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Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Das Auge der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Dekkard
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Geländekarte heraus. Der Offizier hatte den Ort gefunden, das Ziel seiner Fieberträume. Was erwartete sie dort? Blinde Hoffnung hetzte Leonard über die verwaschene Spur jenes Mannes hinweg, der ihm vor hundert Jahren vorausgegangen war. Ihr junger Führer aus Than Mon weigerte sich, ihnen weiter den Fluss hinauf zu folgen. Dort gab es nur Berg, Tal und Urwald. Für den Jungen eine erschreckende Vorstellung, eine Reise ins Nichts. Zur Überraschung aller entledigte sich Nini dieser Angst. Die Nächte unter freiem Himmel setzten ihr noch zu. Tagsüber zeigte sie eine unerklärliche Zuversicht. Ihre bisherigen Erfahrungen, so glaubte Leonard, verleiteten sie zu der Überzeugung, es könne nicht schlimmer kommen.
Die Nacht verbrachten sie in dem Handelsposten, durchwabert von dem tausendfachen Heulen, Pfeifen und Singen der Insekten und Nachtjäger. In der fortgeschrittenen Dunkelheit unterbrach Gewehrfeuer das Konzert. Für Minuten dröhnte es aus der Höhe herunter, weit entfernt. Trotzdem hielten zwei bewaffnete Männer bis zum Sonnenaufgang Wache. Am Morgen verhandelten sie mit einem älteren Chin den Preis für eine Bootsfahrt den Fluss hinauf. Conleys Karte erwies sich bislang als erstaunlich exakt. Leonard rechnete aus, dass sie noch einmal zwei Tage brauchten, bis zur Einmündung eines Seitenarms, den die Eingeborenen Tazo nannten. Diesen ging es einen weiteren halben Tag aufwärts, um die erste, auf dem Seidenpapier verzeichnete Landmarke zu erreichen. Gemächlich tuckerten sie gegen die sachte Strömung an.
„Leider sagt er nirgendwo, welche Art von Landmarke es ist.“
„Siedlungen gibt es dort oben keine“, meinte Ellen. „Aber es wird ein auffälliges Zeichen sein. Er hat es ja auch gefunden. Und damals muss das hier noch einsamer zugegangen sein.“
Das wüste Grün des Dschungels überragte sie von allen Seiten.
„Wenn das möglich ist.“
So haben sich die Conquistadoren gefühlt, dachte sie, als sie in das Landesinnere Perus vorstießen, auf der Suche nach dem sagenhaften El Dorado. Im sicheren Wissen, die letzen Außenposten der Zivilisation hinter sich zu lassen. Vorbei an den drohenden Wänden aus immergrünen Pflanzen, aus denen klagende Rufe ertönten. Und nie kam eine Kreatur in Sicht, die diese Laute verursachte.
Leonard beachtete das beeindruckende Panorama kaum. Willets Büchlein nahm ihn gefangen.
... oberhalb eines Ortes namens Than Mon ein Lager aufgeschlagen. Dass er in Pagan nicht „seinen“ Tempel gefunden hat, nahm Conley erstaunlich gelassen. Aber seit dem Sturm auf Bo Sais Stellung dort regiert in Conley nur noch der Irrsinn. Was ist da geschehen? Er ist ohne jede Deckung in das Feuer der Rebellen gelaufen. „Wir sind Könige!“, rief er seinen Männern zu. „Und Könige sterben nicht!“ Er besitzt den Kris. Ohne Zweifel. Er hat die Pilgermönche bei Henzada umgebracht und den Dolch gestohlen. Und dieses Ding kocht seine schwarze Seele. Der Marsch hier hinauf war mörderisch, begleitet von blutigen Scharmützeln, Raub, Mord und Vergewaltigung. Collingwood, in ständig wachsender Raserei, nimmt an den abscheulichen Verbrechen teil. Von den 28 Mann, die in Prome aufbrachen, sind nur noch wenige am Leben. Ich bin am Ende meiner Kräfte, unfähig, die Flucht zu ergreifen. Leachman hatte recht. Er bringt uns alle den Tod.
Mit Schauer wandte sich Leonard von der Lektüre ab und beschäftigte sich wieder mit Conleys Notizen.
„Dieses Seidenpapier hat er nach einer Geländekarte angefertigt. In einem Eintrag sprach er von zwei goldenen Bändern, auf denen Punkte verzeichnet sind, die sich mit einigen auf der Karte decken.“
Weder die Originalkarte noch die beiden Goldbänder hatte Conley hinterlassen. Darüber, wohin beides verschwunden war, verlor er an keiner Stelle ein Wort. Leonard fiel auf, dass der Weg des Offiziers auf die gleiche Weise wie sein eigener von merkwürdigen Zufällen begleitet wurde.
„Hätten ihn die Umstände nicht gezwungen, den Bambuswald zu durchqueren, wäre er nie diesem Alten mit den Goldbändern begegnet. Und ohne sie hätte er wiederum keinen Zusammenhang mit der Karte herstellen können.“
„Und ohne seinen Burschen wäre es ihm nie gelungen, hierher zu finden. Und dann hat er ihn einfach umgebracht.“
„Glaubst du, er hat es geschafft?“, fragte Leonard. „Seine Aufzeichnungen enden hier. Das letzte ist nur noch Gestammel.“
Diese hässliche Fratze . .. Wo sind sie geblieben? ... Krank, krank wird man davon ... Die Bäume

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