Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Das Auge der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Dekkard
Vom Netzwerk:
Fensterrahmen ab. Dreißig Stockwerke unter ihm glitzerte die Marina Bay.
Du gehörst mir, dachte er grimmig.
Damit meinte er die ganze Stadt. Seine Residenz, der Chan Khuo Tower, besetzte ein fußballfeldgroßes Stück des teuersten Baugrundes von Singapur. Sie protzte mit denen von Hitachi, Maybank und Toyota um die Wette. Klarsichtig, zielstrebig und rücksichtlos befehligte Chan Khuo ein Netzwerk von Unternehmen, das krakenartig nahezu jeden Wirtschaftszweig umfasste. Lange hatte es gedauert, bis aus ihm ein ehrbarer Mann wurde, ein gefürchteter Mann. Vorbei die Zeit, als er im Dunkeln operieren musste, hinter dem Rücken arroganter Regierungsbeamter, damals in Malaysia. Die sich die Hälfte der Beute eingesteckt und in ihm nur den dicken, hässlichen Chinesen gesehen hatten, der ihnen die Taschen füllte. Die ihm diesen Namen gaben. Einen Namen, den er seinem pummelig rund verformten Körper verdankte und seinen zu klein geratenen Augen. Babi bunting, das trächtige Schweinchen. Die Vergangenheit schmeckte bitterer als jede Pille, die er gegen seine Infektionen schluckte. Von Kind auf lebte er mit Drangsalierungen. Später wechselten sie zu offener Feindseligkeit. Klein und hässlich und dazu noch ein Chinese. Seine Eltern kamen in einem japanischen Internierungslager ums Leben, Malaria, wie die Besatzer behaupteten. Er musste schweigen. Seinen einzigen Bruder verlor er, als in den sechziger Jahren in Malaysia Jagd auf Kommunisten gemacht wurde. Und man die Gelegenheit nutzte, auch andere unliebsame Elemente loszuwerden. Wieder musste er schweigen. Spät kam seine Stunde, aber sie zwang ihn, sich zu arrangieren. Mit dem Hass, der ihm entgegenschlug, mit Diskriminierung, mit einem Spitznamen.
Babi Bunting .
Niemand wagte es mehr, ihn so zu rufen. Den wenigen Unvorsichtigen hatte er persönlich die Kehle aufgeschlitzt. Jetzt teilte er aus, hielt alle in der Hand. Jetzt versteckten sie sich hinter ihm . Er war unantastbar, trotz des offenen Geheimnisses, dass sein Imperium von dem Extrakt einer struppigen, unscheinbaren Pflanze geölt wurde. Die Quelle seines Reichtums bildeten die Schlafmohnfelder im Goldenen Dreieck von Burma, Laos und Thailand. Jeder zweite Junkie, den auf einer schmutzigen Toilette in Melbourne, Mailand oder Istanbul eine Überdosis Heroin niederstreckte, ging auf sein Konto. Es kümmerte ihn weniger als eine Fliege, die er mit der Klatsche erlegte. Sein Zorn wallte wieder auf und fuhr wie ein Gewitter zwischen seine Untergebenen.
„Wer war für die Versenkung des Schiffes verantwortlich?“, donnerte er.
Tan Pai, der Sekretär, verharrte bewegungslos, eine Statue fleischgewordener Ergebenheit, und versenkte die Augen im Fußboden. Die beiden anderen warteten steif wie Stöcke zu beiden Seiten der Tür. Nicht ihre eleganten Anzüge offenbarten die Stellung, die sie bekleideten, sondern ihre russischen Maschinenpistolen. Leise nannte der Sekretär die Namen.
„Tötet sie!“
Das Missgeschick mit der Nalanda Star verriet mehr, als dieser Bursche erfahren durfte. Leonard Finney. Völlig unerwartet tauchte er hier auf. Sicher suchte er nur das Rätsel um das Verschwinden seiner Eltern zu lösen. Aber er kam Chan dabei zu nahe. Dieser Finney verfügte über einen außerordentlichen Instinkt. Chan rätselte immer noch darüber, wie dem Mann gelingen konnte, die Verbindung zur Nalanda Star herzustellen. Aber um dieses Problem kümmerten sich jetzt andere. Sollte sich das Crime Department mit dem Kerl herumschlagen. Nicht dieser unvorhergesehene Zwischenfall schäumte seine Wut auf. Sondern, dass er nicht wie gewohnt schnell und direkt bekam, wonach er verlangte. Zeit seines Lebens suchte er nach Beweisen, ob ein Körnchen Wahrheit in der Legende steckte. Jahrzehnte, sich selbst mit wachsender Sorge betrachtend, während sein Körper verwelkte und von innen verrottete. Alles, was ihn seinem Ziel näherbringen konnte, erregte seine Aufmerksamkeit. Über den ganzen Erdball streckte er seine fiebrigen Finger. Und nun, da diese lange und kostspielige Suche ihm endlich die ersten Hinweise lieferte, weigerte sich das grausame Schicksal, ihm zu geben, was er am meisten begehrte. Er hatte den beiden Männern in die Augen gesehen, als sie brachen und das Leben aus ihren geschundenen Leibern floh. Stumm blieben sie. Kein Laut, kein Schmerzensschrei kam über ihre Lippen. Diese Kraft, dieser Wille. Wahrhaft unmenschlich, übernatürlich. Ausdruck jener Macht, von der die Legende sprach. Eine Macht, der

Weitere Kostenlose Bücher