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Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Das Auge der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Dekkard
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auf, entsicherte, zielte in Sekundenbruchteilen. Dann feuerte er auf die Straße hinunter. Im Gebell seiner Waffe ging das Krächzen des Funkgerätes unter.
„Posten 2. Habe nicht verstanden. Wiederholen bitte!“
    Leonard befand sich in der Mitte der Fahrbahn . Der hintere Verschlag des Mercedes öffnete sich. Runciman schraubte seinen Körper aus dem Wagen, hob einen Arm und winkte.
„Mister Finney!“
Sein Ruf schallte hohl zwischen den Gebäuden. Kurz blendete Leonard die Sonne, von einem Fenster reflektiert, dort, wo sich das Büro der Reederei befand. Und hinter seinem Rücken vernahm er ein Geräusch. Vielleicht nur hörbar, weil es in der Straße so ungewöhnlich ruhig war. Ein metallisches Klicken. Ein Ton, den er selbst in seinem angespannten Zustand kaum beachtet hätte. Aber Runciman führte in der gleichen Sekunde eine unerwartete Bewegung aus. Mit offenem Mund sank er hinter den Wagenschlag. Er ging in Deckung!
Eine Sekunde später übernahm die Hölle das Regiment. Noch bevor die drei ersten Schüsse donnerten, aus Richtung des Büros, warf sich Leonard zu Boden. Hinter ihm krachte es und ein heißer Strahl pfiff an seiner Schläfe vorbei. Er schlitzte dabei die Wunde auf, die ihm die abbrechende Injektionsnadel beigebracht hatte. Auf dem Boden liegend drehte er den Kopf nach hinten. Nur einen Meter hinter ihm stand ein junger Chinese. Zwei kreisrunde, rote Flecken verfärbten sein Hemd in Brusthöhe. Seiner Hand entglitt eine Automatik und klackerte auf das Pflaster. Mit glanzlosen Augen ging er in die Knie, der Oberkörper sackte ein, sein Kinn fiel auf die Brust. In dieser Position erstarrte er wie eine Marionette, deren Fäden man durchtrennt hatte.
Der Schmerz an der Schläfe raubte Leonard die Sinne. Den aufjaulenden Motor hörte er erst, als ihn der weiße Honda fast erreicht hatte. Aber es war das Geräusch von zwei Motoren. An der linken Fahrbahnseite kreischte es auf, weißer Qualm von abgeriebenem Kautschuk stieg aus einer Durchfahrt. Aus dem Schatten preschte ein blaues Fahrzeug auf die Straße. Mit voller Wucht rammte es den Honda an der Fahrerseite und schob ihn auf den Gehsteig. Der Fahrer des Honda schlug mit dem Kopf gegen den Türholm und kippte bewusstlos über das Lenkrad. Im Seitenfenster des blauen Wagens erschien der Lauf einer Maschinenpistole. Ratternd deckte sie das Fenster im zweiten Stock des Bürogebäudes mit einem Kugelhagel ein.
Die hintere Wagentür flog auf und ein Mann sprang heraus, eine MP im Anschlag. Lässig hielt er sie mit einer Hand. Mit dem Zeigefinger der anderen stach er in Leonards Richtung und grinste. Dann schlug er den Sicherungshebel seiner Waffe um. Leonards Arm schnellte hoch, richtete den Revolver aus. Das Grinsen verschwand auf der Stelle. Mit Widerstand hatte der Kerl nicht gerechnet. Er verarbeitete die Überraschung noch, als ihm Leonards perfekt gezielter Schuss die Waffe aus der Hand schlug. Sein Schmerzensschrei blieb in der Kehle stecken. Plötzlich platzte seine Schläfe. Die Kugel einer anderen Waffe verschmorte sein Gehirn. Leonard rollte zur Seite und ging hinter einem parkenden Auto in Deckung.
Das Dröhnen der Schüsse kam aus allen Richtungen. Direkt vor ihm hörte er das metallische Hämmern der Einschläge, die den blauen Wagen an der Seite trafen. Das Krachen einer brutal eingeschlagenen Gangschaltung. Der Motor heulte wieder auf und der Wagen raste rückwärts. Von oben feuerte Sung auf das Dach des blauen Fahrzeugs. Gleichzeitig nahm ihn Posten 3 aus dem Gebäudeinnern heraus unter Beschuss. Das Auto schlingerte, schrammte am Kotflügel von Runcimans Mercedes entlang, der Motor gluckerte unrund und fiel dann in den Leerlauf. Von wenigstens zwanzig Kugeln durchlöchert rollte das Auto noch ein kurzes Stück weiter, quer über die Fahrbahn, stieß an einen Begrenzungspoller und blieb dort hängen.
Sungs Arm mit der Waffe sank herab. Die Ohren weigerten sich noch, die folgende Stille anzuerkennen und rauschten, überanstrengt vom Gedröhn der Schüsse. Er drehte sich um.
„Irgendjemand ...“ Dann stockte er. Verletzt , wollte er sagen. Der Länge nach lag Officer Amir Sujardhan über dem Schreibtisch, auf dem Rücken, die Arme ausgestreckt wie Jesus am Kreuz. Eine Salve aus der Maschinenpistole hatte seinen Ambitionen, als geachteter Beamter wieder den Dienst in Kuala Lumpur anzutreten, ein Ende bereitet. Seine Uniform oberhalb des Hosengürtels bildete eine einzige rote Fläche, durchsiebt von zahllosen Einschüssen.

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