Das Atmen der Bestie (German Edition)
seufzte und schaute hoch zur Zimmerdecke, als befände sich dort oben ein Teleprompter, auf dem der Text steht, den er sagen musste. »Wir haben jede Möglichkeit in Erwägung gezogen. Ich meine, jede. Aber die körperliche Ausdehnung wurde durch einen Faktor hervorgerufen, allein einen Faktor, und was wir auch immer als Erklärungsversuch ansetzten, wir kamen immer zu demselben Schluss.«
Ich nippte an meinem Gin Tonic. Ich unterbrach ihn nicht. Er würde es mir jetzt sagen, was auch immer.
»Ich schätze, dass die Todesursache offiziell Blutkrankheit lauten wird. Das ist wohl eher eine fromme Lüge, andererseits aber auch die volle Wahrheit. Seymour Wallis litt an einer schweren Blutkrankheit. Er hatte keinen Mangel an roten Blutkörperchen und es gab auch keine Anzeichen für irgendeine Krankheit oder Anämie. Es ist ganz einfach Tatsache, dass er zu viel davon hatte.«
» Zu viel davon?«
Er nickte. »Ein normaler Mensch hat etwa sechs Liter Blut, die durch seinen Kreislauf zirkulieren. Wir haben das Blut aus Seymour Wallis’ Körper geleert und es nachgemessen. Seine Arterien und Venen sowie Kapillaren waren so angeschwollen, weil er 15 Liter Blut darin hatte.«
Ich konnte es kaum glauben . »15 Liter?«
Dr. Jarvis blies den Zigarettenrauch aus. »Ich weiß, dass es verrückt klingt, aber so ist es nun mal. Glaube mir, wenn ich könnte, würde ich diese ganze Sache unter den Teppich kehren und das überschüssige Blut einfach in den Ausguss schütten.«
Er saß eine Weile still da und starrte auf seinen unordentlichen Schreibtisch. Ich vermutete, dass ihm bei all den Schwierigkeiten mit Seymour Wallis und dessen vermaledeitem Haus keine Zeit mehr für den Papierkram geblieben war.
»War die Polizei schon hier?«, fragte ich.
»Man hat sie informiert.«
»Und was sagt sie dazu?«
»Sie wartet auf das Ergebnis der Leichenöffnung. Das Problem ist nur, dass ich nicht weiß, was ich den Beamten erzählen soll.«
Ich trank mein Glas aus. »Wieso? Erzähl ihnen einfach, dass er eines natürlichen Todes gestorben sei.«
Dr. Jarvis brummte grimmig: »Natürlicher Tod? Mit 15 Litern Blut in sich? Und außerdem ist da ja noch was.«
»Noch was?«
Er schaute mich nicht an, aber ich merkte, wie verwirrt und besorgt er war. »Wir haben das Blut natürlich analysiert, es in die Zentrifuge gesteckt. Dr. Crane ist einer der besten Pathologen. Zumindest wird er danach bezahlt. Er sagt, und das ohne den geringsten Zweifel, dass das Blut, das wir in Seymour Wallis’ Körper fanden, kein menschliches Blut ist.«
Wir schwiegen. Dr. Jarvis zündete sich die nächste Zigarette an der ersten an.
»Es besteht absolut kein Zweifel, dass die gesamten 15 Liter von einer Hundespezies stammen. Was auch immer Seymour Wallis zugestoßen ist, das Blut, mit dem er starb, war nicht sein eigenes.«
4
Jane rief an. Sie bedauerte, dass sie zur Mittagszeit nicht im Laden gewesen sei, und hoffte, dass ich mir keine Sorgen gemacht hätte.
Ich sah Dr. Jarvis an und fragte: »Sorgen gemacht? Weißt du, was passiert ist?«
»Ich habe es im Fernsehen gehört. Seymour Wallis ist tot.«
»Ja, aber es ist noch viel schlimmer. Er starb mit mehr Blut in seinen Adern, als Sam Peckinpah in einem ganzen Film verspritzt. 15 Liter. Und dann erzählt mir Jim hier noch, dass dieses Blut noch nicht einmal sein eigenes war. Sie haben es analysiert und es stellte sich heraus, dass es Hundeblut war.«
»Du machst Witze.«
»Jane, wenn du glaubst, dass ich in der Stimmung für Witze bin ...«
»Ich habe das nicht so gemeint«, unterbrach sie mich hastig. »Ich meinte nur, es passt alles zusammen.«
»Passt zusammen? Passt wozu?«
»Zu dem, was ich dir zu sagen versucht habe. Ich bin heute Mittag nach Sausalito gefahren. Ich habe dir doch so einiges über diese indianischen Geschichten erzählt. Na ja, ich habe Freunde in Sausalito, die einige Indianer gut kennen und auch in der indianischen Kultur ziemlich bewandert sind. Sie haben von diesem Dämon, dem Ersten, der Worte zur Gewalt benutzte, gehört, und sie meinen, dass ich nach Round Valley fahren sollte, um mit einem der Medizinmänner zu sprechen.«
Ich seufzte und sagte nichts.
»John? Hast du gehört?«
»Ja, ich habe es gehört.«
»Aber du hältst es für keine gute Idee?«
»Warte mal bitte einen Moment.«
Ich legte meine Hand über die Sprechmuschel und sagte zu Jim Jarvis: »Jane ist davon überzeugt, dass alles, was sich in Seymour Wallis’ Haus ereignet hat, mit irgendeiner
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