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Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Das Auge der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Dekkard
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Militärmaschine, wie ein riesiges, schlafendes Insekt. Außer der Hütte, die als Gefängnis diente, gab es noch zwei weitere. Vor einer matt erleuchteten lungerten drei mit Gewehren bewaffnete Gestalten herum. Sie trugen einfache Zivilkleidung, zu ihren Füßen stand eine Sammlung Schnaps- und Bierflaschen. Kavenays angetrunkene Privatarmee. Bei ihnen standen zwei Uniformierte, Helme in der Hand. Die Piloten. Von den übrigen Milizionären keine Spur. Sie hatten ihren Auftrag wohl erfüllt. Auch egal, dachte Leonard. Bestechung kam hier sowieso nicht mehr in Betracht. Was hatte der dumme Wandschrank gemeint? In den OP.
Das zweite Gebäude befand sich neben der Unterkunft der drei Wachleute. Die Fenster strahlten hellweiß. Dorthin lenkte der vorausgehende Kavenay seine Schritte. Sie selbst wurden zunächst in die andere Hütte geführt.
„Ihr könnt euch erst mal duschen. Seht ziemlich abgefuckt aus!“ brummte Randell.
Was er als Dusche bezeichnete, bestand aus einem regentonnengroßen Bottich kalten Wassers und einer Schöpfkelle. Zudem bestand Randell darauf, dass die Tür zu der Kammer geöffnet blieb. Der frostigen Prozedur unterzog sich Leonard als Erster. Anschließend verdeckte er mit seinem Körper die Frauen vor den Blicken der hämisch grinsenden Wachen. Randell warf ihnen grobe Baumwollsachen zu, Hemd und Hose. Nur Nini legte wieder ihre Bluse und ihren Wickelrock an. Dann kommandierte Randell sie in das Nebenhaus, das er als OP bezeichnet hatte. Hier wohnte niemand, kahle Wände, einfache Stühle. Die Neonröhren, erst kürzlich angebracht, steckten in provisorischen Halterungen. Ihre Kabel, achtlos verlegt, verschwanden durch ein Fenster nach außen. Von dort kam das monotone Brummeln eines Stromgenerators. Unter den Röhren stand eine metallene, höhenverstellbare Rolltrage. Daneben ein roher Tisch, darauf ein klotziges Tonbandgerät. Ein angeschlossenes Mikrofon baumelte, mit dem Kabel zwischen die Neonröhren gehängt, über der Trage. Neben dem Tonband lagen eine Reihe Einwegspritzen, Schläuche, Klemmen und Fläschchen mit unterschiedlich gefärbten Flüssigkeiten. Die befürchteten, chirurgischen Instrumente fehlten. Aber gerade die Kargheit der Ausrüstung erzeugte eine üble Unruhe. Kavenay hatte beim ersten Treffen auf ihn den Eindruck eines Gestapo-Verhörspezialisten gemacht. Der harmloseste Gegenstand auf dem Tisch kochte dieses widerliche Gefühl wieder auf, als traktierte man seine Nervenenden bereits mit heißen Nadeln. Millimetergenau auf die untere Tischkante ausgerichtet lag dort ein Klemmbrett, das mehrere Bögen schneeweißes Papier hielt. Auf dem obersten erkannte er eine in mehrere Spalten unterteilte Tabelle und Eintragungen, mit feiner Handschrift ausgeführt.
Datum: 23. Februar 1988
ADE-Reihe, Phase IX
Proband: männlich, 32 Jahre, weiß, uf., Nr. 103
KT-Simulation
Das Blatt trug das heutige Datum. Keine Frage, wer mit der Nummer 103 gemeint war. Leonard zügelte seine Phantasie, die gerade damit beginnen wollte, ihm das Schicksal der ihm vorangegangenen Probanden vorzuspielen.
„Uf?“
„Ein unwichtiges Detail“, sagte Kavenay und bedeutete ihm mit einer Handbewegung, auf der Liege Platz zu nehmen, so als lade er ihn an seinen Tisch zum Kaffee ein.
„Sie müssen völlig durchgedreht sein. Glauben Sie, ich mach freiwillig bei Ihren bescheuerten Spielchen mit? Was soll das überhaupt werden?“
Randell, der die beiden Frauen auf Stühle festgebunden hatte, sprang auf Leonard zu.
„Jetzt hör mal zu, du blödes Arschloch! Die drei Wichser da draußen hatten seit Wochen nichts mehr, in das sie ihre Schwänze stecken konnten. Du hast jetzt genau zwei Möglichkeiten.“
Hart tippte ihm Randell mit dem Zeigefinger auf die Brust.
„Entweder du legst dich da hin oder ich prügel dich auf die beschissene Trage. Und als Ausgleich dafür bekommen die Ladys den rabiatesten Fick ihres Lebens.“
„Ich hätte das jetzt eleganter ausgedrückt“, meinte Kavenay. „Aber im Kern trifft es das.“
Leonard gab seinen Widerstand auf und Randell schnallte ihn auf der Liege fest.
„Okay, es geht um den verdammten Kris, oder? Das Auge der Dunkelheit.“
„Sieh an. Sie haben es also herausgefunden“, antwortete Kavenay. „Die meisten, mit denen Sie es zu tun hatten, haben Sie wohl unterschätzt. Ich hingegen habe Sie überschätzt. Mein Fehler. Bei unserem ersten Gespräch in Singapur hielten Sie die denkbar schlechtesten Karten in der Hand. Aber clever gespielt. Ich

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