Das Auge der Seherin
er schlicht.
Ehrfürchtig kniete er neben der Pyramide nieder. Langsam ließ er seine Hand darüber gleiten, während die Menschen verzückt zusahen.
Dann brach er mit raschen, geschickten Bewegungen die Schlösser auf. Die Kiste ging auf. Er hob ein scharfes, schillerndes Schwert empor, auf dessen Klinge funkelnde Sterne wie Regenbogen schimmerten. Emid starrte das Schwert an und sein Herz lief über, als hätte sich alle Liebe seines Lebens in einem einzigen reißenden Fluss vereint.
Alle waren von der Harmonie und Würde des Augenblicks ergriffen und begannen zu lächeln. Einer von Landens Männern, ein Mann mit einem schrecklich verunstalteten Gesicht, sah aus, als wollte er ein Lied anstimmen. Neben ihm saß ein Riese von Mann, der in seinem hochgeschlossenen Hemd glänzte wie ein Leuchtfeuer.
Torina beugte sich hinter den Thron und zog eine wunderbar gearbeitete Scheide hervor, die sie Landen um die Taille band.
„So, dann kannst du es auch tragen", sagte sie. Landen steckte das Schwert in die Scheide und auf ein Zeichen von König Dahmis stimmten die Musikanten ein munteres Lied an und die Menschen drängten sich plaudernd und lachend aus dem Saal. Emid ging vor zu Torina. Diese stand versunken da und sah Landen in die Augen. Da erinnerte er sich der kleinen Waldlichtung, wo er die beiden Königskinder beim Bogenschießen beobachtet hatte.
Vielleicht habe ich es damals schon geahnt. Jetzt weiß ich es mit Bestimmtheit. Das Schicksal hat sie zueinander geführt. „Wie sieht Eure Zukunft aus, Königssohn?", hörte er Torina fragen.
Landen lächelte. „Fragt Eure Kristallkugel, Königstochter."
Sie streckte die Hand aus und strich mit dem Finger über seine Augenbrauen. „Mein Kristall zeigt mir nie, was ich mit eigenen Augen sehen kann." Königin Dreea und König Dahmis standen in der Nähe und betrachteten das Paar.
„Die beiden sind aus demselben Holz geschnitzt", sagte die Königin.
Der Oberkönig nickte. „Von derselben Klinge", antwortete er und reichte ihr würdevoll den Arm.
ENDE
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