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Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Das Auge der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Dekkard
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eine Vermutung“, sagte Leonard. „Vielleicht ist es was völlig anderes. Vielleicht wirklich ein sagenhafter Schatz. Bis jetzt hat noch jeder behauptet, dieser Kris wäre nur ein Märchen.“
Ein fader Geschmack legte sich pelzig auf Leonards Zunge. Wie alle anderen benutzte er nun selbst Ausflüchte, wich aus, verbarg die Wahrheit. Jeder wollte das Ding für sich haben und tat alles, die anderen in die Irre zu führen. Verwirrt registrierte Leonard, wie dieser dunkle Drang allmählich auch von ihm Besitz ergriff.
„Schon möglich“, meinte Runciman. „Sie wissen, ich bin eine Art Experte auf diesem Gebiet. Ich habe alles Mögliche darüber gelesen. Auch viel Unsinn. Und tatsächlich ist in allen Quellen über diesen ganz speziellen Kris nur Mythenhaftes zu erfahren. Es kursieren sehr unterschiedliche Aussagen über seine Gestalt, seine Herkunft, die Macht, die er repräsentiert. Aber genau das ist ja das Merkwürdige.“
„Was meinen Sie?“
„DASS er in so vielen Quellen erwähnt wird, obwohl jeder Beweis seiner Existenz fehlt. Es ist wie mit Troja. Noch bis 1870 hielten alle Historiker diesen Ort für eine Erfindung, eine Sage. Und dann hat Schliemann ihn entdeckt.“
Wie vor Tagen in seinem Rauchsalon geriet Runciman bei dem Thema wieder ins Schwärmen.
„Das ist es, was die Träume nie versiegen lässt. Die Möglichkeit, dass es das Auge der Dunkelheit wirklich gibt.“
„Haben Ihre Quellen mal von einer Pagode des Schwarzen Buddha gesprochen?“
„Sie überraschen mich, Mister Finney!“
Das hätte er nicht einmal zu sagen brauchen. Sein Gesicht glich dem eines Mannes, dem unvermittelt ein Totgeglaubter gegenüberstand.
„Ich habe nur ein einziges Mal davon gelesen. Da betreten Sie ganz finsteres Gelände. Irgendeine Geheimlehre über Totenreiche, üble Dämonen und dergleichen. Niemand konnte, oder eigentlich, niemand wollte darüber reden.“
Ein Schauer durchlief ihn.
„Aber ich habe von diesem schwarzmagischen Zeugs nie im Zusammenhang mit dem Kris gehört.“
Die Furcht in seiner Stimme verunsicherte Leonard. Was der Mann über seine eigene Sammlung gesagt hatte, klang in Leonards Ohren schon nach schwarzmagischem Zeugs. Es gab also dunklere Dinge, die sogar Runciman abschreckten. Der Schauer griff auf Leonard über. Er überspielte ihn mit einer Lüge.
„Sie haben sicher recht“, sagte er. „Es ist vermutlich auch ohne Belang. Ich hörte nur jemanden davon sprechen.“
„Ich kann Ihnen nur einen Rat geben“, warnte Runciman. „Halten Sie Abstand von diesem jemand. Ich habe eine beunruhigende Nachricht von Mister Mahangir erhalten. In sein Hotelzimmer wurde eingebrochen.“
Leonard unterdrückte das Schmunzeln, das sich auf seine Lippen stehlen wollte. Runcimans folgende Worte hätten es ohnehin ausgelöscht.
„Er reagierte äußerst bestürzt und ist sofort abgereist. Aber nicht der Einbruch selbst versetzte ihn in Panik. Er erwähnte einen alten Bekannten, der hinter dem Kris her sei. Und dieser jemand wäre zu allem fähig.“
Besorgt legte Runciman die Stirn in Falten.
„Was ich meine, Mister Finney. Halten Sie Abstand von dieser ganzen Sache.“
    Tan Pai nahm den Umschlag entgegen und verbeugte sich.
„Kann ich meinem Herrn die Nachricht überbringen, dass der ehemalige Besitzer den Weg ins Jenseits angetreten hat?“
Schallend lachte Detective Chao auf.
„Nein. Kannst du nicht.“
Seine Inszenierung –Tatverdächtiger auf der Flucht erschossen– wollte er zu perfekt anlegen. Er hatte dem an den Händen gefesselten Arundhavi befohlen, einige Schritte in den verwilderten Garten des alten Hospitals vorauszugehen. Eine spätere Untersuchung würde dumme Fragen provozieren, wenn er ihn aus nächster Nähe erschoss. Detective Chao zeigte Tan Pai seine Dienstwaffe.
„Da kommt es einmal drauf an, jemanden wirklich umzulegen und das Ding hat Ladehemmung. Ist das zu fassen?“
Wieder lachte er auf.
„Der Kerl war wie der Blitz im Gebüsch. Weg. In Luft aufgelöst. Mit gefesselten Händen.“
„Das ist äußerst unerfreulich.“
„Sag deinem Herrn, er soll sich nicht ins Hemd machen. Der Typ wird polizeilich gesucht. Er läuft halb nackt herum, ohne Geld und Papiere. Wir kriegen ihn.“
„Wie Ihr meint. Euer Honorar bekommt Ihr, wenn wir die Echtheit des Stückes überprüft haben. Und seid versichert. Mein Herr macht sich nicht ins Hemd. Niemals.“
Mit einem diabolischen Lächeln verabschiedete er den Detective.
    Dreißig Stockwerke darüber nahm

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