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Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Das Auge der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Dekkard
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Waschbecken, glanzlose Armaturen, der Spiegel darüber intakt, aber mit Graffitis beschmiert. Ein zerborstenes Fenster, eine Tür mit einer Nummer darauf, halb aus der Angel gefallen. Vielleicht ein ehemaliges Krankenhaus, dachte er.
Eine zweite Gestalt schob sich in den Fensterrahmen. Die Umrisse vom grell einfallenden Licht verzerrt, birnenförmiger Körper, ein unnatürlich langer Hals, ein Oval darüber. Wie eine Karikatur oder die schlecht gefälschten, unscharfen Fotos von angeblichen Aliens.
„Nun, Mistah Finnih. Unser Auftraggeber hätte da ein paar Fragen“, schniefte die Koksnase.
Es klang wie: Fraaagänn. Er dehnte die Vokale und betonte auf den falschen Silben. Schlitzauge, dachte Leonard. Kein Chinese. Dunkle Haut, die Haare flammrot gefärbt, ein Ring im linken Nasenloch. Im Hosenbund des Mannes steckte ein Revolver. Leonard röchelte. Bleischwer presste sich die Zunge an den unteren Gaumen. Der Alien am Fenster führte eine weiche Bewegung aus. Daraufhin flößte die Koksnase Leonard schluckweise Wasser ein.
Wer waren diese Typen? Wie kam er hierher? Die Droge verdrehte seine Gehirnwindungen. Alles wirbelte wild durcheinander.
Polizeiwache. Nalanda Star. Das konsternierte Gesicht eines Verkäufers. Seine Eltern waren tot. Er wollte das blutige Hemd loswerden und hatte sich ein neues gekauft. Die amerikanische Studentin. Was dann? Eine Straße. Das Handelskontor. Der Artikel über das Verschwinden des Schiffes erwähnte den Namen der Reederei. Wie war das noch? SA Shipping Ltd. Er stand vor dem Gebäude. Doktor Pathom. Jemand sehr gefährliches. Oder nein, er saß immer noch im Auto. Er hatte gerade die Wagentür geöffnet. Dann kam ein schwarzes Loch. Dort mussten sie ihn erwischt haben. Carpenter Street, Chinatown. Als würden seine Gedanken gelesen, zischte es dicht an seinem Ohr.
„Was wollten Sie in Chinatown? Nicht gut für Ausländer, Chinatown.“
„Leck mich!“, krächzte Leonard.
Ein Arm sauste nieder. Die Bambusrute klatschte auf Leonards nackte Bauchdecke. Rasender Schmerz. Nur das Klebeband verhinderte, dass sein Oberkörper hochschnellte, der Kopf in diese barbarische Apparatur stieß und das Augenlicht für immer auslöschte. Wieder eine Bewegung am Fenster. Feist grinsend entfernte die Koksnase das Klebeband, das seinen Kopf festhielt.
„Was soll der Mist?“, stöhnte Leonard. „Von welchem Auftraggeber redet ihr?“
Drohend wippte die Bambusrute in der Hand des Rothaarigen.
„Das hat Sie nicht zu interessieren, Mistah Finnih.“
Die Sache wurde brisanter. Er brauchte Zeit. Es fühlte sich immer noch an, als sei er drei Tage lang in einer Bar versackt. Aber wenigstens gelang es ihm, seine Gedanken in eine sinnvolle Reihe zu ordnen. Der diffuse Buchstabe, den Doktor Pathom in einer letzten, irren Anstrengung in sein eigenes Blut schmierte. K. K wie?
„Kavenay. Stimmt´s? Kavenay hat euch geschickt.“
Seine Stimme festigte sich.
„Oder sind Sie das selbst, Kavenay?“, fragte er die Silhouette am Fenster.
Er hatte Glück, das Zischen warnte ihn rechtzeitig. Bevor die Rute traf, spannte er die Bauchmuskeln an. Sein Oberkörper zuckte nur leicht. Navy-Training.
„Was habe ich gerade gesagt?“ Schnief.
Mehr als notwendig stöhnte Leonard auf. Die Koksnase würde die Wucht der Schläge langsam erhöhen. Es war wichtig, es solange wie möglich hinauszuzögern, den Mann glauben zu lassen, dass es bereits jetzt höllisch schmerzte. Er beherrschte noch die Techniken aus der Nahkampfausbildung. Das Austeilen und auch das Einstecken von Schlägen. Aber irgendwann wurde jede Grenze überschritten. Irgendwann wäre die Bauchmuskulatur weichgeklopft, würde so auf ihn eingedroschen, dass er sich krümmen musste. Die Injektionsnadeln waren lang genug, um ins Gehirn zu dringen.
„Was wissen Sie, Mistah Finnih, was wir nicht wissen?“
„Ich habe keine Ahnung, von was du ...“
Der nächste Schlag schmerzte wie der erste, obwohl er seine Muskeln angespannt hatte. Es kostete ihn Mühe, den Reflex zu unterdrücken, mit dem der Oberkörper auffahren wollte. Wieder stöhnte er.
„Hör zu, Arschloch“, zischte die Koksnase, „was ich hier mache, ist ein Witz. Wenn der da drüben anfängt, wird es richtig schmerzhaft.“
Leonard ignorierte die Drohung, suchte einen Ausweg. Am Stahlrohr des Bettes fühlte er eine Bruchstelle. Dort, wo sein rechtes Handgelenk mit einem Streifen Klebeband festgebunden war. Die Kante war stumpf, aber die Spitze der Bruchstelle konnte

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