende Amnesie, also kann man nicht von dir erwarten, dass du dich an mehr als nur Bruchstücke aus deiner Vergangenheit erinnerst. Es wird keine Verhöre geben, also mach dich nicht verrückt. Ich habe deiner Mutter bereits gesagt, wie schwierig es für dich ist.
    Er bückte sich, um ihren weißen Seidenkimono aufzuheben, der dort auf dem Boden lag, wo sie ihn fallen gelassen hatte. “Du bist eben nicht mehr dieselbe Person”, sagte er. “Wie auch? Das werden sie sofort erkennen.”
    Sie nahm ihm den Umhang ab, bevor er ihr beim Anziehen behilflich sein konnte. Als sie ihn übergeworfen hatte, drehte sie sich um und schnürte den Gürtel fest. Er interessierte sich nicht für sie, nicht richtig. Er war darauf aus, denjenigen zu finden, der versucht hatte, ihm einen Mord anzuhängen. Das war jedenfalls der Grund, warum er nach Mirage Bay zurückkehren wollte. Zumindest hatte er ihr das gesagt. Doch sie hatte so ein Gefühl, dass es da noch mehr gab, dass er ihr etwas verschwieg.
    Langsam drang seine Stimme zu ihr vor, tief und angespannt. “Wir müssen uns wie ein verheiratetes Paar verhalten, Alison.”
    Sie blickte zu seinem Spiegelbild hinüber. Er begegnete ihrem Blick, und es fiel ihr schwer, sich diesem zu entziehen. In seinen Augen konnte sie keine Spur von Ablehnung oder Mitleid erkennen. Er wirkte sehr konzentriert, neugierig und einfühlsam, wie ein Mann, der an einer Frau interessiert ist. Doch das war alles Illusion und gehörte zu ihrer Abmachung.
    “Und wie Verliebte”, fügte er dazu. “Das werden die Leute von uns erwarten.”
    Sie wusste, er hatte recht. Alle würden außerordentlich neugierig sein, vor allem ihre Familie. Aber sie konnte sich nicht vorstellen, wie sie das anfangen sollten und dass sie überhaupt jemanden überzeugen konnten. Es würde schauspielerische Fähigkeiten erfordern, die sie nicht besaß. Würde irgendjemand glauben, dass sie

Weitere Kostenlose Bücher