Das Auge der Dunkelheit (German Edition)
genügen.
„Du redest also besser, schnief, oder du kriegst den stechenden Blick.“
Die Koksnase kicherte irre über den blöden Witz. Unauffällig begann Leonard, die rechte Hand zu bewegen, um das Band zu lockern.
„Hört zu. Ich sag ja, was ich weiß“, keuchte er, den Verzweifelten spielend.
„Aber dazu müsst ihr mir erklären, um was es geht.“
„Unser Mistah Finnih macht auf ahnungslos.“
Mit der Bambusrute patschte der Kerl mehrmals auf die Bauchdecke. Ihm war Leonards Anspannungstechnik nicht entgangen, und er versuchte, ihn zu verunsichern. Unvermittelt schlug er zu. Leonards Oberkörper schnellte vor. Ruckartig warf er den Kopf in den Nacken. Für einen kurzen Moment zitterten die Metallspitzen nur Millimeter vor seinen Augen. Dann fiel er wieder auf den Rücken. Die Haut über der Magengrube brannte, als hätte man ihm ein glühendes Bügeleisen aufgedrückt.
„Du verkaufst uns für dumm, Wichser“, drohte die Koksnase.
Am rechten Handgelenk spürte Leonard, wie sich d er Klebestreifen lockerte. Es musste beim ersten Mal klappen. Das, was er vorhatte, zwang ihn allerdings, seinen Oberkörper aufzurichten. Es würde extrem schmerzhaft werden, aber darin bestand seine einzige Chance. Und der Drecksack musste nah genug bei ihm sein. Die dunklen Öffnungen der Kanülen glotzten ihn an.
„Wasser“, murmelte er leise.
„Wasser willst, du, mh?“ Schnief. „Kriegst du. Sind ja keine Unmenschen.“
Wieder kicherte der Rothaarige. Dann nahm er die Flasche, ging einen Schritt auf das Bett zu, hielt sie unterhalb von Leonards Kinn und kippte das Wasser auf seine Brust.
„Musst nur ein bisschen mit dem Kopf nach vorne. Schnief. Dann kannst du auch trinken.“
Er war zu weit weg.
„Na? Keinen Durst mehr?“
Der Kerl leerte die Flasche und schleuderte sie auf den Boden. Dann ging er noch einen Schritt auf das Bett zu und beugte sich hinunter. Immer noch nicht nah genug.
„Ich stell dir noch eine Frage. Wenn du wieder nur Müll quatschst, bin ich das letzte auf dieser Welt, das du siehst. Mistah Finnih.“
Komm näher, du Bastard!
„Wo ist er? Wo hast du ihn versteckt?“
Die Koksnase richtete sich wieder auf und holte mit der Rute aus. Wenn er jetzt zuschlug, war es aus.
„Ich hab ihn nicht!“
„Ich hab ihn nicht“, echote es. „Aber du weißt, wovon ich spreche, oder, Mistah Finnih?“
„Der Dolch“, riet Leonard.
„Was?“
„Das Auge der Dunkelheit.“
„Aaah“, machte der Folterknecht und grinste hinüber zu der Gestalt am Fenster. Dann nahm er den Stock mit beiden Händen hinter den Rücken und beugte sich langsam über Leonards Oberkörper.
„Sieh an. Wir erinnern uns wieder“, grinste er. Sein Gesicht kam so nah, dass Leonard den Atem riechen konnte. „Und weißt du was? Ich glaube, du hast ihn doch.“
Der Mann wollte sich wieder erheben.
Jetzt!
Mit einer heftigen Bewegung riss Leonard den rechten Arm nach oben. Die Bruchstelle am Stahlrohr durchtrennte das Klebeband mit einem sauberen Schnitt. Er warf sich nach vorn und drehte dabei den Kopf zur Seite. Eine Kanüle schrammte am Hinterkopf vorbei, die andere bohrte sich oberhalb des Ohres in die Schläfe und brach am Schädelknochen. Den irrsinnigen Schmerz ignorierend packte er den Revolver, bevor die Koksnase reagieren konnte. Ohne die Waffe aus dem Hosenbund des Mannes zu ziehen, drückte er ab. Mit einem Schlag verstopfte das Dröhnen des Schusses, von den Betonwänden verstärkt, die Ohren. Den Mund zum Schrei geöffnet, fiel die Koksnase nach hinten. Leonard hielt den Revolver in der Hand. Ohne Zögern drückte er ein zweites Mal ab, Richtung Fenster.
Auch den Alien hatte Leonard überrumpelt. Seine Silhouette schwebte noch vor dem Licht, das durch das Fenster strömte. Das Donnern des zweiten Schusses nahmen die malträtierten Trommelfelle nur noch halb wahr. Rote Tropfen spritzten über den Rahmen. Langsam sackte die Gestalt am Fenster in den Schatten.
Der andere lag immer noch auf dem Boden vor dem Bett. Hastig entfernte Leonard die Klebebänder an der linken Hand und den Füßen und sprang vom Bettgestell. Durch den nachhallenden Schmerz der Schläge krümmte sich sein Körper, und die Knie gaben nach. Er fiel auf die Seite, erwartete, für einen Moment schutzlos, den Angriff des zweiten Entführers. Doch der Schatten am Fenster war verschwunden. Abgehauen. Unter Schmerzen richtete sich Leonard auf, nahm den Revolver wieder an sich und beugte sich über den Kerl vor dem Bett.
„Vielleicht
Weitere Kostenlose Bücher