Das Arrangement
Rebecca völlig verwirrt verkrochen hatte.
Marnie nahm eine glänzende unbenutzte Tasse und schwenkte sie in Rebeccas Richtung. “Kann ich dir etwas Kaffee einschenken, wenn ich schon hier stehe?”
Rebecca sah aus, als wage sie nicht, darauf zu antworten.
Julia schnaufte und legte die Melonenscheibe wieder weg, offensichtlich nicht in der Lage, in Gegenwart solcher Schwachsinnigen zu essen. Sie nahm ihren Kaffee und ging zum Fenster, wo Marnie zuvor gestanden hatte.
Das alles überraschte Marnie nicht besonders. Andrew hatte sie bereits darauf vorbereitet – und nun erlebte sie es selbst –, dass Julia trotz ihres tadellosen Benehmens in der Öffentlichkeit privat eine richtige Hexe sein konnte. Wenn sie schlecht gelaunt war, fluchte sie wie ein Seemann und beleidigte jeden, der ihr gerade in die Quere kam. Rebecca schien unglücklicherweise ihre ständige Zielscheibe zu sein. Nie konnte sie etwas recht machen. Mit Bret schien es genauso zu sein. Nur Alison war offensichtlich vor Julias Anfeindungen gefeit. Obwohl sie wegen ihrer Heirat mit Andrew von ihrer Mutter verstoßen worden war, schien sie irgendwie eine Sonderstellung bei ihr zu haben.
Als sie ihn einmal darauf ansprach, schwor Andrew, auch keine Erklärung dafür zu haben. Er sei nicht einmal sicher, dass die wahre Alison den Grund für Julias Verhalten gekannt habe. Jedenfalls war es eine konfliktreiche und außerordentlich komplizierte Mutter-Tochter-Beziehung.
Marnie kam zum Tisch zurück, ein Apfelcroissant in der Hand.
“Ich muss ein bisschen Sport treiben nach all dem Essen und Alkohol gestern Abend”, sagte Julia. “Habt ihr Mädchen nicht Lust, mit mir heute in den Fitnessraum zu gehen? Wir strampeln uns die Kalorien herunter, und fühlen uns danach alle besser.”
Sie schenkte Marnie und Rebecca ein breites Lächeln, offenbar bereit, ihnen zu vergeben, wenn sie sich im Gegenzug mit ihr im Fitnessraum marterten. Zweifellos wäre es für Julia auch eine wunderbare Gelegenheit, ihr Können an den Geräten vorzuführen.
Marnie biss in ihr Croissant und antwortete noch beim Kauen, entschlossen, den Widerstand zu zeigen, von dem Rebecca nur träumen konnte. “Tut mir leid, kann nicht”, sagte sie. “Ich muss den BMW ausleihen, um ein paar Besorgungen zu machen.”
Julia brachte ein vornehmes Schulterzucken zustande. “Natürlich, meine Liebe. Du kannst den Wagen nehmen, wann immer du möchtest. Das weißt du ja. Wie sieht es mit dir aus, Rebecca? Ein bisschen Training würde uns beiden guttun, oder?”
Marnie biss schnell noch einmal ab. Ansonsten hätte sie eine Bemerkung darüber gemacht, was der widerwärtigen Julia noch so alles guttun könnte.
Rebecca lächelte verlegen und entschuldigte sich. “Ich erwarte einen Anruf von deinem Steuerberater. Es gab eine Nachfrage vom Finanzamt, die man nicht aufschieben kann. Aber ich werde später den Fitnessraum im zweiten Stock benutzen. Ich war vor Kurzem schon mal da oben. Danke für den Vorschlag.”
Bei der Erwähnung des zweiten Stocks wurde Marnie plötzlich bewusst, dass diejenige, die gestern den Pflanzenkübel heruntergestoßen hatte, jetzt hier im Raum sein konnte. Sie war sich sicher, dass es eine Frau war, und auch wenn zahlreiche weibliche Gäste auf der Party gewesen waren, ihre beiden Gegenüber wohnten hier und kannten sich in der Villa gut aus.
Irgendwie konnte sie sich nicht vorstellen, dass Julia mit Tontöpfen warf. Sie hatte bestimmt viel effektivere Methoden, sich ihrer Feinde zu entledigen, zum Beispiel sie in Grund und Boden zu beleidigen. Und Rebecca schien ihr kaum der boshafte Typ zu sein, aber wer wusste das schon?
“Wirklich lecker, der Bagel, danke, Rebecca”, sagte Marnie und nahm nachdrücklich ihr benutztes Geschirr mit, als sie vom Tisch aufstand, in der vergeblichen Hoffnung, Julia auf diese Weise verständlich zu machen, dass Rebecca ihre Assistentin war und nicht ihre Sklavin.
Als Marnie ihr Geschirr neben das Waschbecken stellte, fragte sie sich, was Andrew wohl bei seinen Recherchen im zweiten Stock gefunden haben mochte, wenn er überhaupt fündig geworden war. Sie hatte so getan, als schliefe sie bereits, als er letzte Nacht zurückgekommen war. Ein dummes Verhalten, wie sie jetzt fand, aber sie war sich zu dem Zeitpunkt immer noch nicht klar gewesen, ob sie ihm trauen konnte.
Heute Morgen hatte sie ihn nicht mehr getroffen, doch sie würde ihn auf jeden Fall zur Rede stellen, sobald er zurückkam. Sie war ebenfalls oben gewesen, um sich
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