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Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Das Auge der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Dekkard
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Drogenschiebern mit dem Begriff Sicherheit zu verbinden. Leonard saß in der hintersten Ecke an einem Zweiertisch, eine geisterhafte Erscheinung, umhüllt von Tabakschwaden. Den zweiten Stuhl besetzte ein junger Bursche, dessen Zunge sich in der einer zierlichen Prostituierten verhakte. Den ersten Teil der Nacht würde Leonard hier zubringen müssen. Danach blieb ihm nur noch die Straße.
    Das Regent Hotel hatte er unerkannt verlassen können. Die plötzliche Ohnmacht des Hotelangestellten erleichterte ihm die Flucht. Anschließend hatte Leonard die amerikanische Studentin aufgesucht, in der Hoffnung, sich über Nacht in der Traveller-Absteige verstecken zu können.
„Ist seit gestern verschwunden“, murrte der Kerl am Empfang. „Hat schon ausgecheckt, aber ihre Sachen dagelassen. Keine Ahnung, wann die wieder auftaucht.“
Alles auch nur leicht ungewöhnliche schrillte inzwischen mit einer ganzen Reihe von Alarmsignalen. Leonard zog es vor, zu verschwinden und kontaktierte Talley. Das Büro, vielmehr die Reederei in Person ihres einflussreichen Besitzers Dallin Runciman, bot die einzige Hoffnung auf Hilfe, bis sich die Sache klärte. Obwohl Leonard auf ein sofortiges Treffen drängte, vertröstete ihn der verstockte Bürohengst Talley auf den nächsten Tag.
Leonard schlich durch die geschäftigen Gassen Chinatowns. Vor etwa einer Woche hatte sein bisheriges Leben aufgehört zu existieren. Ein unaufgeregtes, das aber ein Zuhause kannte, Gewohnheiten, sogar Freunde, wenn auch oberflächliche. In dem Sex vorkam, getarnt als Liebe, eine Sprache und Konventionen, die er verstand. Hier besaß er nichts, allein unter Fremden, die an Garständen aßen oder, mit Räucherstäbchen in der Hand, stumm vor einem Tempel zu geheimnisvollen Göttern beteten. Ihm blieb nur das, was er am Leib trug und der Tod, der sich hartnäckig an seine Fersen heftete. Vielleicht zog es ihn in die Bar Indochine, weil von dort ein vertrauter Klang auf die Straße wehte. Die Zeile eines Rocksongs.
    We are all just prisoners here of our own device ...
Er schlug sich zuerst mit zwei Tassen eines furchtbaren Kaffees herum. Dann bestellte er ein Bier und versuchte, aus den Bruchstücken wenigstens eine Skizze zu zeichnen. Beide, Kavenay und auch sein Entführer, hatten den Kris erwähnt. Und auch jener, der es darauf anlegte, ihn an den Galgen zu bringen, indem er ihm einen Mord unterschob, verfolgte das gleiche Ziel. Mister Mahangir steckte irgendwo dazwischen. Aber die anderen bildeten drei verschiedene Parteien. Kavenay schätzte Leonard als gefährlich ein. Für den Tod seiner Eltern kam er aber sicher nicht infrage. Auch den gut organisierten Überfall auf den Frachter traute Leonard dem Mann nicht zu. Ebenso wenig der Nummer zwei, die Koksnase und sein Kumpan. Zu kleine Lichter für eine derartige Operation. Dahinter steckte die Nummer drei. Ein Fragezeichen. Dieses Fragezeichen hatte auch den malaiischen Schmied auf dem Gewissen und strengte sich an, Leonard hinter Gittern zu bringen. Hinter diesem Fragezeichen verbarg sich der mächtigste Gegner. Auf irgendeine Weise waren seine Eltern und er zwischen diese Fronten geraten. Er rief sich den Inhalt ihres Briefes ins Gedächtnis. Das absurde Ritual der drei Schamanen.
Nein.
Martha und Evan waren nicht zwischen die Fronten geraten. Sie hatten das Ritual initiiert. Und lösten damit alles aus! Die drei Schamanen entdeckten bei dieser Trance ein Geheimnis, das zwei von ihnen inzwischen das Leben gekostet hatte.
Kavenay wiederum interessierte sich für das gleiche Forschungsgebiet wie seine Eltern. Wie konnte ihm da ein magischer Kris weiterhelfen? Reiner Irrsinn. Und was suchten die anderen? Vielleicht stellte der Kris so eine Art Heiliger Gral des Ostens dar. Eine Projektionsfläche für die sehnlichsten Wünsche. Vielleicht war er das, was immer man darin sehen wollte. Womöglich ging es um mehr als den Dolch, um ein noch größeres Geheimnis. Wie er selbst mit einem fernöstlichen Mythos verbunden sein sollte, konnte er sich nicht einmal im Ansatz vorstellen.
„Was guckst´n so traurig, sweetheart?“
Vor ihm tänzelte eine junge Asiatin, höchstens zwanzig. Allein ihre Anwesenheit in dieser zwielichtigen Bar verdeutlichte, dass man für ihre Gefälligkeiten bezahlen musste. In der Absicht, sie zu verscheuchen, gab Leonard eine drastische Antwort.
„Ich habe jemanden umgebracht. Und ich werde gesucht für den Mord an jemanden, den ich nicht umgebracht habe. Die Polizei überwacht

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