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Das Arrangement

Das Arrangement

Titel: Das Arrangement Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Suzanne Forster
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schlecht und waren viel zu weit. Heute Morgen hatte ihr Andrew nicht dabei geholfen, ihre Kleidung auszuwählen. Wahrscheinlich sah sie aus wie jemand von der Straße, und im Moment fühlte sie sich wie nie zuvor wie eine Hochstaplerin.
    “Deine Kleidung ist katastrophal. Was hast du dir dabei gedacht, das Spitzentop mit Jeans zusammen zu tragen? Diese Sandalen finde ich auch schrecklich, sie sehen ja aus wie diese Gesundheitsschuhe.”
    Marnie berührte ihr burgunderfarbenes Seidentop. “Das macht doch jeder.”
    “Was macht jeder?”
    “Jeans mit Spitzentops zu tragen. Die kann man doch mit allem kombinieren.”
    “Das ist also ein Modetrend? So was hat dich doch nie vorher interessiert. Du hattest immer genauso wie ich einen angeborenen Sinn für Stil.” Julia beschrieb einen eleganten Bogen mit den Armen und deutete auf ihr Outfit, ein Sonnenkleid in Weiß und Marineblau mit Epauletten.
    “Ich habe abgenommen”, sagte Marnie. “Nichts passt mir im Moment, und irgendwie habe ich kein besonderes Interesse mehr an Kleidern.”
    “Na, das ist nicht zu übersehen.”
    “Er versucht dich gegen mich aufzuwiegeln”, sagte Marnie gepresst.
    “Bret?”
    “Ja, Bret! Und ich bin ein leichtes Opfer, weil ich immer noch nicht ganz fit bin. Ich habe mich noch nicht vollständig erholt, aber …” Sie starrte die Frau vor sich an, die sie zu überzeugen versuchte, und hatte dabei das Gefühl, als hätte sich eine Tür zwischen ihr und Julia Fairmont geschlossen.
    “Hör zu”, sagte sie dann. “Wenn du nicht glaubst, dass ich deine Tochter bin, dann sag es jetzt, und ich werde gehen. Andrew und ich verlassen dann dieses Haus, und du wirst keinen von uns beiden jemals wiedersehen.”
    Julia sah sie überrascht und argwöhnisch an. Sie ging zu dem zarten Stuhl, den Bret umgeworfen hatte, richtete ihn auf und schob ihn unter den Schreibtisch. Beide Möbelstücke waren sicher teure Antiquitäten, vermutete Marnie. Sie wusste nicht, wie sie Julias Schweigen deuten sollte, und Angst stieg in ihr auf, als die Frau einen Augenblick die Rückenlehne umfasste und den Kopf senkte. Vielleicht hatte sie der Streit von eben beunruhigt, oder sie dachte nach, was sie als Nächstes tun sollte.
    Noch schlimmer, Marnie hatte keine Ahnung, welche Reaktion sie sich von Julia eigentlich wünschte. Es wäre vielleicht für alle leichter, wenn sie Andrew und sie wieder verstoßen würde.

11. KAPITEL
    E ndlich wandte Julia sich zu ihr um. Ihr Blick war seltsam abwesend, als würde sie noch immer übers Meer in weite Ferne sehen. Sie ging auf Marnie zu und streckte ihre Hand aus.
    Marnie zuckte leicht zusammen, nicht sicher, was sie erwartete, doch Julia ließ sich nicht beirren. Sie streichelte Marnies Gesicht vorsichtig mit den Fingerspitzen, fuhr sanft über die Wangenknochen und über die Augenbrauen, während sie sie die ganze Zeit merkwürdig entrückt betrachtete.
    “Natürlich bist du meine Tochter”, sagte sie schließlich. “Habe ich jemals daran gezweifelt? Du siehst genauso aus wie ich. Jetzt sogar noch mehr als früher, finde ich.”
    Ein kurzes Lächeln ließ ihre Gesichtszüge weicher erscheinen. Sie wirkte fast liebevoll, und eine seltsame Empfindung, etwas wie Dankbarkeit stieg in Marnie auf. Natürlich war es vor allem die Erleichterung, aber auch etwas anderes. Sie hatte schon lange keine Zärtlichkeit mehr von einem anderen Menschen erfahren.
    “Danke”, flüsterte sie mit einem leicht mulmigen Gefühl.
    “Sei nicht albern. Komm mal mit.” Julia führte sie ins Schlafzimmer, wo ein eleganter dreiteiliger Spiegel stand. “Sieh uns beide doch an”, sagte sie. “Die Ähnlichkeit ist verblüffend, findest du nicht?”
    Marnie nickte. Sie wagte nicht zu widersprechen, obwohl sie selbst kaum Ähnlichkeit zwischen ihnen erkennen konnte. Sie waren beide nicht blond, sondern dunkelhaarig, auch wenn Julias schwarzer Schopf wahrscheinlich aus der Tube stammte – und ihre Knochenstruktur war ähnlich. Ja, es bestanden unbestreitbar ein paar Gemeinsamkeiten. Doch Marnies Gesichtsausdruck war eher zurückhaltend, während ihr naturgewelltes Haar schwer zu bändigen schien. Ganz offensichtlich besaß sie kein Modeverständnis, die Frau neben ihr wäre hingegen zwischen perfekt gestylten Schaufensterpuppen kaum aufgefallen. Alles an Julia wirkte makellos – ihr Make-up genau wie ihr Haar, das immer an der richtigen Stelle saß.
    Doch es gab tatsächlich etwas in Julias perfekten Zügen, das Marnie sehr vertraut vorkam.

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