Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Aschenkreuz

Das Aschenkreuz

Titel: Das Aschenkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Fritz
Vom Netzwerk:
in Richtung der Vogelscheuche. Vorsichtig sammelte sie das, was davon übrig war, auf und humpelte damit zum Geräteschuppen.
    Den armen Wendelin würde sie, ehe Catharina es bemerkte, wieder zusammenflicken müssen, denn eine vernünftige Erklärung für dessen Zustand hätte sie nicht gehabt. Weitaus mehr aber machte ihr zu schaffen, was sie soeben herausgefunden hatte. Irgendein Erzbösewicht musste den jungen Hannes erst hinterrücks erschlagen und hernach aufgeknüpft haben, und der Einzige, der ihr hierzu einfiel, war dessen Bruder Diebold.

[zur Inhaltsübersicht]
    Kapitel 9
    N ur vier Eier heute.» Serafina stellte das Körbchen auf den Tisch. «Sie legen schlecht derzeit.»
    Sie war die Erste, die zum Morgenessen in der Gemeinschaftsstube erschien. Der schlichte, helle Raum im Erdgeschoss diente den Schwestern zugleich als Refektorium, als Versammlungsraum und mit seinem kleinen Marienaltar zur Andacht. Serafina knurrte hörbar der Magen. Sie und die anderen Frauen hatten bereits, wie üblich, die Frühmesse besucht und anschließend verschiedene Putz- und Hausarbeiten verrichtet. Ihr selbst oblag die Aufgabe, jeden Morgen im Hof die beiden Ziegen und die Hühner zu versorgen.
    «Das ist, weil das Wetter umschlägt.»
    Grethe drückte ihrer Freundin einen Stapel Löffel und Trinkbecher in die Hand, die Serafina auf dem Tisch verteilte, und verschwand mit den Eiern nach nebenan in die Küche.
    «Heute ist doch Markttag», rief Serafina ihr hinterher. «Hast du viel einzukaufen?»
    «Jetzt sag bloß! Willst mich also begleiten? Grad hab ich mich an den Barnabas gewöhnt.»
    Serafina grinste. «Wie du siehst, kann ich wieder richtig laufen.»
    Nachdem sie zwei Tage zuvor nach ihrem Sturz im Garten nach Hause gehumpelt kam, hatte sie den anderen erzählt, sie sei bei dem Versuch, die ersten Kirschen zu kosten, von der Kiste gestürzt und hatte damit ein fröhliches bis schadenfrohes Gelächter geerntet.
    «Außerdem muss ich mal wieder unter die Leute.»
    «Da bin ich aber froh!» Augenzwinkernd zog Grethe sie in ihre Arme.
    Wenig später saßen die sechs Frauen um den Tisch versammelt und ließen sich nach einem gemeinsamen Gebet die Brotsuppe schmecken. Es war ein einfaches Gericht, aber es duftete herrlich nach Zwiebeln, Lauch und frischem Liebstöckel. Grethe verstand wahrhaftig ihre Kunst, und Serafina dachte einmal mehr an die nachlässig zubereitete Kost, die ihnen im Konstanzer Frauenhaus immer vorgesetzt worden war. Sie liebte dieses Morgenmahl, bei dem sich die Schwestern, anders als beim schweigenden Abendessen, zwanglos unterhielten, lachten und tratschten. Nach dem Dankgebet dann pflegte sich die Meisterin zu erheben und zu fragen: «Was steht an für den heutigen Tag?»
    So auch an diesem Morgen. Als Catharina erfuhr, dass Serafina ihre Freundin beim Einkaufen begleiten wollte, runzelte sie die hohe Stirn. Vielleicht war die Meisterin nicht gerade bildschön zu nennen mit ihren breiten Wangenknochen, aber sie hatte etwas in ihrem sanften, offenen Blick, das jedermann sofort Vertrauen einflößte. Vor allem wenn sie lächelte oder lachte – und das tat sie gerne und oft. Dann zeichneten sich zwei tiefe Grübchen in ihren Wangen ab.
    «Eigentlich wollte ich mit dir eine Runde durch den Garten machen und vielleicht schon mal einen Korb Kirschen ernten», sagte sie nun, und in ihrer Stimme schwang fast so etwas wie Enttäuschung mit. Wie ein Befehl klang es jedenfalls nicht, denn dann wären laut ihrer Hausregel keine Widerworte erlaubt.
    Serafina warf Grethe einen flehenden Blick zu, woraufhin diese die Augen verdrehte. Sie hatte der Freundin als Einziger von ihrem Versuch mit Wendelin berichtet, auch davon, dass sie nun endgültig überzeugt war, Hannes sei ermordet worden. Was bei Grethe nichts weniger als blankes Entsetzen hervorgerufen hatte. Zum Richten der Vogelscheuche waren sie indessen noch nicht gekommen.
    «Was habt ihr beiden nur?», setzte die Meisterin nach.
    «Nun ja», erwiderte Serafina lahm. «Können wir das nicht auf morgen verschieben? Ich wollte noch bei Gisla vorbei, wegen der Heilkräuterpflanzen. Sie hat doch donnerstags immer ihren Stand auf dem Markt.»
    Sie war froh, dass ihr das gerade noch eingefallen war.
    Nach einem kurzen Zögern nickte Catharina. «Gut, verschieben wir es auf morgen.»
    Erleichtert machte sich Serafina daran, den Tisch abzuräumen und Grethe beim Abwasch zu helfen. Jetzt war es an Grethe, die Stirn zu runzeln.
    «Das bedeutet, dass wir gleich nach

Weitere Kostenlose Bücher