Das Auge des Basilisken
Dokument, das zweifellos von Mets mitgebracht worden war; Alexander blickte in eine Zeitung. Die Energieerzeugung war gesteigert worden. Ein Staatssekretär für das Kommunikationswesen war aus Gesundheitsrücksichten zurückgetreten. Der Ministerpräsident von Kuba besuchte den Ministerpräsidenten von Südafrika. Überall in der Welt herrschte Ruhe: niemand wurde überfallen, massakriert, in den Urwald getrieben, von Guerillas oder Terroristen geplagt, deportiert, am Reisen gehindert oder beschossen, es sei denn in Fällen, die mit der Verbrechensbekämpfung zu tun hatten, und seit der Einführung fortgeschrittener Techniken der Ermittlung und Bestrafung war die Zahl der Kriminellen stark zurückgegangen. Langeweile und Trübsinn überkamen ihn wie ein Schwall heißer Luft. Da saß er in diesem widersinnigen bequem und reich möblierten Raum neben diesen beiden wichtigtuerischen Einfaltspinseln mit dem angenommenen Ziel, Ratschläge über einen Gegenstand zu erteilen, über den er wenig wußte und der ihm herzlich gleichgültig war. Wütend kaute er sein Essen, als zerstöre er einen Feind.
Mets’ Kautechnik war praktischer: er leerte seinen Teller mit einer Geschwindigkeit und Effizienz, die charakteristisch für die Art und Weise sein mochte, wie er seine Arbeit erledigte. Als er fertig war, beantwortete er ein paar Fragen, die Petrowsky im Zusammenhang mit dem Dokument stellte, und sagte dann in seiner präzisen Aussprache:
»Soll ich anfangen? Ich fürchte leider, lieber Petrowsky, daß Sie sich über einige meiner Ausführungen schrecklich langweilen werden. Darum will ich mich so kurz wie möglich fassen.«
»Ich habe in letzter Zeit die Entdeckung gemacht, daß ich manches nicht oft genug hören kann«, erwiderte Petrowsky lächelnd.
»Sie sind sehr höflich. Nun, die neu Kulturpolitik für England wurde vor neun Jahren zuerst formuliert, obwohl sie tatsächlich schon früher begonnen hatte. Schon im ersten Jahrzehnt des Jahrhunderts begann man in Moskau wie in London zu spüren, daß das Entnationalisierungsprogramm, obgleich es seinerzeit aus guten und für jedermann einsichtigen Gründen eingeführt worden war, unnötig und sogar zu einem Hemmnis wurde. Der erste praktische Schritt, in der Gestalt der regionalen Wiederaufforstungspläne, ließ noch einige Zeit auf sich warten, und die NKPE schleppte sich dahin; Entnationalisierung kann niemals eine kurzfristige Angelegenheit sein. Die Forstleute und Landschaftsplaner haben das Jahr 2100 als Endtermin für die vollständige Wiederherstellung der englischen Landschaft anvisiert, und unter uns gesagt, sehe ich diesen Zeitpunkt auch als das Zieldatum für die englische Kultur an, mag es auch offiziell bei 2060 liegen.
Naturgemäß gibt es eine Anzahl von Etappenzielen, deren nächstes schon recht bald erreicht sein wird, am 15. September, um genau zu sein. Unser Festival, wovon Sie bereits gehört haben, wie ich sehe, Fähnrich Petrowsky. Vielleicht sollte ich erklären, daß es in zweierlei Hinsicht ›unser‹ Festival ist. Es ist eine nationale Angelegenheit, die wir vom NKPE geplant und in die einzelnen Distrikte dezentralisiert haben: jeder von uns wird sein eigenes Programm mit örtlichem Material gestalten. Wir in Northampton sehen unser Festival nicht als eine glanzvolle Angelegenheit, da unsere Hilfsquellen sehr begrenzt sind, doch ist es gleichwohl ein bedeutsames Ereignis, das Aufmerksamkeit und Interesse finden wird; vor allem hoffen wir daraus zu lernen. Der Stand unserer Bereitschaft ist … unterschiedlich. Ich sollte vielleicht erläutern, daß wir sechs Hauptabschnitte haben: bildende Künste, Theater, Musik, Literatur, Religion sowie Architektur und Innendekoration, die zusammengefaßt werden. Die bildenden Künste befinden sich tatsächlich in einem sehr befriedigenden Zustand: wir haben annähernd achthundert Gemälde und andere Kunstgegenstände gesammelt, von denen viele als verdienstvoll angesehen werden können, wir haben Einrichtungen zum Rahmen und Befestigen, und vor allem werden wir rechtzeitig fertig sein. Was die Musik angeht, so haben wir sogar einen Überfluß daran: eine überraschende Zahl von Tonbändern ist ans Licht gekommen, und eine ganze Anzahl der alten Platten – ja, nach all der Zeit. Selbstverständlich werden wir uns unserer eigenen Interpreten bedienen, aber das wird bei der Instrumentalmusik ohne sonderliche Bedeutung sein, da die klassische Musik ebenso wie die von der Popgruppenszene herausgebrachte
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