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Das Auge der Fatima

Das Auge der Fatima

Titel: Das Auge der Fatima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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zur Not mit meinem Leben.«
    Malek legte ihm eine Hand auf die Schulter.
    »Ich danke dir, mein Bruder. Ich danke dir von ganzem Herzen für deine Treue«, sagte er. »Doch nun lasst uns gehen. Vermutlich werden wir gleich aufbrechen, und ich will nicht, dass Yasmina unruhig wird. Oder gar einer von Jaffars Männern ihr zu nahe kommt.«
    Beatrice wartete noch eine Weile, bis die vier Brüder außer Sichtweite waren. Erst dann wagte sie sich aus ihrem Versteck hervor. Gedankenverloren ging sie zu Yasmina zurück. Was sie innerhalb weniger Augenblicke erfahren hatte, gab ihr genügend Stoff zum Nachdenken.
    »Wo warst du, Sekireh?«, erkundigte sich Assim, als sie schließlich die anderen erreichte. Anscheinend hatte er bereits die Auseinandersetzung mit seinen Brüdern vergessen, denn er strahlte über das ganze hübsche Jungengesicht, als läge ein spannendes Abenteuer vor ihm. »Wir wollen gleich aufbrechen. Bist du schon einmal mit so einer großen Karawane unterwegs gewesen? Ich nicht. Malek und Murrat und Kemal meinen sogar, dass es gefährlich werden könnte, dass in den Bergen Räu... «
    »Assim!« Murrats scharfe Stimme ließ ihn zusammenzucken. »Haben wir dir nicht gesagt, du sollst den Mund halten? Du bist klatschsüchtiger als ein Waschweib. Ich habe Malek gleich gesagt, dass wir dich zu Hause lassen sollen. Du machst nichts als Ärger.«
    »Mach ich gar nicht«, widersprach Assim, und vor lauter Empörung traten ihm sogar Tränen in die Augen. »Ich wollte doch nur ...«
    »Hör nicht auf ihn, Assim«, sagte Kemal sanft und legte seinem jüngsten Bruder beschwichtigend eine Hand auf den
    Kopf. »Geh jetzt zu deinem Pferd und prüfe noch einmal nach, ob die Gurte auch wirklich fest angezogen sind, ob du deine Verpflegung dabei hast und dein Wasserschlauch aufgefüllt ist und keine Löcher aufweist. Wir brechen gleich auf.«
    Der Junge wischte sich rasch mit dem Ärmel seines Reisemantels die Tränen aus den Augenwinkeln und ging dann ohne ein weiteres Wort zu seinem Pferd.
    »Verzeih, Sekireh«, sagte Kemal. »Ich hoffe, Assim hat dir mit seinem Geschwätz keine Angst gemacht. Er ist noch ein Kind. Und Allah hat diesen Jungen mit einer ausgeprägten Einbildungskraft gesegnet, die manchmal zu erschreckenden Einfällen führt.«
    »O nein, du kannst beruhigt sein, er hat mir keine Angst gemacht«, erwiderte Beatrice und dachte, dass Assim keinesfalls ein Kind war, das sich Geschichten ausdachte. Vermutlich war er einfach noch zu jung, um erkennen zu können, wann es besser war zu lügen. Im Gegensatz zu seinen Brüdern. »Ich kann Wahrheit und Fantasie in der Regel gut unterscheiden. «
    Sie strahlte Kemal unbefangen an.
    »Ja ... ja, natürlich«, stammelte er, und sein freundliches Lächeln wurde ein wenig unsicher. »Ich muss mich jetzt auch um mein Pferd kümmern. Entschuldige mich.«
    Er verneigte sich hastig und verschwand.
    Yasmina küsste und umarmte noch ein letztes Mal ihre Eltern und Brüder, bevor sie, Beatrice und die beiden Dienerinnen eine Sänfte bestiegen, die von vier Pferden getragen wurde. Beatrice war wenig begeistert über diese Aussicht. Wenn sie selbst hätte entscheiden dürfen, wäre sie viel lieber den ganzen Weg bis nach Gazna geritten. Doch man ließ ihr keine Wahl. Sie war eine Frau. Und eine ehrbare Frau hatte nur in seltenen Ausnahmefällen etwas auf einem Pferderücken verloren. Im Übrigen sollte sie bescheiden, sittsam und vor den Augen fremder Männer verborgen in ihrer Sänfte bleiben. Mit einem flauen Gefühl im Magen bestieg sie mit Hilfe eines treppenähnlichen Podests die Sänfte. Ihre Erfahrungen mit dieser Form der Fortbewegung hatten bisher jedes Mal zu blauen Flecken, Rückenschmerzen und Übelkeit geführt. Doch diese Sänfte schien anders zu sein. Sie war sehr lang und breit und so geräumig, dass die vier Frauen nicht nur bequem beieinander sitzen konnten, ohne sich gegenseitig einzuengen, sie konnten sich richtig ausstrecken und hinknien, wenn sie wollten. Es gab sogar zwei Tische, auf denen bereits Schalen mit frischem Obst und vier Becher standen. Eine große Zahl dicker Polster und noch mehr Kissen versprach eine wenigstens einigermaßen stoßfreie Reise. Jetzt blieb nur noch zu hoffen, dass es unter den dichten, schweren Stoffen im Laufe des Tages nicht zu heiß im Innern der Sänfte werden würde.
    Als es sich alle vier Frauen bequem gemacht hatten, öffnete eine der Dienerinnen den Vorhang einen Spaltbreit und spähte hinaus.
    »Seht nur, Herrin, es

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