Das Auge der Wüste: Das Geheimnis von Askir 3 (German Edition)
musste wohl gehörig erschrocken sein. Die Händlerin, die keine war, lächelte unschuldig. Überrascht schaute ich der Sänfte der Prinzessin hinterher, die in der Entfernung immer noch zu sehen war. Wie konnte es sein …?
»Nehmt schon eine Frucht, oder am besten das ganze Tablett«, sagte die junge Frau schroff. »Trefft mich dort am Stand des Bäckers. Der Stand mit dem grünen Tuch. Fragt nach Serana.«
Ich nahm zwei Stück Obst und ließ zwei Kupferstücke auf das Tablett fallen.
Die Frau wandte sich ab und ging weiter.
»Honigfrüchte!«, rief sie. »Nur ein Kupferstück!«
»War das nicht …?«, fragte Leandra.
Ich zog ihren Schleier beiseite und schob ihr eine der klebrigen Früchte in den Mund. »Ja.«
Ich aß die andere Frucht selbst. Wenn ich noch länger in dieser Stadt verweilte, befürchtete ich, süchtig nach ihren Nascherein zu werden.
Leandra sah mich an, kaute und schluckte. »Du bist nicht hinreichend überrascht, Havald. Was hast du vergessen zu erwähnen?«
»Sie hat mich nach einem Rat gefragt.«
»Hast du ihr einen gegeben?«
»Nein. Ich versuchte sogar, ihn zu vermeiden.«
»Kluge Entscheidung«, sagte Janos. »Erwiese er sich als richtig, wäre es ihr Verdienst. Ginge es daneben, wäre es Eure Schuld.«
»Aber wenn jemand Ratschläge erteilen könnte, dann Ihr, Havald. Ihr habt die Erfahrung«, sagte Sieglinde und sah mich mit treuen Augen an.
»Nein«, entgegnete ich. »Darin hat niemand Erfahrung.«
»Habt Ihr auf uns gewartet, um dieses Schauspiel zu inszenieren?«, fragte ich, als ich mich auf die Bank in der hinteren Ecke des Zeltes niederließ. Dort saß jemand mit dem Namen Serana. Mit den offenen Haaren und dem einfachen Gewand, ungeschminkt und ohne den steifen Rücken, gab es nur eine entfernte Ähnlichkeit mit der Prinzessin. Auch wirkte sie jünger. Dann fiel mir ein, wie jung Faihlyd wirklich war.
»Nein. Ich musste mich im Gegenteil sogar beeilen, damit ihr es nicht stört«, sagte sie mit einem Lächeln. Sie trank aus einem Steingutbecher gezuckerten Tee.
»Dies sind also Eure Freunde, Havald. Stellt sie mir vor.«
»Maestra Leandra de Girancourt, Sieglinde, Janos.« Ich blickte Faihlyd in die Augen. »Und dies ist Serana. Sie verkauft Honigfrüchte.«
Serana zog eine Augenbraue hoch, lächelte und wandte sich Leandra zu. »Maestra, bedeutet das nicht, dass Ihr kundig in Magie seid?«
Leandra nickte. Sie musterte die junge Frau eindringlich.
»Da niemand zwischen den Kräften eines Nekromanten und eines Magiers trennen kann, wird man Euch verbrennen, wenn Ihr diesen Titel einem anderen gegenüber erwähnt«, sagte Faihlyd und nahm einen delikaten Schluck.
»Sagtet Ihr nicht soeben auf dem Markt, Ihr könntet die dunklen Kräfte spüren?«, fragte Janos.
»Ja, kann ich. Aber ich spürte auch, wie der Priester mich heilte. Könnte ich beide Gaben voneinander trennen, brauchte ich das Auge von Gasalabad nicht. Damit komme ich zum Grund dieses Treffens. Legt eure Hände hier auf den Tisch.« Sie sah unsere Blicke. »Bitte.«
Ich seufzte und legte meine Hand auf den Tisch. Die anderen taten das Gleiche. Sie griff an ihren Hals und zog das Auge von Gasalabad aus ihrem Busen.
»Was würdet Ihr tun, wenn es sich dunkel färbt?«, fragte Leandra leise.
»Wahrscheinlich sterben«, sagte Faihlyd. »Aber ich muss es wissen.«
»Das ist mutig«, sagte Janos, während sie die Perle auf meine Hand sinken ließ.
»Aber ich werde nicht allein sterben, denn … Götter!«
Wir sahen alle fassungslos zu, wie sich die Perle verdunkelte. Mir blieb fast das Herz stehen!
»Aber …«, sagte Faihlyd.
»Das kann nicht sein!«, rief Leandra entsetzt.
Bevor die Panik zu groß wurde, endete die Verdunkelung des Auges. Es blieb bei einem hellen Grau.
Allesamt atmeten wir aus.
»Was bedeutet dieses Grau?«, fragte ich beunruhigt.
Faihlyd sah die Perle nachdenklich an, die sich wieder aufhellte. »Ich habe nicht die geringste Ahnung. Schwarz ist Nekromant, weiß alles andere. Grau wurde nie erwähnt.«
»Ich habe eine Vermutung«, sagte Janos. »Nehmt mich als Nächsten.«
Sie ließ die Perle auf Janos’ Hand sinken, und die Perle blieb weiß.
»Wenn ich recht habe, wird sie bei Leandra und Sieglinde grau werden«, sagte Janos.
Er hatte recht.
»Legt Eure Schwerter ab«, riet er mir dann.
Ich musterte ihn, legte Seelenreißer beiseite und hielt Faihlyd meine Hand erneut hin. Das Auge blieb weiß.
»Die Schwerter«, sagte Janos. »Man sagt ihnen allen nach, dass
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