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Das Aschenkreuz

Das Aschenkreuz

Titel: Das Aschenkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
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wahrscheinlich hast du das längst getan.»
    Wütend funkelte sie ihr Gegenüber an. Dann sprang sie vom Bett auf.
    «Weißt du, wie man bei uns auf dem Dorf immer gesagt hat: Wer hinter meinem Rücken redet …» Sie machte auf dem Absatz kehrt und drehte ihr den Hintern zu. «… der redet mit meinem Arsch!»
     
    Wie stets, wenn der Ärger mit ihr durchgegangen war, tat es Serafina am nächsten Tag schon wieder leid. Sie war ein geselliger Mensch, verstand es eigentlich, noch mit den schrulligsten Leuten umzugehen. Andrerseits hatte Heiltrud ihre Schelte verdient. Warum nur war sie manchmal so gehässig? Sie selbst war von Anfang an freundlich gegen diese Frau gewesen, auch wenn ihr deren verhärmtes, jammervolles Getue oftmals gehörig gegen den Strich ging.
    «Wollen wir nicht wieder Frieden schließen?», fragte sie sie, als sie gemeinsam auf dem Heimweg von der Frühmesse waren. Doch Heiltrud schwieg. Offenkundig gehörte sie zum nachtragenden Teil der Menschheit. Dann eben nicht, dachte Serafina und beschloss, ihre Mitbewohnerin fortan in Ruhe zu lassen.
    Dann aber, wenige Tage nach ihrem Streit, geschah etwas, was dem Fass den Boden ausschlug. Heiltrud schien tatsächlich in ihren Sachen herumzuschnüffeln! Jede von ihnen hatte in ihrer kleinen Schlafkammer eine Truhe für den persönlichen Besitz stehen. Bei Serafina befand sich, neben Wäsche und Kleidung, nicht allzu viel darin, da man ihr ja auf der Reise hierher bis auf das Täschchen mit den Wertsachen alles gestohlen hatte. So waren es nur drei Briefe, die sie aufbewahrte, ein Glücksstein aus ihrer Kindheit und ein Paar große goldene Ohrringe, die sie hin und wieder im Haus Zum Blauen Mond getragen hatte. Dazu einige Kleinigkeiten, die sie hier in Freiburg erworben oder gefunden hatte.
    Zweimal schon hatte sie den Eindruck gehabt, dass sich jemand an ihrer Truhe zu schaffen machte. Einmal lag die Wäsche anders zusammengefaltet als zuvor, einmal fand sich das Andachtsbildchen ihrer Lieblingsheiligen Barbara um ein Stückchen verrückt an anderer Stelle. Sie fragte sich, ob sie sich das alles nur einbildete, doch dann waren plötzlich die goldenen Ohrringe verschwunden!
    «Warst du an meinen Sachen?»
    Heiltrud, die mit einem Korb frischgewaschener Leintücher auf dem Weg in die Stadt war, hielt auf der Türschwelle inne. Ohne sich umzudrehen, fragte sie zurück: «Bist du von Sinnen?»
    «Sieh mich an. Warst du an meinen Sachen? Es fehlt nämlich was.»
    «Das wirst du wohl selbst verlegt haben, schusselig, wie du manchmal bist. Ich muss los, die Villingers warten auf ihre Wäsche.»
    Ohne ein weiteres Wort eilte sie davon.
    Am selben Tag noch wurde Serafina zur Meisterin gerufen. Sie hatte gleich ein ungutes Gefühl, als sie deren winzige Schreibstube betrat. Für gewöhnlich wurden alle Dinge offen beim Morgenmahl besprochen.
    «Schließ bitte die Tür hinter dir, Serafina.»
    Serafina gehorchte und blickte die Meisterin fragend an. «Was gibt es?»
    «Ich weiß, dass du und Heiltrud euch nicht besonders grün seid.»
    «Das liegt nicht an mir, Mutter Catharina.»
    «Darüber mag ich nicht entscheiden. Jedenfalls war Heiltrud heute bei mir. Sie war ziemlich aufgelöst.»
    Serafina spürte, wie ihr abwechselnd heiß und kalt wurde.
    «Nun, sie traut dir nicht und hat aus diesem Grund etwas getan, was ich als Meisterin zutiefst missbillige. Da sie sich mir aber gleich anvertraut hatte, will ich von einer Strafe absehen. Das hier …» Sie zog Serafinas Ohrringe aus der Rocktasche. «… hat sie in deiner Truhe gefunden und mir überbracht. Kannst du mir vielleicht eine Erklärung geben, wie du als einfache Dienstmagd zu solchem Schmuck gekommen bist?»
    Entgeistert starrte Serafina auf die Ohrringe. War jetzt alles aus? Nicht nur, dass sie hierfür keine einer anständigen Frau gemäße Erklärung hatte – nein, es war auch ein grober Verstoß gegen die Regel, dass alle Schwestern, ob arm oder reich, unter denselben Bedingungen leben sollten. Was nichts anderes hieß, als dass man sein persönliches Vermögen, sofern es nicht beim Eintritt als Mitgift in die Gemeinschaft floss, der Meisterin in Obhut zu übergeben hatte. Sollte man eines Tages das Haus verlassen, erhielt man es bis auf einen geringen Anteil zurück, beim Tod indessen ging es in den Besitz der Schwesternsammlung über. Darüber hinaus verlor man sein Anrecht darauf, falls man wegen schwerer Vergehen wie Ungehorsam gegen die Meisterin, Unkeuschheit oder auch Glücksspiel aus der

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