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Das Auge der Fatima

Das Auge der Fatima

Titel: Das Auge der Fatima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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Briefe auch wirklich von Euch stammten und nicht eine Falle waren. Ich muss überaus vorsichtig sein. Und außerdem ... Aber setzt Euch doch.«
    Ali stellte fest, dass er sich plötzlich unbehaglich fühlte. Es war das erste Mal, dass er sich im Haus eines Juden aufhielt. Fremder hätte er sich auch nicht fühlen können, wenn ihn das Schicksal wie den Reisenden Ahmad ibn Fadian mitten unter die wilden Nordmänner verschlagen hätte. Dabei war er noch nicht einmal eine halbe Wegstunde von seinem eigenen Haus entfernt. Der alte Moshe machte einen freundlichen, gütigen und gastlichen Eindruck. Außerdem hatten die Juden denselben Stammvater wie die Gläubigen, wenn man den alten Schriften glauben wollte. Er und Ali waren sozusagen Halbbrüder. Objektiv betrachtet gab es also überhaupt keinen Grund, sich unbehaglich zu fühlen.
    Abraham. Plötzlich fielen Ali die Geschichten aus dem Koran ein, die ihm Selim immer vor dem Einschlafen erzählt hatte, als er noch ein kleiner Junge gewesen war. Und ihm kam in den Sinn, dass Abraham in seiner Fantasie stets so wie Moshe ausgesehen hatte. Natürlich hatte er niemals darüber gesprochen, denn sich den Stammvater aller Gläubigen bildlich vorzustellen, war streng verboten.
    »Setzt Euch, Ali al-Hussein, Ihr müsst müde und erschöpft sein von der Wanderung durch die halbe Stadt. Isaak, schnell, bring einen Stuhl für unseren berühmten Gast.«
    Isaak!, dachte Ali amüsiert, und sein Unbehagen war im selben Moment verflogen. Sieh mal an, wie passend. Wurde nicht so der Halbbruder Ismaels genannt, der andere Sohn Abrahams, auf den sich die Juden berufen?
    Der junge Jude lief rasch an Ali vorbei und schob einen zweiten Lehnstuhl an das Feuer.
    »Bitte, Herr, setzt Euch«, sagt er höflich und schob den Stuhl so zurecht, dass Ali sich nur noch drauffallen lassen musste.
    Zögernd ließ Ali sich auf der Kante nieder. Er hatte noch nie zuvor einen Stuhl benutzt. Und obwohl er natürlich wusste, dass insbesondere im Abendland solche Möbelstücke üblich waren, hatte er doch stets die herkömmlichen Sitzpolster vorgezogen. Stühle waren ihm immer unbequem und hart erschienen. Allerdings musste er sich jetzt korrigieren. Dieser Stuhl war sehr bequem und seine Sitzfläche so weich gepolstert, wie man es sich nur wünschen konnte.
    Vielleicht sollte ich mir doch ein solches Möbelstück zulegen, dachte er und ließ seine Hände über das glatte dunkle Holz der Armlehnen gleiten.
    »Diese Stühle sind angenehm, nicht wahr?«, riss ihn die Stimme seines Gastgebers erneut aus seinen Gedanken. »Vor allem bereitet es entschieden weniger Mühe, sich daraus wieder zu erheben. Eine Annehmlichkeit, die man im Alter nicht unterschätzen sollte.«
    Erschrocken und peinlich berührt, doch noch bei einer Unhöflichkeit ertappt worden zu sein, wandte Ali seine Aufmerksamkeit wieder seinem Gastgeber zu. Das fröhliche Funkeln in den hellen Augen des Juden machte ihn unsicher. Unwillkürlich setzte er sich kerzengerade auf.
    »Ihr habt Recht«, entgegnete Ali, und seine Stimme klang eine Spur schärfer, als er beabsichtigt hatte. »Vor allem aber ist es angenehm, sich auszuruhen, wenn man lange Zeit vor einer verschlossenen Tür stehen musste.«
    »Ihr sprecht von Isaak?« Moshe lächelte voller Güte und Liebe. »Ich kann Euren Unmut verstehen, Ali al-Hussein. Trotzdem bitte ich Euch, dem Jungen zu verzeihen, falls er Euch unhöflich behandelt hat. Ich bitte Euch um Euer Verständnis. Was auf Euch wie Unhöflichkeit und mangelnde Gastfreundschaft wirken muss, ist für uns eine Frage des Überlebens. Wir Juden sind hier in Qazwin ...« Moshe Ben Maimon runzelte die Stirn und schnalzte mit der Zunge. »Nun, wir werden geduldet, um es höflich auszudrücken. Dennoch warten so manche der >Gläubigen< nur auf die erstbeste Gelegenheit, uns ein für alle Mal aus der Stadt zu vertreiben - oder gar zu töten. Was den meisten sogar noch lieber wäre. Deshalb ist man hier, am Ende der >Gasse der Totem, wie wir sie nennen, sehr misstrauisch Fremden gegenüber - insbesondere dann, wenn sie am Vorabend des Sabbat mitten während der Vorbereitungen an unsere Türen klopfen.«
    Ali spürte, dass er rot wurde. Er wusste nicht viel über die Bräuche der Juden, aber er wusste, dass der Sabbat ähnlich wie der Freitag bei den Gläubigen der Tag war, an dem sie zu ihrem Gott beteten. An diesem Tag waren stets alle jüdischen Geschäfte, die er jemals kennen gelernt hatte, geschlossen gewesen.
    »Ich bitte um

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