Das Attentat
Zimmer auf das Fenster zu. Benny behielt mich scharf im
Auge, und seine Pistole wies unausgesetzt auf mich.
Während ich ging, zählte ich
innerlich die Sekunden, und war bei sechs angelangt, als ich Benny erreichte.
Bis zum Fenster waren es noch zwei Schritte.
»Bleiben Sie nicht stehen,
Freund«, sagte er barsch. »Sie haben keinerlei Chancen, wenn Sie versuchen...«
Acht Sekunden, und dann ging es
los. In den letzten paar Jahren hatte ich um dreitausend Dollar herum in die
HiFi-Anlage gesteckt, und das rentierte sich in dieser neunten Sekunde. All das
gute Geld, das ich für den zweiten und dritten Grad der Lautverstärkung
aufgewendet hatte, an die fünf Lautsprecher in den Wänden mit ihren nahezu
idealen Hörweiten — all das zahlte sich in einer Weise aus, wie ich es nie zu
träumen gewagt hätte.
Aus allen fünf Lautsprechern
zugleich drang ein schmetternder explosionsartiger Krach, der den Raum mit
betäubendem Lärm erfüllte, der sich durch sensitive Trommelfelle hindurchsägte,
um innerhalb des Kopfes brüllende Qualen hervorzurufen.
Benny wimmerte laut, und sein
Gesicht verzog sich, als ob er gefoltert würde. Die Pistole fiel ihm aus den
Fingern, als er instinktiv beide Hände gegen die Ohren schlug, um das auf das
Gehirn wie lähmend wirkende Musikgebrüll abzuwehren.
Ich knallte ihm heftig zweimal
hintereinander meine Faust in den Magen. Sein Mund öffnete sich und gab einen
Laut von sich, den ich noch nirgendwo gehört hatte, während er vornübersackte . Ich packte ihn an den Jackenaufschlägen und
wirbelte ihn herum, so daß sein Rücken gegen das Fenster gepreßt wurde. Ich
sah, wie seine leblosen Augen in Furcht aufglühten.
Sein Mund formte verzweifelt
flehende Worte, während ich ihn festhielt, während der Strom verzerrten
Musiklärms unsere Trommelfelle zu Brei zerhackte. Dann fiel mir plötzlich ein,
was er war, und ich ließ ihn los. Ein neuer Orkan aus dem Lautsprecher ließ ihn
zurücktaumeln. Er stolperte gegen das niedere Fenstersims, seine Kniekehlen
schlugen dagegen, und das Gewicht seines Körpers riß ihn nach außen, und noch
ehe ich zugreifen konnte, sah ich, wie seine Knie und schließlich seine Füße
langsam über das Sims glitten und verschwanden. Ich preßte meine Hände gegen
die Ohren, raste zum HiFi -Gerät hinüber und schaltete
es ab.
Für eine kleine Weile war die
Stille noch fast quälender als der Lärmorkan. Ich zündete mir eine Zigarette
an, und das Kratzen des Streichholzes ließ mich krampfhaft zusammenzucken. Als
das Telefon klingelte, fuhr ich glattweg einen halben Meter in die Luft. Ich
hob den Hörer ab und sagte mit, wie mir schien, unnatürlich lauter Stimme:
»Wheeler.«
»Hören Sie zu, Sie Trottel«,
schnarrte eine bebende Stimme in mein Ohr, »was, zum Teufel, geht eigentlich
bei Ihnen oben vor — ist das eine Zusammenkunft stocktauber Disk-Jockeys?«
»Entschuldigung«, sagte ich.
»Es ist nur ein Versehen.«
»Aus Versehen!« brüllte die
Stimme. »Bei mir fällt noch immer der Verputz von den Wänden. Noch einmal so
etwas, Sie Idiot, und ich rufe die Polizei.«
»Keine Sorge — Sie Idiot«,
sagte ich. »Ich werde die
Polizei rufen!«
Bevor ich tatsächlich Parker
anrief und ihm von Benny Lamont erzählte, mußte ich,
wie ich mich erinnerte, noch etwas anderes erledigen. Ich nahm das Foto von
Lily Teal mit seiner liebevollen eigenhändigen
Widmung und hielt ein brennendes Streichholz daran. Als es nur noch eine
verkohlte Masse war, fühlte ich mich bei dem Gedanken, Parker anzurufen,
wesentlich wohler. Wie Benny selber gesagt hatte: Ich war der einzige Zeuge,
der behauptete, Lily sei in Grossmans Haus gefangengehalten worden, und so gut wie der einzige, der aussagen würde, daß nicht ich es
gewesen war, der sie ermordet hatte. Natürlich vertraute ich Bryan, Parker und Lavers wie meinen eigenen Brüdern — und genauso, wie sie
mir vertrauten. Und das war der Grund, weshalb ich das Foto umgehend verbrannt
hatte!
ZWÖLFTES KAPITEL
W ährend der nächsten beiden
Tage, in denen die Grand Jury tagte, befand ich mich meist an Ort und Stelle,
erst darauf wartend, daß ich aufgerufen würde, dann auf die Entwicklung der
Dinge wartend. Es gibt bei einer Grand Jury eine ganze Reihe irreführender
Vorgänge. Sie kann in einem Gerichtssaal tagen wie im vorliegenden Fall, und
doch ist sie kein Gericht. Man kann das Ganze als Verhör bezeichnen — aber fast
niemand hört etwas davon. Alles wird strikt geheimgehalten ,
und der
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