Das Auge der Dunkelheit (German Edition)
Fellbündel auf dem Tisch, schlich in den Flur und zog die Tür hinter sich zu. Eine kurze Zeit würde seine rastlose Mörderseele Ruhe finden. Es war der perfekte Ablauf. Die Harmonie.
„Eine verfickte Schweinerei, das kann ich Ihnen sagen.“
Constablers des Crime Department hielten die Bewohner des Hauses davon ab, die Gänge zu verstopfen. Als er den Namen Leonard Finney das erste Mal gehört hatte, war Detective Inspector Sung das sichere Gefühl überkommen, der Tag werde Überraschungen bringen. Jetzt hoffte er inständig, sie würden ihm erspart bleiben. Zusammen mit seinem Assistenten Chao stieg er die Treppen des ranzigen Wohnblocks hinauf.
„Die Bude gehört ´ner Nutte“, sagte Chao. „Nachbarn haben in den letzten Tagen häufig eine Weißnase bei ihr gesehen. Die Beschreibung passt auf: na, wen wohl?“
Müde winkte Sung ab. Wann immer in letzter Zeit eine Leiche auftauchte, fiel sofort der Name Finney.
„Jetzt hat es ihn selbst erwischt.“
Im vierten Stock bahnten sie sich den Weg durch ein Spalier aufgeregt schnatternder Hausbewohner. Vor der Wohnung, in der die Leiche gefunden wurde, zeterte ein dukun herum. Ein Medium, von den Nachbarn herbeigerufen. Aus Angst, die Seele des Massakrierten könnte auf ewig durch die Gänge geistern und Unheil anrichten. Der dukun sollte das Böse in seine Schranken weisen.
„Welches Tier ist zu so was fähig?“, keuchte Sung.
Die Leiche lag auf dem Rücken ausgestreckt. Am Hals klaffte eine Wunde, die Bauchdecke aufgeschlitzt. Das gesamte Blut ausgeflossen und in die Matratze gesickert.
„Kein Schwanz im ganzen Haus hat auch nur einen Ton gehört“, sagte Chao kopfschüttelnd. „Und gesehen hat auch keiner was.“
Unmöglich, dachte Sung. In dem Block wohnten Hunderte. Und jeder wusste über jeden Bescheid. Ging jemand im Erdgeschoss auf das Klo, wurde es noch im vierten Stock registriert. Abgesehen von der fürchterlichen Metzgerarbeit roch es genauso wie schon einmal. Im Mordfall des Doktors Pathom. Das Werk eines Lautlosen. In jener Nacht in der Thomson Road hatte Finney Glück gehabt, dass der Streifenwagen auftauchte. Dieses Mal hatte es ihn im Stich gelassen. Sung betrachtete das Gesicht des Toten. Zwecklos, sich noch Gedanken darüber zu machen, wie er hier gelandet war, in dem Appartement einer Prostituierten. Alles würde er mit ins Grab nehmen. Was ihn nach Singapur führte, warum er starb, wer ihn ermordete. Vor dem Fenster lachte ein klarer Morgen. Wie gemacht, um in den Armen einer Frau aufzuwachen. Und er stand vor einem blutgetränkten Bett. Mit einem Toten darin, der Fragen stellte, die er nie würde beantworten können. Eine Woche Urlaub wär das beste, dachte er. Den ganzen Mist vergessen und dann wieder von vorn anfangen.
„Was ist mit der Bewohnerin?“
Des Ganzen müde stellte er die Frage nur, damit seine Frustration sich nicht auf die übrigen Polizisten übertrug. Ein Constabler, der die Tür bewachte, antwortete.
„Jemand hat sie gestern früh das letzte Mal gesehen. Sie hat das Haus verlassen. Mit einem Reisekoffer. Ist wohl abgehauen.“
„Der Typ wurde in der Nacht abgeschlachtet“, ergänzte Chao. „Sie kann nichts damit zu tun haben.“
Die Worte prallten an Sung ab. Nur noch für das Protokoll. Seine Schultern sackten nieder. Es blieb nur noch eins. Sein persönlicher Höllenkreis des Todes bekam ein zusätzliches Kreuz. Dort, wo der Name des Engländers stand. Wieder ein ungelöster Fall. Einer, der im Keller des Crime Departement landen und dort mit einer Sammlung ähnlicher Akten verstauben würde.
Erschauern befiel Tan Pai, als der Zweigesichtige plötzlich vor der Tür stand. Ohne Worte überreichte der Lautlose zwei Päckchen. Tan Pai lud ihn nicht zum Bleiben ein. Zu mächtig seine Angst, dieser Mann könne ihn aus purer Lust töten oder weil ihm der Tee nicht schmeckte, den der Sekretär für jeden Gast bereitete. Nachdem der unheimliche Besucher gegangen war, läutete Tan Pai vorsichtig das Glöckchen, um seinen Herrn zu wecken.
Chan Khuo hatte die Nacht auf der Chaiselongue verbracht, unfähig, sich von der Stelle zu rühren. Im Liegen ertrug er die Schmerzen kaum. Aber mit jeder Bewegung fuhren sie durch den ganzen Leib, als würden ihn tausend Teufel mit glühenden Eisen in jede Körperöffnung stechen, durch Bauch und Rücken. Als Tan Pai in das Zimmer tappte, ein Bündel unter dem Arm, verwandelten sich die Qualen in reinste Genüsse. Andächtig legte Tan Pai das Päckchen vor ihm hin. Mit
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