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Das Auge der Fatima

Das Auge der Fatima

Titel: Das Auge der Fatima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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Euch wieder kräftiger fühlen.«
    Moshe lächelte. Morgen. Nein, morgen würde es für ihn nicht mehr geben. Aber er würde schlafen. Endlich nur noch schlafen. Nicht mehr reisen, nicht mehr kämpfen. Nie mehr.
    »Geh jetzt, Isaac«, sagte er und schloss seine Augen. »Lass mich allein.«
    »Wie Ihr es wünscht, Rabbi.«
    Moshe hörte, wie sich die leichten, schnellen Schritte des Jungen entfernten. Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss. Endlich. Ruhe.
    Moshe Ben Maimon war beinahe eingeschlafen, als er plötzlich aufschreckte. Etwas Hartes, Spitzes bohrte sich in seine Rippen. Mit kalten zitternden Fingern tastete er in seinem Bett nach dem Gegenstand und erstarrte. Er brauchte es nicht zu sehen, um zu wissen, was es war. Er fühlte es. Er kannte jede Rundung, jede Spitze der Bruchkante ganz genau. Es war u-bina, die Einsicht. Wie der Saphir, den Beatrice noch vor wenigen Momenten vor seinen Augen wieder in ihren Beutel gesteckt hatte, in sein Bett gekommen war, war ohne Bedeutung; eine Frage, die ein Sterblicher ohnehin nicht beantworten konnte, eines der ungezählten Wunder der Steine der Fatima. Moshe atmete tief ein. Es war also noch nicht vorbei. Aus irgendeinem Grund war seine Aufgabe immer noch nicht erfüllt. Dabei war er so müde. Er hatte nicht einmal mehr genügend Kraft, um zornig zu werden. Zornig auf einen Ratschluss, der weit über das Maß hinausging, das ein Einzelner ertragen konnte.
    »O Adonai, o Zebaoth«, flüsterte er nur, als er spürte, wie sich das Zimmer um ihn herum zu drehen begann. Seine gefühllosen Finger umklammerten den Stein fester, und seine Augen füllten sich mit Tränen. »Warum? Warum nur?«

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    20.
    D en Heimweg legten Ali und Beatrice schweigend zurück.
    Zu viel ging jedem von ihnen durch den Kopf, musste erst einmal überdacht und verarbeitet werden. Und zu groß war die Angst, dass sie belauscht werden könnten und sich hinter einem der zahlreichen Händler, Bettler, Bauern und Hirten, die ihnen in den schmalen Gassen begegneten, in Wahrheit ein Fidawi verbarg. Zu Hause, hinter geschlossenen Türen und Fensterläden, würden sie reden, lange, ausführlich. Da war Beatrice ganz sicher. Vielleicht würden sie es sogar wagen, heute noch einmal den Kasten zu öffnen und die beiden fehlenden Steine hineinzulegen. Vielleicht.
    Ihre Befürchtungen waren überflüssig. Sie erreichten Alis Haus ohne Schwierigkeiten. Niemand hatte sie aufgehalten, niemand hatte sie angesprochen oder versucht in den Korb zu greifen, in dem Beatrice unter einem Stapel Tüchern die Schatulle mit den kostbaren Saphiren versteckt hatte. Niemand war ihnen gefolgt, so weit sie das beurteilen konnte, denn nach allem, was sie bislang über die Fidawi gehört hatte, waren diese Burschen ebenso geschickt wie japanische Ninja- Krieger - lautlos, unsichtbar und absolut tödlich.
    Sie hatten kaum das Haus betreten, als auch schon einer der Tordiener herbeigeeilt kam und Ali mit der Nachricht überraschte, dass ein Mann mit seinem kranken Sohn vor dem Tor seiner Praxis auf ihn wartete.
    Ali runzelte gequält die Stirn. »Hast du ihnen nicht gesagt, dass ich heute keine Patienten empfange?«
    »Natürlich, Herr«, erwiderte der Diener, und es war ihm sichtlich unangenehm, diese Nachricht zu überbringen. »Ich habe es ihnen gesagt. Doch sie ließen sich davon nicht beeindrucken. Sie haben eine lange Reise auf sich genommen, nur um Euren Rat zu hören - so sagten sie wenigstens. Und jetzt sitzen sie seit den Morgenstunden vor Eurem Tor und warten auf Eure Rückkehr.« Der Diener senkte ein wenig den Kopf und wagte kaum Ali in die Augen zu sehen. »Mittlerweile hat sich eine neugierige Menschenmenge um die beiden herum versammelt. Ich wollte bereits nach den Soldaten schicken lassen, um die Leute zu vertreiben, doch Mahmud hat es nicht zugelassen, Herr. Er befürchtete einen Tumult, der Eurem Ansehen und Eurem Ruf empfindlichen Schaden zufügen könnte.«
    »Als ob das nicht schon längst geschehen wäre«, stöhnte Ali und fuhr sich mit beiden Händen durch das Haar, sodass es wild nach allen Seiten abstand. »Und warum, so frage ich dich und all die anderen Trottel, die ich eigens zu dem Zweck durchfüttere, damit sie meine Tore bewachen, habt ihr das zugelassen? Weshalb habt ihr die beiden nicht einfach ins Haus gebeten? Sie hätten hier warten können. Wenigstens wäre dann mein Name nicht in Verruf gekommen.«
    »Herr, aber Ihr selbst habt doch ...«, stammelte der Diener, der ängstlich ein paar

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