Das Attentat
noch was zu
trinken?« fragte er.
»Ich möchte nichts mehr«, sagte
ich.
Er zuckte die Schultern. »Es
spielt vermutlich keine große Rolle, Sie haben ohnehin genug. — Ja, das Bild.
Ich werde es Ihnen kurz und deutlich erklären, Kumpel. Wenn dieses Foto hier
auf Ihrer Couch gefunden wird, wird man annehmen, daß Sie das Mädchen die ganze
Zeit über, als sie vermißt wurde, in Ihrer Wohnung
versteckt gehalten haben und daß Sie aus irgendeinem Grund — vielleicht
Erpressung — versucht hatten, Grossman in die Sache hineinzuziehen. Und danach
wird es nicht lange dauern, bis man zu dem Schluß kommt, Sie hätten sie auch
ermordet.«
»Und wer wird in den Verdacht
kommen, mein Mörder zu sein?« fragte ich verächtlich.
»Niemand«, sagte er geduldig.
»Man wird wissen, daß Sie Selbstmord begangen haben. Der Boss wird der Polizei
erzählen, Sie seien heute abend zu ihm gekommen und
hätten wilde Drohungen ausgestoßen, daß Sie, wenn er nicht mit fünfzigausend Dollar herausrückte, vor der Grand Jury
aussagen würden, Sie hätten das Mädchen in seinem Haus gefunden. Der Boss wird
der Polizei erzählen, er habe zu Ihnen gesagt, Sie sollten sich zum Teufel
scheren, bevor er Sie hinauswerfen ließe, und Sie hätten sich geweigert zu
gehen, bis er gezwungen gewesen sei, mich zu rufen, um Sie loszuwerden. Ich
werde der Polizei mitteilen, ich sei mit Ihnen in die Stadt gefahren, um sicher
zu sein, daß Sie nicht erneut den Boss belästigen.
Man wird das Foto mit Lilys
liebevoller eigenhändiger Widmung finden. Man wird Sie auf dem Gehsteig liegend
und nach Scotch stinkend vorfinden, und der Alkoholgehalt in Ihrem Magen wird
ohnehin ergeben, daß Sie keinesfalls nüchtern waren. Ich glaube nicht, daß
danach noch irgend jemand lange Erklärungen fordern
wird.«
Er stand munter auf. »Jetzt
wissen Sie also Bescheid — und Sie können sich selbst entscheiden, Kumpel.
Wollen Sie zum Fenster hinausspringen, oder soll ich Sie zusammenschlagen und
Sie hinterher hinauswerfen?«
»Ich werde selbst
hinausspringen«, sagte ich langsam. »Aber Sie werden nicht mit heiler Haut
davonkommen, Benny.«
»Lassen Sie das meine Sorge
sein, Kumpel«, sagte er. »Wollen Sie noch ein Glas auf den letzten Sargträger
trinken, bevor Sie gehen?«
»Warum nicht?« sagte ich
finster.
Ich stand auf und hielt ihm das
Glas hin, während er Whisky hineingoß , drehte mich
dann um und ging zum HiFi -Gerät.
»Was, zum Teufel, machen Sie
da?« Seine Stimme klang scharf.
»Ein bißchen Musik, während ich
das Glas leertrinke«, sagte ich. »Haben Sie denn gar kein Herz?«
»Okay«, sagte er mürrisch.
»Musik kann ich ertragen, solange es nicht dieser dröhnende Quatsch ist, den
sich der Boss die ganze Zeit über anhört.«
Ich wählte Billie Hollidays Traurigen Sonntag, weil mir das
noch immer die geeignete Musik erschien, legte die Platte auf und schaltete den
Apparat ein. Benny beobachtete mich ungeduldig, während ich einen Schluck
Scotch trank.
»Funktioniert das Ding?«
brummte er.
»Klar«, sagte ich. »Es dauert
nur eine kleine Weile, bis es warm wird.«
Er brummte, ging dann durchs
Zimmer zum Fenster und warf einen schnellen Blick auf die Straße hinunter.
»Es wird prima hinhauen«, sagte
er und riß das Fenster so weit wie möglich auf.
»Vielleicht ist doch irgend etwas an dem Apparat nicht in Ordnung«, sagte ich
und drehte mich zu der Anlage um.
Das einzige, was nicht in
Ordnung war, war, daß ich den Plattenspieler nicht angestellt hatte. Ich hob
die Platte über die Spindel, so daß der Apparat automatisch zu arbeiten begann,
wenn ich ihn anstellte — die Platte würde hinabgleiten, der Tonarm würde sich
heben und langsam hinüberbewegen, bis er über dem Rand der Platte schwebte, und
sich dann sachte senken, bis die Nadel die Rillen berührte. Dieser Vorgang
würde nach dem Einschalten des Apparats etwa acht Sekunden in Anspruch nehmen.
»Ich denke nicht daran, zu
warten, bis Sie das verdammte Ding in Ordnung gebracht haben«, sagte Benny
scharf.
»Ich glaube, ich habe den
Fehler gefunden«, sagte ich optimistisch. Ich drehte die Lautstärkeeinstellung
der fünf Lautsprecher auf höchste Touren. »Ich möchte nicht alles hören,
Benny«, sagte ich leise. »Ich möchte nur, daß die Platte spielt, wenn ich
gehe.«
»Na klar«, knurrte er. »Ich
breche gleich in Tränen aus.«
Ich schaltete das Gerät ein,
und der Plattenteller begann, die erforderlichen dreiunddreißig Umdrehungen zu
machen. Ich ging durchs
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