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Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Das Auge der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Dekkard
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„Bristol.“
„Kenn ich nicht“, meinte Runciman knapp. „Ich bin ein Manchester-Boy. Clayton. Harte Schule, wenn Sie verstehen.“
Dann drehte er sich abrupt zur hinteren Bürowand. Dort hing eine Seekarte. Sie bildete das gesamte Gebiet ab zwischen der Andamanen-See westlich von Thailand über die Philippinen bis zum San Cristobal-Graben im äußersten Osten der Salomonen. Die Ausdehnung der blau gezeichneten Fläche erschauerte Leonard.
Suche ergebnislos abgebrochen.
Irgendwo in diesen entsetzlichen Weiten war die Lingard, waren seine Eltern verschwunden. Ohnmacht kroch in sein Herz. Weg von hier, von all dem Grauen. Aber er würde nie wieder Ruhe finden. Nein, er konnte nicht stillsitzen oder einfach verschwinden. Die Behörden stahlen sich mit einem -ergebnislos abgebrochen- aus der Affäre. Wer, außer ihm selbst, sollte jetzt Licht in das Dunkel bringen?
„Ich verstehe Ihre Situation. Selbstverständlich müssten Sie sich verpflichten, absolutes Stillschweigen zu wahren“, hörte er Runciman sagen.
„Sie bestimmen die Regeln.“
Leonard kannte diesen autoritären Typ. Man fuhr am besten, wenn man ihnen das Gefühl gab, die Fäden in der Hand zu halten.
„Schauen Sie.“
Ohne sich umzudrehen, forderte Runciman Leonard auf, näher zu treten.
„Es gibt da eine ungeklärte Sache. Die Nalanda Star kam von hier.“
Er tippte mit dem Finger auf einen Punkt. Muara, eine unbedeutende Hafenstadt des Zwergstaates Brunei, an der Nordostküste Borneos.
„Aus irgendeinem Grund hat der Kapitän den Hafen etwa zwanzig Stunden früher als nach Plan verlassen.“
Runcimans Finger wanderte die Küste der Rieseninsel entlang westwärts.
„Die letzte Funkkontrolle wurde hier abgesetzt. Fünfzig Seemeilen östlich des Natuna-Archipels. Rechnet man Strecke und die Geschwindigkeit des Schiffes, dann war sie am Punkt der letzten Peilung fast wieder im Zeitplan.“
„Dann hat sie die zwanzig Stunden unterwegs wieder verloren“, meinte Leonard, „vielleicht bei ihrem Aufenthalt in Kuching.“
„Die Nalanda Star war nicht in Kuching“, meldete sich Talley. „Es war kein Zwischenstopp vorgesehen. Selbst wenn es einen außerplanmäßigen gegeben hätte, man hätte uns darüber informiert.“
„Und dabei gibt es keine Ausnahmen?“
„Natürlich nicht.“
Abschätzig verzog der Büroleiter das Gesicht. Was fiel diesem Lümmel eigentlich ein?!
Leonard kramte einen Umschlag aus seiner Tasche. Er enthielt Kopien der Fotos aus der Kamera der amerikanischen Studentin. Jenes, das wie ein verunglückter Schnappschuss aussah, hielt er Talley provozierend unter die Nase.
„Das ist die Nalanda Star, wie Sie unschwer erkennen können. Und das ist der Hafen von Kuching. Die Aufnahme wurde am 4. Januar gemacht. Deckt sich das in etwa mit Route und Zeitplan Ihres Schiffes?“
Stummer Zorn über diese Bloßstellung verfärbte Talleys Züge. Runciman machte hingegen keinen Hehl aus seiner wachsenden Bewunderung für Leonard.
„Ich hab das Gefühl, Sie können uns tatsächlich von Nutzen sein, Mister Finney. Aber in einem hat der gute Talley recht. Wir werden über jede Kursänderung informiert. Was für ein Mist ist da gelaufen?“
Nach einer kurzen Pause fügte er grummelnd hinzu: „Was mich auf mein Problem bringt. Wer leitet die Untersuchung? Darson und Chatwin sind unabkömmlich.“
„Ich. Wenn das für Sie okay ist.“
Talleys schüchterner Einwand erstaunte sowohl seinen Vorgesetzten als auch Leonard. Der Büroleiter erweckte nicht den Eindruck, als sei er für Abenteuer gemacht, die über einen Besuch bei einem chinesischen Friseur hinausgingen. Runciman reagierte mit einem amüsierten Zug um die Mundwinkel.
„Gut. Gut. Warum nicht. Sie könnten ein bisschen Sonne vertragen. Ich lass die Twin Otter startklar machen. Am Abend sind Sie beide wieder hier.“
Im Hinausgehen klopfte er Leonard auf die Schulter. „Sie mögen hoffentlich ein gutes Steak.“
Ohne eine Erwiderung abzuwarten, sauste Runciman zur Tür hinaus. Seine letzte Bemerkung klang wie eine Einladung zum Diner. Für Menschen wie ihn drehte sich die Welt nur um die eigenen Belange. Leonards Situation drang entgegen seiner Aussage nicht mal zur Hälfte zu ihm durch. Mit der Beileidsbekundung tat er das Notwendige. Zurück zum Geschäft. Und dann zum Vergnügen.
„Na, schön“, raunzte Talley. „Sie haben, was Sie wollten. Aber unter meinem Kommando.“
    „Er wohnt immer noch im Old Empire“, sagte Ra ndell und massierte seinen

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