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Das Auge der Seherin

Das Auge der Seherin

Titel: Das Auge der Seherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victoria Hanley
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töten", sagte Vesputo, „doch ich werde Euch verschonen, wenn Ihr mir ein paar Dinge verratet."
    Landen sah seinen alten Feind an und sagte: „Ihr werdet mich nicht verschonen, gleich, was ich Euch erzähle." Seine Stimme rasselte vor Anstrengung. Vesputo öffnete die Hand und streckte sie in den verblassenden Sonnenstreifen, der vom Fenster hereinfiel. Landen erblickte Torinas kleinen Ring und Dahmis' steinernes Kennzeichen.
    „Dieses vulkanische Gestein ist sehr selten", sagte Vesputo und schwang den Glasstein an der Kordel hin und her. „Es heißt, es gäbe nur fünf davon und ein jeder gewähre seinem Besitzer ungehinderten Zugang zum Oberkönig." Landen schwieg.
    „Und nun, da ich einen davon besitze ..." Vesputo schloss seine Faust um den Stein.
    Landen wurde immer mutloser. Wollte er mit seiner Hilfe dem Oberkönig eine Falle stellen? „Woher habt Ihr diesen Stein?"
    Landen antwortete nicht, aber Vesputo fuhr in spöttischem Plauderton fort: „Großes Geheimnis? Natürlich. Aber die Herkunft dieses Steines ist klar. Ich wusste nicht, dass Ihr auf so vertrautem Fuß mit dem Oberkönig steht."
    „Es gibt vieles, was Ihr nicht wisst, Vesputo."
    „Ich kenne diesen Ring", sagte er streng und spielte mit
    dem schmalen Goldreif mit dem winzigen, glitzernden Kristall. „Wo ist sie?"
    Landen hatte Angst, seine Stimme könnte versagen, als er antwortete: „Sie war die Seherin, nicht ich." „Sehr schlau. Aber ich frage Euch. Was wisst Ihr über sie?"
    „Ich habe vor langer Zeit erfahren, dass sie hier in Archeld gestorben ist." „Woher habt Ihr diesen Ring?" „Sie schenkte ihn mir, als wir noch Kinder waren." „Warum?"
    „Ich weiß nicht." Landen wollte seine Verachtung für Vesputo herausschreien, ihm sagen, dass er wusste, wer Kareed ermordet hatte. Doch wenn er das tat, würde Vesputo ihn zwingen, sich zu erklären. Torina war die einzige Augenzeugin des Mords gewesen. Landens Leben war nicht mehr zu retten, doch ihr Leben konnte er noch schützen.
    Vesputo kräuselte spöttisch die Lippen. „Ein Mann voller Überraschungen. Nun gut, da Ihr mir auf keine meiner Fragen antworten wollt, werde ich Euch etwas sagen. Torina ist ebenso lebendig, wie Ihr morgen sein werdet."
    Landen schossen die Gedanken durch den Kopf. Nein, er kann Torina nicht haben. Sie ist im Hochtal geblieben. Sie ist immer noch dort. Er will mich nur quälen. Vesputo verschränkte die Arme. „Sagt mir, wo Ihr das Schwert von Bellandra versteckt habt."
    Landens Herz machte einen Satz, sein rasender Puls jagte ihm Hitzeschauer über den Körper. „Das Schwert?", fragte er atemlos.
    Vesputos Augen verengten sich zu Schlitzen. „Das Schwert. Ihr habt es mir gestohlen." „Wäre ich hier, wenn ich das Schwert besäße?", rief Landen ungläubig.
    Er bemerkte, wie Vesputo versuchte, seinen inneren Aufruhr zu verbergen. Ob er verwirrt war oder sich ärgerte, war schwer zu erkennen. Eine lange Pause entstand. Vesputo stand über ihm, seine Kiefer arbeiteten. Landen fragte sich müde, ob Vesputo ihn jetzt einfach töten würde.
    Aber dann drehte sich Vesputo um und verließ wortlos die Zelle.
    Das Schwert von Bellandra! Ich habe mein Leben riskiert, es zu finden. Aber er würde mich doch nicht fragen, wenn er wüsste, wo es ist. Warum denkt er, ich hätte es gestohlen ? Da erinnerte sich Landen an seine letzte Reise nach Archeld, als er einen wertvollen Schatz stehlen sollte, der in einer Kiste ähnlich einer Pyramiden versteckt war. Dort, auf dem harten, gestampften Zellenboden, dachte Landen an jene Winternacht auf der Ebene von Archeld. Damals hatte er an dieser Kiste gelehnt, die er so wagemutig gestohlen hatte. Nun wusste er, was er getan hatte. Tränen schossen ihm in die Augen und rollten über sein zerschundenes Gesicht. Ich hatte es. Ich hatte das Schwert.
    Er erinnerte sich an Dahmis' Worte. „Es gehört jemandem, der verschwunden ist. " Der Oberkönig hatte Bellanes beauftragt, das Schwert von Bellandra für den verschwundenen Prinzen von Bellandra zu stehlen, und hatte nicht gewusst, wen er mit Bellanes vor sich hatte. Und weil ich in das Schwert für eine mächtige Waffe hielt, erkannte ich es nicht, als es im Kleid des Friedens zu mir kam.
    Zitternd schreckte Torina aus dem Schlaf. Sie lag auf der Erde, neben ihr, in einem Meer von frischem Gras, lag ein Bogen.
    Sie versuchte, sich zu erinnern. Wann war sie eingeschlafen? Sie konnte sich nur noch daran erinnern, dass sie nachts über die Ebene von Archeld geritten und in der

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