Das Arrangement
Marmorplatte bedeckten Schreibtisch vor dem Balkon, von dem aus man das Meer überblicken konnte. Das war tatsächlich der Raum, den sich die viel jüngere Marnie damals vorgestellt hatte. Das Innendekor erinnerte sie an eine mediterrane Luxusvilla. Weitläufig und elegant, überall Säulen und Bögen. Wenn sie auf den glänzenden Marmorboden blickte, wurde ihr fast schwindlig.
Bret saß zurückgelehnt in einem Sessel, die Füße auf dem Schreibtisch seiner Mutter, wahrscheinlich, um sie zu ärgern. Keiner der beiden hatte Marnie, die noch hinter ihnen an der Tür stand, bemerkt.
Julia kritzelte ein paar Notizen auf ihren Block. “Daran sollte besser kein Zweifel bestehen”, erwiderte sie. “Ich plane nämlich für das kommende Wochenende einen nachträglichen Hochzeitsempfang für sie und Andrew. Das wollte ich ihnen heute Abend beim Dinner sagen.”
Marnie konnte nicht glauben, was sie da hörte.
Bret schien ebenso erstaunt zu sein. “Du schmeißt eine Party für die beiden? Ich würde sie an deiner Stelle nicht auf die Gesellschaft loslassen. Das wäre ja schrecklich.”
Julia sah von ihren Notizen auf. “Was willst du damit sagen?”
“Sie ist doch peinlich. Hast du gesehen, wie sie ihr Glas beim Dinner gehalten hat? Das war ein 1996er Chevalier Montrachet, und sie hatte ständig die Finger um den Kelch, sodass der Wein ganz warm wurde. Alison hätte so was nie getan”, betonte er. “Und sie war auch nicht so verklemmt und verängstigt. Sondern hat sich verhalten wie eine richtige Fairmont.”
Julia legte den Füller zur Seite. “Das ist doch verrückt. Glaubst du ernsthaft, Andrew würde eine Hochstaplerin ins Haus bringen? Ihm ist doch klar, dass ich in dem Fall sofort die Polizei rufen würde. Er wäre dann nämlich der Erste, den man verdächtigen würde, ihr was angetan zu haben.”
Marnie fragte sich gerade, ob sie es schaffen könnte, ungesehen wieder hinauszugehen.
Da wirbelte Bret herum, der ihre Anwesenheit wohl gespürt haben musste. “Hast du gelauscht? Was hast du denn alles mitbekommen, du hinterhältiges kleines Miststück?”
“Ich habe nicht gelauscht, sondern stand hier sichtbar für jeden. Und mitbekommen habe ich alles, was du über mich erzählt hast, du hinterhältiger Mistkerl!”
Marnie sah ihn wütend an. Sie hatte Bret noch nie ausstehen können. Er war einfach nur ein eingebildeter Lackaffe, der sich schon damals immer zu gut für die “normalen” Leute in Mirage Bay gefühlt hatte. Damals hatte sie sich oft vorgestellt, ihm einfach mal den Stinkefinger zu zeigen, aber auf ihn loszugehen und ihm eine zu verpassen, war ihr nie in den Sinn gekommen.
Warum eigentlich nicht?
Bret wich noch nicht einmal aus. Vielleicht war er zu überrascht, als Marnie auf ihn zukam und ihm mit der flachen Hand ins Gesicht schlug.
Das laute Klatschen war äußerst befriedigend. Marnie spürte die feurige Hitze in ihren Fingern und wusste, dass sie ihm wehgetan hatte. Ihre Hand brannte.
Bret berührte die hellroten Striemen ihrer Finger auf seinem Gesicht. “Du dumme Fotze”, flüsterte er. “Ich wünschte bei Gott, dass du ertrunken wärst.”
Julia sprang auf und warf fast ihren Stuhl dabei um. Sie stellte sich zwischen die beiden Kampfhähne, wie eine Mutter, die es schon gewohnt war, den Streit ihrer Kinder zu schlichten.
“Bret, denk nicht einmal daran, zurückzuschlagen”, warnte sie ihren Sohn. Sie umfasste seine Faust und schob sie weg.
Er knurrte frustriert. “Himmel noch mal, beschützt du sie immer noch, nachdem sie dich im Stich gelassen hat? Was willst du denn, verdammt noch mal?
Ich
bin der treue Sohn, das einzige Kind, das dir nicht den Rücken gekehrt hat, aber das interessiert dich wohl einen Scheiß, was?”
Bret gab Julias Stuhl einen heftigen Stoß und marschierte aus dem Zimmer. Marnie spürte eine solche Feindseligkeit von ihm ausgehen, als er an ihr vorbeistürmte, dass ihr Puls wie verrückt hämmerte. Sie musste sich vor diesen Leuten vorsehen. Das war ihr noch nie so deutlich geworden wie jetzt.
Julia wurde ganz still und blickte zum Ozean hinaus. Marnie wusste nicht, was sie tun sollte. Sie trat von einem Bein aufs andere und war schon drauf und dran, ebenfalls zu gehen, als Julia sich zu ihr umdrehte. “Wo willst du hin?”, fragte sie. “Komm her zu mir und lass mich dich ansehen.”
Marnie hob den Kopf und sammelte all ihren Mut zusammen. Sie fühlte sich wie eine Marionette, als sie zu Julia hinüberging. Ihr Top und die Jeans saßen
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