Das Arrangement
umzusehen. Sie hätte sich jederzeit damit herausreden können, dass sie etwas trainieren wollte. Doch nun hatte sie andere Pläne. Sie würde sich nicht nur aus dem Zimmer wagen, sondern aus dem Haus. Andrew schien nicht bereit, über seine Nachforschungen zu sprechen, also hatte Marnie beschlossen, auf eigene Faust ein paar Erkundigungen einzuziehen. Beginnend mit dem Hauptgrund, weshalb sie überhaupt zugestimmt hatte, nach Mirage Bay zu kommen.
Woran Marnie sich sofort wieder erinnerte, als sie aus dem Wagen stieg, war die Hitze. An diesem Februarnachmittag war es quälend heiß und sehr trocken gewesen. Die Luft hatte von den Waldbränden auf den Bergen nach versengtem Land gerochen, und der heiße Sand, den die Devil Winds hereingebracht hatten, brannte sich in ihre Haut.
Doch die dichte Eiche hinter Grammas Cottage war kühl, dunkel und üppig grün, und der Tidesee glatt wie ein Spiegel. Nur ein spindeldürres Wesen, eine Schnake, glitt über die Wasseroberfläche und störte die unheimliche Ruhe.
Die Flut würde erst zum Abend genug Wasser zum Schwimmen hereingeschwemmt haben, doch Marnie konnte nicht warten. Sie würde sich wie ein Seehund auf dem Rücken treiben lassen. Das dünne Leinenhemd, das sie an so glühend heißen Tagen wie diesem gerne trug, streifte sie ab, ohne sich darüber Gedanken zu machen, ob sie unbeobachtet war …
Das Geräusch einer Autotür, die zugeschlagen wurde, riss Marnie in die Gegenwart zurück. Sie hatte die Tür selbst geschlossen. Dies war ihr Zuhause.
Sie schlug sich mit der Faust gegen die Brust, und Tränen stiegen ihr in die Augen, trotz ihres angestrengten Versuchs, sie zurückzuhalten. Sie hatte geglaubt, diesen Ort nie wiedersehen zu können. Das alte Zedernholzhaus, in dem sie aufgewachsen war und das immer noch so aussah, als würde es jeden Moment einstürzen. Die vordere Veranda war an einer Seite ein paar Zentimeter heruntergesackt, und das Vordach neigte sich in der Mitte wie ein Sonnensegel. Wahrscheinlich Termiten. Sie fraßen sich bereits durch dieses Gebäude, solange sich Marnie nur erinnern konnte.
Aber dieses Cottage hätte auch nur aus einem Haufen verrottender Holzplanken bestehen können und wäre für Marnie doch immer noch der schönste Anblick von allen gewesen. Sie verband mit ihm Erinnerungen an die besten und sorglosesten Tage ihrer Kindheit. Nichts hatte sich verändert, seit sie diesen Ort verlassen hatte. Nur sie selbst. Sie war auch einmal unschuldig gewesen.
Sie hatte versprochen, sich nicht mit ihrer Großmutter zu treffen, doch sie hatte nicht gesagt, dass sie dem Cottage fernbleiben würde, und jetzt war niemand hier.
Marnie lief auf die Veranda zu, der Staub wirbelte unter ihren Sandalen auf. Die Luft an diesem Morgen roch bereits nach der Hitze, die der Tag bringen würde. Die sengende Sonne hatte den Lehmweg in eine Staubwüste verwandelt, und die hölzerne Veranda knarrte, bevor Marnie einen Fuß darauf gesetzt hatte. Sie liebte heiße Sommertage, selbst wenn sie einen austrockneten wie eine Rosine.
Als sie plötzlich ein Lachen aus dem Inneren des Hauses hörte, hielt sie kurz inne. Es klang nicht nach ihrer Großmutter. Sie stieg langsam die Treppe hoch und bemerkte, dass die Tür nur angelehnt war. War jemand ins Haus eingebrochen?
Sie wurde wütend. Was konnte Gramma Jo schon besitzen, das für irgendjemanden von Interesse wäre? Sie war alt und arm. Es machte Marnie rasend, dass die Schwächsten ständig Angriffsziel wurden, nur weil sie sich am wenigsten verteidigen konnten. Das war fürchterlich und unmenschlich.
Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und wägte ihre Möglichkeiten ab. Sie sollte jetzt nichts Unüberlegtes tun. Vielleicht befand sich ihre Großmutter zusammen mit dem Eindringling im Haus. Allerdings bezweifelte Marnie dies. Jemand hatte ihre Abwesenheit ausgenutzt, um ins Haus zu gelangen.
Sie schlich über die ächzende Veranda zur Tür. Als sie einen Blick durch die schmale Öffnung warf, erkannte sie schockiert, dass es sich bei den Eindringlingen um einen Mann und eine Frau handelte, die in einer heißen Umarmung gefangen waren. Der Mann stand mit dem Rücken zur Tür und bedeckte die Frau fast völlig, sodass Marnie keinen von beiden erkennen konnte. Sie drückten sich an die hintere Wand der Hütte und küssten sich leidenschaftlich. Sie waren noch immer angezogen, doch das sollte nicht mehr lange so bleiben. Er hatte ihre Bluse aufgeknöpft, und sie zerrte hektisch an seinen
Weitere Kostenlose Bücher