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Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Das Auge der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Dekkard
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beantwortest du mir jetzt ein paar Fragen“, presste er heraus.
Mit offenem Mund stierte der Rothaarige an die Decke. An der linken Körperseite, unterhalb der Hüfte, breitete sich eine ungewöhnlich große Blutlache aus. Leonards Trommelfelle nahmen den Dienst langsam wieder auf, und er hörte das Röcheln des Todeskampfes. Die Kugel hatte die Beinschlagader getroffen. Hämorrhagischer Schock. Mindestens zwei Liter seines Blutes verteilten sich schon auf dem Fußboden. Er starb auf die gleiche Weise wie der bedauernswerte Doktor Pathom.
Dumpf knallte Leonard auf die Knie. Das Adrenalin verzog sich, die Konturen im Raum verschmierten, die bunten Lichter hielten sich hartnäckig in seinem Gesichtskreis. Immer noch stand er unter dem Einfluss der Droge. Greller Schmerz fiel über seine linke Schläfe her, als ramme eine wütende Hornisse ihren Stachel hinein. Vorsichtig tastete er und bekam ein Stückchen Metall zu fassen. Langsam zog er die Spitze der Injektionsnadel heraus. Sie hatte sich zwei Zentimeter weit am Schädelknochen entlang unter die Kopfhaut gebohrt. Noch benommen durchwühlte er die Taschen des Toten, fand nur ein Tütchen mit weißem Pulver, lose Geldscheine und eine Schachtel Munition. Dann rappelte er sich auf und wankte ans Fenster. Das Zimmer lag im Erdgeschoss und es gehörte tatsächlich zu einem stillgelegten Krankenhaus. Er konnte weitere verfallene Gebäude sehen, einen verwilderten Garten. Dort entdeckte er zwei Gestalten, die sich im hohen Gras duckten.

Kapitel 9
    „Was macht der denn da?“
Die Piper der indonesischen Küstenwache befand sich auf dem Rückflug zur Basis. In geringer Höhe überquerte sie den südlichen Zipfel der Natunas. Ein Archipel mit 250 Inseln, die meisten davon unbewohnt. Öde, sonnenverbrannte Eilande mit dürftiger Vegetation. Das Leben darauf beschränkte sich auf eine Handvoll Vögel, Kriechtiere und Insekten. Kaum genug, um einem modernen Robinson das Überleben zu sichern.
Der Co-Pilot griff nach dem Fernglas und wies aus seinem Seitenfenster.
„Zieh ´ne Schleife und geh noch was runter.“
Mit einem sanften Manöver drückte der Pilot die Maschine nach rechts in eine Kehre. Unter sich erkannte er drei Inseln, gelbgrüne Flecken im glitzernden Ozean. Vor einer davon, dicht unter Land, lag ein Frachtschiff.
„Komisch. Die Passage für so große Pötte liegt viel weiter südlich.“
Mit einem Laut der Zustimmung kramte der Co-Pilot eine Karte hervor, um die Position zu checken. Die Piper sackte weiter ab und vollführte eine weitere Kehre. In dieser Position hatte der Co-Pilot die beste Sicht.
„Billigflagge. Philippinen.“
„Kannst du den Namen erkennen?“
„Nein. Vielleicht von der anderen Seite. Sieht aus, als wenn der da vor Anker liegt.“
„Warum sollte der da ankern? Da gibt es nichts. Ich frag mich, wie er da überhaupt hingekommen ist. Gibt da ´ne Menge Sandbänke. Die müssen sich ziemlich gut auskennen.“
„Schmuggler?“
„Mit so ´nem Kasten? Geh mal näher ran.“
Das Flugzeug dröhnte längs des Rumpfes an dem Frachter vorbei. Auf seiner Backbordseite färbte sich das Wasser dunkel.
„Der lässt da Öl ab oder sowas.“
„Sicher?“
Der Co-Pilot erkannte seinen Irrtum.
„Warte.“
Dann stutzte er.
„Moment mal! Was ist das denn?“
    D en beiden Gestalten im Garten des verlassenen Krankenhauses war Leonard entkommen. Sie hatten ihn beobachtet, nur notdürftig vom hohen Gras verdeckt. Vermutlich gehörten sie nicht zu den Entführern. In was, fragte er sich, war er da hineingeraten? Oder exakter: In was hatten ihn seine Eltern hineingestoßen? Ohne den Hauch einer Ahnung über die Hintergründe hatte es ihn jetzt gezwungen, einen Mann zu töten. In der Navy wurde er an Waffen ausgebildet, jedoch nie in einen Kampfeinsatz geschickt. Nie hatte er jemanden verletzt, geschweige denn, um das Leben gebracht. Er läge jetzt selbst tot in dieser verlassenen Ruine, hätte er nicht gehandelt. Ihn erschütterte jedoch die eiskalte Präzision, mit der es geschehen war. Richtete das der Militärdienst im Unterbewusstsein jedes Einzelnen an? Reflexhaft töten zu können, ohne in dem Moment einen Gedanken daran zu verschwenden?
Halb nackt und zerschunden betrat er das Old Empire. Die grauenhafte Nummer 300 tauschte Leonard gegen jenes Zimmer, das er für seine Eltern vorgesehen hatte. Direkt nebenan, Nummer 301. Nach einer ausgiebigen Dusche genoss er die frische Luft am offenen Fenster. Zimmer 300 verbarg sein Fenster

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