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Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Das Auge der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Dekkard
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zumindest für Arundhavi wieder ein Meister, hatte in ihrem letzten Gespräch eine drohende Gefahr angedeutet. Dies und alles, was bisher geschehen war, mahnte ihn, Arundhavis Rat zu folgen. Aber jetzt aufgeben?
„Dieser Amerikaner, Oren Kavenay“, wandte er ein. „Sie sind ihm begegnet, in Than Mon.“
„Der Mann mit den Bernsteinaugen“, bestätigte Arundhavi.
„Er sagte, bei dem Ritual handele es sich um eine Möglichkeit, zukünftige Ereignisse zu sehen.“
„Und vergangene, ja. Damit erlangt Ihr eine unvorstellbare Macht über andere. Dies ist nur die eine Seite. Und sie steckt schon voller Gefahren. Aber es gibt noch das andere dort. Dieser Narr irrte. Genauso wie ich es tat.“
    Nie empfand Leonard eine Zeit quälende r als die Tage des Rückmarsches. In den langen, dunklen Nächten holte er, wenn er sich unbeobachtet fühlte, den Kris hervor und verlor sich im Funkeln seiner rätselhaften Ornamente. Während seine Seele langsam in Stücke gerissen wurde. Süße Verheißungen. Konnte er umkehren? Er zweifelte nicht an Arundhavis Worten, der Mönch sprach die Wahrheit. Andernfalls hätte er sich des Dolches bemächtigt und die Eingeschlossenen ihrem grausamen Schicksal überlassen. Und Leonard spürte auch kein Interesse an der unvorstellbaren Macht, die der Schwarze Buddha bereithielt. Aber was würde er dort erfahren? Über sich selbst? Über sein Schicksal, seinem Ende, dem er einmal gegenübertreten würde? Er konnte das Rätsel lösen, das Evan und Martha zu entdecken nicht mehr vergönnt war. Die Frage beantworten, die jeden Menschen betraf, die viele in die Irre führte und manche in tiefe Verzweiflung stürzte. Was geschieht mit mir, wenn ich tot bin? Ergab das Leben einen Sinn oder wartete dort, auf der anderen Seite, nichts als unendliche Leere?
    Nach schier endloser Qual, welchen Weg er einschlagen sollte, stieß ihn eine bedeutungslose Bemerkung in den Abgrund. Nur noch ein halber Tagesmarsch trennte sie von ihrem Ziel, als sie in der Abenddämmerung die Abzweigung erreichten. Jene, die ein rotes Dreieck markierte und auf das Wildhütercamp hinwies. Manao erklärte Arundhavi die Bedeutung des Zeichens.
„Man hat mir davon berichtet“, sagte der Mönch. „Einer der Dayak erzählte, er habe kürzlich eine amerikanische Touristin aus Sungai Petani dorthin gebracht. Sie ist wohl auf der Suche nach ein wenig Dschungel-Abenteuer.“
Eine kristallklare Erkenntnis durchschoss Leonard. Nach Arundhavis Aussage war der Tempel in den Chin-Bergen zerstört, das dort gesammelte Wissen verloren. Aber Leonard besaß den Kris. Und die Kopie des Reliefs, das zusammen mit dem Dolch den Standort der Pagode verriet. Beides gab nur die Beschaffenheit des Geländes und markante Punkte wieder. Deshalb brauchte er eine Karte, um die genaue Lage zu bestimmen. Und diese Miss Nemsky führte eine mit sich. Damit konnte er die Pagode des Schwarzen Buddha finden.
Ich bin der Einzige! Es ist mir bestimmt, dachte er. Niemandem sonst.
    Da sie sich wieder auf einem befestigten Pfad befanden, beschloss Arundhavi, auf ein weiteres Lager zu verzichten und den Rest des Weges in der Dunkelheit hinter sich zu bringen. Unauffällig übernahm Leonard die letzte Position in der Marschordnung. In der zunehmenden Dämmerung vergrößerte er den Abstand zu den Vorausgehenden. Als die Nacht endlich fiel, blieb Leonard stehen. Mit klopfendem Herzen beobachtete er, wie das tanzende Licht von Arundhavis Lampe sich langsam entfernte und endlich hinter einer Wegbiegung verschwand. Mit ausladenden Schritten eilte er zurück bis zur Abzweigung. Bergauf benötigte er zwei Stunden, bis voraus das schwache Licht von Petroleumlampen zwischen den Bäumen hindurchsickerte. Das Camp bestand aus zwei Gebäuden. Das eine duckte sich unter einer Baumkrone. Zum Schutz vor Tieren rundum verschlossen, diente es als Schlafplatz. Das zweite, mehr ein Unterstand, von den trüben Laternen beleuchtet, wurde als Küche und Dienstraum genutzt. An einem Tisch saßen vier Personen. Drei Männer in olivgrünen Monturen und eine Frau. In der Einsamkeit der tropischen Wildnis verzichtete Majorie Nemsky nicht gänzlich auf Vergnügungen. Leonard traf die Gesellschaft bei einem Trinkgelage an.
„Hi, Martin“, begrüßte sie ihn überschwenglich und stellte ihn den Männern vor.
„Martin. Amerikaner. Wie ich.“
Die malaiischen Wildhüter bemühten sich um eine freundliche Begrüßung, doch ihre Begeisterung hielt sich spürbar in Grenzen. Anscheinend hegten

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