Das Aschenkreuz
Sammlung ausgeschlossen wurde.
Das alles schwirrte Serafina im Kopf herum, als sie mit heiserer Stimme erwiderte: «Glaub mir, Mutter Catharina, ich wollte unserer Schwesternschaft mit diesen Ohrringen nichts unterschlagen. Sie sind mir ein Andenken an frühere Zeiten, nichts weiter. Ich glaube nicht einmal, dass das Gold sehr viel wert ist …»
«Darum geht es mir nicht, auch wenn es ein Verstoß gegen die Regel darstellt. Ich möchte vielmehr wissen, ob du uns etwas verschweigst.»
Serafina begann zu stottern. «Ach, Mutter Catharina – gewiss ist in meinem Leben einiges … einiges nicht in geregelten Bahnen verlaufen … Anders als bei euch allen vielleicht …»
Dann riss sie sich zusammen. Mit festem Blick sah sie der Meisterin in die Augen.
«Aber ich habe niemals gestohlen oder betrogen. Und hier bei euch fühle ich mich erstmals wirklich zu Hause, bin bereit, alles zu tun, mich in die Gemeinschaft einzufügen und unserer Bestimmung zu dienen. Ich bitte dich, Mutter Catharina: Nimm mich an, so wie ich hier vor dir stehe, und vertrau auf meinen Willen, als Arme Schwester mit euch zu leben.»
«Damit bittest du um einiges Vertrauen.»
«Ich weiß.»
Catharina nahm die Ringe und legte sie in eine verschließbare Schatulle. Ihr strenger Ausdruck wurde wieder milder. «Der Schmuck bleibt, wie es unsere Ordnung vorsieht, in meiner Obhut als Meisterin. Falls du noch etwas Wertvolles in deinem Besitz haben solltest, so sag es mir jetzt.»
«Nein, Meisterin, da ist sonst nichts mehr. – Heißt das, ich darf bleiben?»
«Zumindest für die Zeit der Probe von drei Monaten. Wie alle Neuen hier.»
«Danke.»
«Ich erwarte allerdings, dass du dich mit Heiltrud zusammenraufst. In unserem Hause leben wir in Frieden miteinander. Ich weiß, Heiltrud ist mitunter schwierig im Umgang, dazu Fremden gegenüber zutiefst misstrauisch. Aber ihr ist im Leben, bevor sie zu uns kam, nicht viel Gutes widerfahren. Schon als junges Ding hat sie bei einer Feuersbrunst ihre Mutter und ihren älteren Bruder verloren, musste dann die jüngeren Geschwister ganz allein aufziehen. Auch später hatte sie nicht allzu viel Glück gehabt. Sei also nachsichtig mit ihr und versuche, dein Herz für sie zu öffnen. Im Übrigen habe ich auch Heiltrud ernstlich ermahnt wegen ihrer Eigenmächtigkeiten. Und ihr untersagt, hinter deinem Rücken weiterhin irgendwelche Gerüchte in die Welt zu setzen.»
Serafina wollte sich schon zur Tür wenden, als die Meisterin sie zurückhielt.
«Da ist allerdings noch etwas, von dem ich annehme, dass es
kein
Gerücht ist. Du warst ohne Begleitung im Hause des Stadtmedicus, den du ja offenkundig von früher kennst.»
Serafina biss sich auf die Lippen. Dieses Miststück! Heiltrud hatte also wahrhaftig alles umgehend der Meisterin zugetragen.
«Das ist richtig», antwortete sie leise. «Ich wollte mit ihm noch einmal über die arme Familie Pfefferkorn sprechen.»
«Auch wenn dem so sei – für uns Schwestern ist es ganz und gar ungebührlich, sich allein mit Männern zu treffen. Die nächste Zeit wirst du nur noch in Begleitung ausgehen.» Eindringlich sah die Meisterin sie an. «Dir ist es doch ernst mit dem gottgefälligen Leben als Schwester?»
Serafina fühlte sich mehr als unbehaglich unter diesem Blick. «Es ist mir ernst.»
Zu ihrer Erleichterung war die Unterredung damit beendet. Was indessen Heiltrud betraf, würde es ihr schwerfallen, ein offenes Herz für diese Verräterin zu finden.
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Kapitel 11
D ie nächsten Tage fragte sie sich oft, warum ihr Leben hier in Freiburg plötzlich so durcheinandergeraten war. Dabei war doch alles so trefflich angelaufen – bis zu jenem Morgen, als Barnabas sie zu Hannes’ Leichnam geführt und dieser Medicus ihren Weg gekreuzt hatte. Hätte das Schicksal nicht ein Einsehen haben können und sie unbehelligt ihrer neuen Aufgaben als Begine gerecht werden lassen? Auf einmal sah sie sich in eine Sache verwickelt, die sie eigentlich nichts angehen durfte, und doch wartete sie Stunde um Stunde ungeduldig auf Nachricht von Adalbert Achaz, die indessen nicht eintraf.
Dabei ließ ihr der Gedanke, Hannes könnte von seinem eigenen Bruder erschlagen worden sein, keine Ruhe mehr. Was für ein Mensch war Diebold Pfefferkorn? Wäre er tatsächlich in der Lage, im Zorn eine solch abscheuliche Tat zu begehen? Vielleicht aber hatte er das auch alles gar nicht gewollt und, genau wie sie selbst damals in Konstanz, unglückseligerweise zu fest
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