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Das Aschenkreuz

Das Aschenkreuz

Titel: Das Aschenkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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Zum Pilger stehen blieb, zögerte sie. Vielleicht sollte sie die ganze Sache besser vergessen. Alles in ihr sträubte sich, Achaz zu begegnen. Plötzlich schämte sie sich für ihre Vergangenheit und vor allem dafür, dass sie sich ihm damals in Konstanz so unverhohlen angeboten hatte. Und dann auch noch abgewiesen worden war!
    Als sie daran zurückdachte, stieg unwillkürlich Zorn in ihr auf. Kurz entschlossen ließ sie den Türklopfer gegen das Holz krachen.
    «Kannst mich jetzt allein lassen, Barnabas. Vielleicht findest du Grethe auf der Marktgasse. Sie wollte zuerst zur Brotlaube. Von ihr bekommst du dann auch deinen Lohn.»
    Der Zwerg gehörte zwar zu den Freiburger Hausarmen und war somit Besitzer eines städtischen Bettelbriefes, doch zum Betteln war er zu stolz. Lieber bot er rundum seine Handlangerdienste an, bevorzugt den guten Schwestern der Freiburger Regelhäuser und Sammlungen, und an Sonn- und Feiertagen war er so manches Mal als Kostgänger bei ihnen zu Gast. Mönchen und Weltgeistlichen hingegen konnte er recht respektlos begegnen, so wie er überhaupt darauf beharrte, nicht nur den gemeinen Mann, sondern auch Ratsherren und Amtspersonen zu duzen.
    «Nur ungern lass ich dich gehen – ein Fremder ist der Stadtarzt noch, und ich weiß nicht, wer in seinen Kleidern steckt.» Der Blick aus seinen kleinen dunklen Äuglein funkelte fast böse.
    Serafina gab ihm einen Klaps auf die Schulter. «Darum brauchst du dich nicht zu kümmern. Jetzt geh schon.»
    Von drinnen hörte sie schlurfende Schritte, und eine ältliche Magd öffnete ihr.
    «Gott zum Gruße, gute Frau. Ist der Stadtarzt zu Hause?»
    «Wer seid Ihr?», fragte die Magd ohne Gegengruß und auch nicht allzu freundlich.
    «Schwester Serafina von Sankt Christoffel.»
    «Wartet hier. Ich geh ihn holen.»
    Barhäuptig und nur mit einem leichten Hausrock bekleidet erschien kurz darauf Adalbert Achaz. Seine ernste Miene hellte sich auf, als er Serafina erkannte.
    «Schwester Serafina! Das ist ja eine freudige Überraschung.»
    «Wartet erst ab, was ich Euch zu sagen habe.»
    Sie blickte sich nach rechts und links um, ob auch niemand in der Nähe war, dann trat sie ohne zu zögern in die kleine Diele und verschloss die Tür hinter sich.
    «Sind wir hier ungestört?»
    «Ihr seid doch wohl nicht zu einem Stelldichein mit mir gekommen?», fragte er belustigt zurück.
    «Spart Euch Eure Scherze, Achaz. Es geht um Hannes Pfefferkorn.»
    «Die Magd ist oben in der Küche, ansonsten lebe ich allein hier.» Er deutete auf eine offen stehende Tür. «Gehen wir in die Stube.»
    Der Raum, in den er sie führte, nahm fast das gesamte untere Stockwerk ein und wirkte wie eine Mischung aus Wohnstube und ärztlichem Laboratorium. Neben Tisch und Bank fand sich eine große Reisetruhe, auf einem breiten Bord an der Wandseite waren allerlei medizinische Gerätschaften und Feinwaagen abgestellt. Gleich neben der Tür stand ein dicht bestücktes Bücherregal, das fast bis unter die Decke reichte. Nie zuvor hatte Serafina so viel Gelehrtheit auf einem Fleck gesehen.
    Die beiden weitgeöffneten Fenster wiesen zum Hof hinaus, der über und über mit Grünpflanzen überwuchert war. Hier müsste mal ein kräftiger Schnitt vorgenommen werden, dachte Serafina. Ansonsten war sie mehr als erstaunt, wie penibel alles aufgeräumt war. Die Phiolen, Uringläser und irdenen Tiegel waren alle im genau gleichen Abstand aufgereiht, nirgends war ein Staubkörnchen zu finden, und auch sonst stand oder lag nichts herum, was woanders hingehört hätte. Wie ungewöhnlich für eine Männerwirtschaft. Unwillkürlich fragte sie sich, warum Adalbert Achaz in Ehelosigkeit lebte. Schließlich war er, wie sie immer noch fand, als Mannsbild eine durchaus beeindruckende Erscheinung.
    Sie ertappte sich dabei, wie sie Achaz von oben bis unten musterte, und er wirkte plötzlich mehr als verlegen, als er jetzt die Tür hinter ihnen schloss.
    «Setzt Euch doch.» Er wies auf die Bank und rückte ein Sitzkissen zurecht.
    Serafina winkte ab.
    «Ich habe etwas herausgefunden», begann sie ohne Umschweife und berichtete von ihrem Versuch im Garten.
    Achaz unterdrückte ein Schmunzeln, nachdem sie geendet hatte. «Euer armer Wendelin.»
    «Ihr verkennt den Ernst der Sache», gab sie scharf zurück. «Alles weist darauf hin, dass jemand den Jungen gemeuchelt hat. Jetzt frage ich Euch: Wäre Hannes aus großer Höhe herabgesprungen, wie es Nidank und der Wundarzt annehmen, hätte er sich dann nicht das Genick

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